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Folgeerkrankungen bei Diabetes

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Kálmán Bódis

Gibt es ei­nen Zu­sam­men­hang zwi­schen Dia­be­tes Typ 1 und Zö­li­a­kie oder zusätzlichen Autoimmunerkrankungen? Kommen bestimmte Krebserkrankungen bei Dia­be­tes häufiger vor? Hier finden Sie eine Auswahl an häufig gestellten Fragen zum Thema Folgeerkrankungen bei Diabetes, mit denen Ihnen Patientinnen und Patienten in der Praxis oder Apotheke möglicherweise begegnen. 

Was versteht man unter dem Charcot-Fuß?

Die Charcot-Arthropathie, auch „Charcot-Fuß“ genannt, ist ein Krankheitsbild, das am Ende einer Reihe von akuten und chronischen Veränderungen der Fußgelenke steht. Er ist eine Sonderform des diabetischen Fußsyndroms. Dabei kommt es zur Verformung des Fußskeletts, die infolge einer verminderten oder erloschenen Schmerzsensibilität der Füße auftritt und daher weitgehend schmerzarm verläuft. Auch wenn die Ursachen dieser Erkrankung noch nicht vollständig bekannt sind, wurden in den letzten Jahren Therapien entwickelt, mit denen der Krankheitsverlauf entscheidend verbessert werden kann. Besonders wichtig ist, dass die Erkrankung frühzeitig erkannt wird. 

Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes sind gleichermaßen gefährdet. Am häufigsten sind die Gelenke zwischen Fußwurzel und Mittelfußknochen betroffen (60 Prozent). Danach folgen die Gelenke zwischen Zehen und Mittelfußknochen (20 Prozent) und die Sprunggelenke (10 Prozent).

Der Verformungsprozess beginnt mit einem relativ schmerzarmen, belastungsabhängigen entzündlichen Ödem (Wasseransammlung), das – oft ohne dass es die betroffenen Personen merken – auf einen Ermüdungsbruch zurückgeht. Als Folge davon bricht das Fußskelett regelrecht ein: Es entstehen Fehlstellungen des Fußes, ausgedehnte Druckschäden der Haut und Infektionen, an deren Ende eine Blutvergiftung (Sepsis) oder die Amputation des Fußes stehen kann.

Wichtig bei der Behandlung des Charcot-Fußes ist die Druckentlastung. Sie erfolgt über einen längeren Zeitraum und dauert solange, bis der Entzündungsvorgang in den Knochen und Gelenken des Fußes zurückgeht. Der akute Charcot-Fuß wird nicht operativ behandelt, sondern in einem speziellen Gips beziehungsweise einer 2-Schalen-Orthese ruhiggestellt. Gelingt es, Fußform und Struktur zu erhalten, kann nach Abklingen der Charcot-Arthropathie eine Versorgung mit einem überknöchelhohen, orthopädischen Maßschuh erfolgen. Dieser Maßschuh, der zur Vermeidung weiterer Folgeschäden ein Leben lang getragen werden muss, wird von einem professionellen Schuhmacher angefertigt.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Diabetes Typ 1 und Zöliakie?

Oft wird ein Typ-1-Diabetes vor der Zöliakie diagnostiziert, da die Symptome der Zöliakie oft mild bleiben und dadurch erst spät erkannt werden. Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten. Besondere Hinweise bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und Zöliakie können schwankende Blutglukosewerte, nicht erklärbare Hypoglykämien und ein unerklärlicher Eisenmangel sein. Die einzige Therapie bei Zöliakie ist eine glutenfreie Ernährung, die lebenslang durchgeführt werden muss.

Einige Kinderkliniken untersuchen neu diagnostizierte Kinder mit Diabetes routinemäßig auch auf Zöliakie-Antikörper. Vor einigen Jahren hat man genetische Zusammenhänge zwischen den beiden Krankheitsbildern entdeckt. Daher empfehlen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Menschen mit Typ-1-Diabetes, 1-mal im Jahr gegebenenfalls das Blut auf Zöliakie-spezifische Antikörper untersuchen zu lassen.

Gut zu wissen:

In der Normalbevölkerung erkrankt etwa 1 von 100 Personen an Zöliakie. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes findet man 5 bis 8 Prozent Zöliakie-Patientinnen und -Patienten.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Diabetes und Krebserkrankungen?

Zahlreiche Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Diabetes und verschiedenen Krebsarten hin, insbesondere Pankreas-, Leber- und Darmkrebs. Dies betrifft vor allem Typ-2-Diabetes. Die Datenlage zu Typ-1-Diabetes ist weniger eindeutig.

Die genauen Ursachen sind gegenwärtig noch nicht bekannt. Eine Rolle können sowohl die Hyperglykämie als auch die Hyperinsulinämie spielen. Auch Übergewicht, das oft auch gemeinsam mit Typ-2-Diabetes auftritt, erhöht das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen. Bei Übergewicht werden vermehrt Adipokine aus dem Fettgewebe ausgeschüttet, die direkt in die Kontrolle von Zellteilung und -wachstum eingreifen. Entzündungsreaktionen, wie sie insbesondere bei Übergewicht auftreten, können zusätzlich vermehrt zu Tumorwachstum und Zellteilung beitragen.

Ferner scheint die Wahl der antidiabetischen Therapie einen Einfluss auf das Risiko von Krebserkrankungen und deren Verlauf zu haben. So gibt es Hinweise darauf, dass Metformin das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen reduzieren kann. Weitere Studien sind jedoch notwendig, um diese Zusammenhänge noch genauer zu belegen.

Bestimmte Antidiabetika könnten aber auch die Ursache für Krebserkrankungen sein. Im Verdacht stehen etwa das Insulin Glargin, Sulfonylharnstoffe oder das Insulin selbst. Fachleute halten diese Studien jedoch teilweise für fragwürdig, da die Entwicklung der meisten Krebsarten in der Regel länger dauert, als diese Medikamente bisher auf dem Markt sind und in der Diabetes-Therapie eingesetzt werden. Sollte tatsächlich ein solches Risiko vorliegen, wären die Auswirkungen demzufolge erst später nachzuweisen.

Diabetes Typ 1 ist als Autoimmunerkrankung nicht selten mit anderen autoimmunologischen Erkrankungen assoziiert. Warum?

Menschen mit Typ-1-Diabetes haben ein höheres Erkrankungsrisiko für weitere Autoimmunkrankheiten der Schild­drü­se, des Ma­gen-Darm-Trakts oder der Ne­ben­nie­re. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Autoimmunerkrankungen einen ähnlichen genetischen Hintergrund aufweisen, das heißt die immunologische Synapse ist vergleichbar. Darunter versteht man Kontaktstellen, über die die Immunzellen Informationen untereinander austauschen. Ähnlich wie beim Typ-1-Diabetes mit einer Fehlsteuerung des Immunsystems, kann es bei diesen Autoimmunerkrankungen zu einer Schädigung von Gewebe durch Immunzellen kommen.

An eine Begleiterkrankung wie Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow, Zöliakie, Autoimmungastropathie oder Morbus Addison sollte man immer dann denken, wenn ansonsten nicht erklärbare Hyper- oder Hypoglykämien bei einer bestehenden Typ-1-Diabetes-Erkrankung auftreten.

Quellen:

Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.: Das Krankheitsbild – Was ist Zöliakie? (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.: Typ-1-Diabetes und Zöliakie. (Letzter Abruf: 22.10.2020)
diabinfo.de: Diabetes und Krebs. 2019 (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie e.V.: Die Charcot-Erkrankung. (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Helling, T.: Diabetes mellitus und Krebserkrankungen. In: Diabetes Forum, 2019, 3: 28-30
Baas, S.: Zöliakie und Diabetes mellitus: Wie häufig treten sie zusammen auf? Mein Allergie Portal, 2015 (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Morbach, S. et al.: Diabetisches Fußsyndrom. In: Diabetologie, 2018, 13: S244-S252
Stiefelhagen, P.: Autoimmunerkrankungen bei Typ-1-Diabetes. Ein Übel kommt selten allein. In: Info Diabetologie, 2016, 10: 59
Stand: 22.10.2020