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Im Fokus: Unabhängig programmierte Softwarelösungen für Insulinpumpen

Mittlerweile nutzen über 10.000 Menschen mit Typ-1-Diabetes weltweit Do-it-Yourself (selbst entwickelte) Softwarelösungen, um ihren Blutzuckerspiegel per Insulinpumpe, Sensor und Algorithmus automatisch einzustellen. Solche Closed-Loop-Systeme sind zwar teilweise bereits zugelassen, allerdings sind diese längst nicht für alle betroffenen Personen zugänglich. Daher entwickelten Interessierte solche Algorithmen auf eigene Faust – als Do-it-Yourself-System. Um betroffenen Personen und Angehörigen der Gesundheitsberufe Sicherheit im Umgang mit diesen Systemen zu geben, schloss sich nun ein Team aus 48 internationalen Expertinnen und Experten aus Medizin und Recht zu dem Projekt OPEN zusammen, um einen Leitfaden mit Empfehlungen zu entwickeln.

 

Die Zukunft der personalisierten und präzisen Diabetes-Versorgung

Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr. Um ihren Blutzuckerspiegel in einem bestimmten Bereich zu halten, sind sie daher auf externe Insulingaben per Injektion oder Insulinpumpe angewiesen. Zur Insulindosierung ist zusätzlich die Blutzuckermessung notwendig. Neben sogenannten „blutigen“ Messungen existieren auch Sensoren, die beispielsweise am Oberarm angebracht werden und automatisch in kurzen Zeitabständen den Zuckergehalt im Gewebe (kontinuierliche Gewebezuckermessung) bestimmen.

Systeme zur automatischen Insulinabgabe, auch „Closed-Loop“ oder „künstliche Bauchspeicheldrüse“  genannt, gelten als Zukunft der personalisierten und präzisen Diabetes-Versorgung. Ein Sensor misst den Zuckergehalt im Gewebe, während ein Algorithmus die Entwicklung des Gewebezuckers im Blick behält und die Insulindosierung automatisch anpasst.

In Deutschland sind bereits offiziell zugelassene Systeme erhältlich. Dennoch verging eine längere Zeit, bis sie marktreif waren. Zudem werden diese Systeme auch heute noch nicht für alle betroffenen Personen großzügig genehmigt. Aus diesem Grund entwickelten Interessierte selbst in den letzten Jahren optimierte, unabhängige „Do-it-Yourself“ (DIY) -Lösungen und stellten diese quelloffen und kostenlos – also quasi zum Nachbauen – zur Verfügung (open-source).

 

Closed-Loop-Systeme führen zu einer höheren Lebensqualität; DIY-Lösungen bürgen dennoch Risiken

Die Berichte der DIY-System-Nutzenden von weit über 10.000 Kindern und Erwachsenen weltweit sind überwiegend positiv. Sie berichten über eine gestiegene Lebensqualität, seitdem sie ein open-source DIY-System nutzen. Die optimierte Kontrolle des Gewebezuckerspiegels führte zu besserem Schlaf, weniger starken Schwankungen des Zuckerverlaufs und ihre Gewebezuckerwerte lagen deutlich öfter im optimalen Bereich. Dadurch sinkt das Risiko für diabetesbedingte Folgeerkrankungen. Dennoch nehmen Nutzende mit DIY-Systemen Risiken in Kauf. Hierzu zählt zum Beispiel, dass aufgrund eines Softwarefehlers oder anderer technischer Komplikationen schwere Hypoglykämien auftreten können.
 

Wie können Diabetes-Fachkräfte Personen mit DIY-Systemen unterstützen?

Da eine steigende Anzahl an Patientinnen und Patienten selbst entwickelte Systeme nutzen, fragen sich Diabetes-Fachkräfte zunehmend, wie sie Nutzende im Umgang mit den Systemen unterstützen können.

Aus diesem Grund haben im Zuge des EU-geförderten OPEN-Projekts Expertinnen und Experten aus insgesamt 25 Ländern einen internationalen Consensus mit einem Leitfaden erschaffen. Dieser ist darauf ausgelegt, bestehende Unsicherheiten mit den DIY-Systemen zu beseitigen. Er beinhaltet eine Übersicht über aktuelle Erkenntnisse, verwendete Technologien sowie medizinische und rechtliche Aspekte.


Bei Interesse finden Sie den Leitfachen unter folgendem Link: https://doi.org/10.1016/S2213-8587(21)00267-9

Das Fazit der Expertinnen und Experten: DIY-Closed-Loop-Systeme sollten kommerziellen Systemen nicht vorgezogen werden. Dennoch haben sie das Potential, einer breiten Bevölkerung mit Diabetes den Alltag zu erleichtern und die Belastung durch die Erkrankung zu reduzieren. Als äußerst wichtig erachtet wird, dass Nutzende mit ihren betreuenden Diabetes-Fachkräften über die eigene Versorgung sprechen können, um informierte und fundierte Entscheidungen zu treffen. Schließlich gibt es wissenschaftliche Berichte, die nahelegen, dass selbst entwickelte Closed-Loop-Systeme sicher und wirksam sind.
 

Aktuelles aus der Diabetesforschung

Wenn Sie noch mehr Nachrichten aus dem Bereich der Diabetesforschung lesen möchten, sich über Medikamentenforschung oder aktuelle klinische Studien informieren möchten, schauen Sie doch mal auf unserer Seite „Forschung“ vorbei.

 

Quellen:

Berlin Institute of Health der Charité: Do-it-Yourself-Lösungen für Menschen mit Diabetes sind sicher und empfehlenswert. Pressemeldung vom 01.12.2022 (Letzter Abruf: 17.02.2022)

Braune, K. et al.: Open-source automated insulin delivery: international consensus statement and practical guidance for health-care professionals. In: Lancet Diabetes Endocrinol, 2022, 10: 58-74