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Diabetische Nephropathie: Wie sich Diabetes auf die Nieren auswirkt

Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Karsten Müssig, Prof. Dr. Karin Jandeleit-Dahm

Unter dem Begriff „diabetesassoziierte Nephropathie oder Nierenerkrankung“ werden alle Schädigungen der Nieren bei Menschen mit Diabetes zusammengefasst. Dabei unterscheidet man zwischen

  • einer direkt, infolge der Diabetes-Erkrankung ausgelösten Nierenerkrankung, der sogenannten diabetischen Nephropathie, und
  • Nierenschäden, die auf andere Ursachen, wie zum Beispiel einen erhöhten Blutdruck oder diabetesunabhängige Nierenerkrankungen, zurückzuführen sind.

Wie ent­steht eine dia­be­tes­be­ding­te Nie­ren­er­kran­kung?

Die Niere setzt sich aus mehreren Untereinheiten zusammen. Eine wichtige Rolle bei der Entgiftung des Körpers sowie der Regulierung des Wasser- und Salzhaushaltes spielen die kleinen Filtereinheiten in den Nieren. Die sogenannten Nierenkörperchen bestehen aus einem Knäuel ganz feiner Blutgefäße, durch die das gesamte Blut geleitet wird. Sehr kleine Stoffe wie Salze, Harnstoff oder Schadstoffrückstände werden durch die feinen Gefäßwände in den Nierenkörperchen aus dem Blut herausgefiltert und über den Urin ausgeschieden. Größere Stoffe, wie zum Beispiel Eiweiße und Blutkörperchen, gelangen aufgrund ihrer Größe in der Regel nicht durch die Wände der feinen Blutgefäße und verbleiben im Körper.

Gut zu wissen:

Durch eine frühzeitige Diagnose sowie eine strikte Blutzucker- und Blutdruckkontrolle können Nierenschäden verzögert und teilweise sogar verhindert werden.

Langfristig erhöhte Blutzuckerwerte können die Wände der feinen Blutgefäße in den Nierenkörperchen schädigen. Es bilden sich Löcher und die Gefäßwände werden durchlässiger, wodurch vermehrt auch Eiweiße über den Urin ausgeschieden werden. Die diabetesbedingten Veränderungen führen dazu, dass sich die Durchblutung sowie auch die Funktion der Niere verschlechtern. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einer Niereninsuffizienz.

Eine frühzeitige Diagnose sowie eine konsequente Kontrolle des Blutzuckers und Blutdrucks wirken sich positiv auf einen diabetesbedingten Nierenschaden aus und können das Fortschreiten der Erkrankung verzögern. In einem frühen Stadium können erste Veränderungen sogar zum Teil langfristig wieder rückgängig gemacht werden. Ohne die erforderlichen Therapiemaßnahmen kann es jedoch im schlimmsten Fall zu einem Nierenversagen kommen.

Wie kann einer diabetischen Nephropathie vorgebeugt werden?

Einen entscheidenden Faktor, um eine diabetische Nierenerkrankung zu vermeiden oder zu verzögern, stellt das Blutzuckermanagement dar. Laut den aktuellen Empfehlungen der nationalen Versorgungsleitlinie zu Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter sollte der Blutzucker-Langzeitwert (HbA1c-Wert) zwischen 6,5 und 7,5 Prozent (48 bis 58 mmol/mol) liegen, um einer Nephropathie vorzubeugen. Dies gilt sowohl für Menschen mit Typ-1-Diabetes als auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes. Bei Patientinnen und Patienten, die bereits Schäden an den mittleren und großen Blutgefäßen aufweisen, oder Anzeichen einer Unterzuckerung nur schlecht wahrnehmen, sollte der HbA1c-Wert eher zwischen 7,0 und 7,5 Prozent (53 bis 58 mmol/mol) liegen.

Neben der Diabetes-Erkrankung stellt ein erhöhter Blutdruck einen bedeutenden Risikofaktor für die Entwicklung von Nierenschäden dar. Daher ist eine medikamentöse Behandlung des Bluthochdrucks erforderlich. Für Menschen mit Diabetes wird ein diastolischer (unterer) Blutdruckwert von 80 mmHg empfohlen. Der systolische Blutdruck (oberer Wert) sollte konsequent auf Werte unter 140 mmHg gesenkt werden. Ähnlich wie bei der Diabetes-Therapie sind jedoch auch bei der Blutdruckeinstellung individuelle Gegebenheiten bei der Festlegung von Zielwerten zu beachten.

Zusätzlich trägt ein gesunder Lebensstil maßgeblich dazu bei, diabetesbedingten Nierenschäden vorzubeugen:

  • Versuchen Sie, Ihren Alltag aktiv zu gestalten und sich regelmäßig zu bewegen.
  • Achten Sie auf eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung. Versuchen Sie dabei, den Salzgehalt Ihrer Nahrung gering zu halten und energiereiche Lebensmittel mit vielen ungesunden Fetten und freien Zuckern (zum Beispiel Softdrinks, süße Snacks und fette Wurstwaren) zu vermeiden.
    Zusätzlich sollten Sie auf alkoholische Getränke möglichst verzichten.
  • Vermeiden Sie Übergewicht.
  • Rauchen Sie nicht.

Des Weiteren sollte jedes Jahr mindestens 1 Kontrolluntersuchung der Nierenfunktion und der Urin-Albuminausscheidung stattfinden. Bei Patientinnen und Patienten mit Typ-1-Diabetes gilt diese Empfehlung ab einer Diabetes-Dauer von 5 Jahren. Menschen mit Typ-2-Diabetes ohne Anzeichen einer Nephropathie sollten ab der Diagnosestellung jährlich untersucht werden.

Die Risikofaktoren für das Auftreten einer Nierenerkrankung können in beeinflussbare und nicht beeinflussbare Faktoren unterschieden werden. Als beeinflussbare Risikofaktoren gelten:

  • Erhöhte Blutzuckerwerte
  • Bluthochdruck
  • Gesteigerte Eiweißaufnahme
  • Rauchen
  • Erhöhte Blutfette (Cholesterin und Triglyzeride)
  • Übergewicht

Gut zu wissen:

Auch mäßiges Rauchen schadet der Gesundheit. Die Nierenschädigung schreitet bei mäßigem Rauchen etwa doppelt so schnell fort wie bei Nichtrauchern.

Nicht beeinflussbare Risikofaktoren sind:

  • Höheres Alter
  • Dauer der Diabetes-Erkrankung
  • Beginn des Diabetes in einem Alter von unter 20 Jahren
  • Gleichzeitiges Vorliegen einer Netzhautschädigung (Retinopathie)
  • Genetische Veranlagung (Bluthochdruck und Nierenkrankheiten in der Familie)

Einen bedeutenden Einflussfaktor für die Nierenschädigung bei Diabetes stellt der Blutzucker dar. In mehreren Langzeitstudien konnte gezeigt werden, dass eine frühzeitige intensivierte Diabetes-Therapie bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und einem Blutzucker-Langzeitwert (HbA1c-Wert) von 6,5 bis 7,5 Prozent (47,5 bis 58,5 mmol/mol) das Risiko für eine eingeschränkte Nierenfunktion deutlich reduziert. Aber auch bei einer fortgeschrittenen Schädigung der Nieren bei Menschen mit Diabetes wirkt sich ein gut eingestellter Blutzucker positiv auf den Krankheitsverlauf aus.

Neben einer guten Blutzuckereinstellung, kann auch eine effektive Senkung des Blutdrucks das Fortschreiten der diabetesbedingten Nierenerkrankungen deutlich verlangsamen. Bluthochdruck kann sowohl Auslöser als auch Folge einer Nierenschädigung sein.

Eine diabetesbedingte Nierenschädigung verläuft in der Regel schleichend und ohne Schmerzen oder spezifische Symptome. Sie wird meist zufällig beziehungsweise im Rahmen der empfohlenen Kontrolluntersuchungen der Nierenfunktion und der Urin-Albuminausscheidung entdeckt.

Erst nach einigen Jahren können sich bei einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz Symptome äußern. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Juckreiz
  • Erschöpfung, Müdigkeit und/oder Schlafstörungen
  • Verminderte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit
  • Muskelkrämpfe
  • Vermehrte Wassereinlagerung in den Beinen, Füßen und um die Augen (Ödeme)
  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit, Erbrechen

Bestimmung der Albuminausscheidung

Ein erstes Anzeichen, das auf eine Nierenerkrankung hindeuten kann, ist eine erhöhte Ausscheidung des Körpereiweißes Albumin im Urin (Albuminurie). Ist die Funktion der Nieren nicht beeinträchtigt, verbleibt das Albumin größtenteils im Blut und es wird nur eine sehr geringe Menge (weniger als 20 Milligramm pro Liter Urin) durch den Urin ausgeschieden. Ab einer Albuminausscheidung von 20 bis 200 Milligramm pro Liter Urin beziehungsweise 30 bis 300 Milligramm pro Tag spricht man von einer Mikroalbuminurie. Albuminwerte über 200 Milligramm pro Liter Urin oder entsprechend über 300 Milligramm pro Tag werden als Makroalbuminurie bezeichnet.

Eine Mikroalbuminurie kann sowohl ein Hinweis auf eine beginnende diabetische Nierenerkrankung als auch auf eine diabetesunabhängige Erkrankung der Nieren sein. Des Weiteren kann eine erhöhte Ausscheidung von Albumin aber auch auf andere Krankheiten, wie zum Beispiel des Herz-Kreislauf-Systems, hindeuten. Liegt eine Makroalbuminurie vor, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um eine Nierenerkrankung handelt.

Die Albuminausscheidung wird anhand einer Urinprobe – vorzugsweise 1. Morgenurin – bestimmt. Da mehrere Faktoren, wie zum Beispiel Harnwegsinfekte, Fieber oder körperliche Anstrengungen, die Albuminkonzentration im Urin beeinflussen können, findet in der Regel eine Mehrfachmessung statt. Dabei gilt die „2-aus-3-Regel“:

  • Erhöhte Albuminwerte in 2 aufeinanderfolgenden Urinproben gelten als Beweis für das Vorliegen einer Albuminurie.
  • Kann in 2 Urinproben hintereinander keine erhöhte Albuminausscheidung gemessen werden, wird eine Albuminurie ausgeschlossen.
  • Weisen die beiden Urinproben abweichende Ergebnisse in Bezug auf die Albuminkonzentration auf, sollte eine 3. Urinprobe analysiert werden.

In der Regel wird zur Erfassung der Albuminausscheidung auch der sogenannte Albumin-Kreatinin-Quotient im Morgenurin bestimmt. Fachleute sprechen häufig auch von der Albumin-Kreatinin-Ratio (AKR). Der Nachweis eines Albumin-Kreatinin-Quotienten von 30 Milligramm Albumin pro Gramm Kreatinin in 2 aufeinanderfolgenden Messungen innerhalb von 3 Monaten, deutet mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf eine diabetische Nephropathie hin.

Bestimmung der Nierenfiltrationsrate

Ein weiterer Parameter für eine Schädigung der Nieren ist der Nachweis einer verringerten Nierenfiltrationsrate. Die Nierenfiltrationsrate, auch glomeruläre Filtrationsrate, kurz GFR, genannt, ist ein Maß für die Filterleistung der Niere. Je niedriger die Filtrationsrate ist, desto geringer ist die Menge an Blut, die pro Minute durch die Nieren gefiltert wird.

Mit fortschreitender Nierenschädigung nimmt die Filtrationsrate der Nieren immer weiter ab, wobei es häufig gerade zu Beginn der entstehenden diabetischen Nephropathie vorab kurzfristig zu einer initialen Hyperfiltration, also einer gesteigerten Filtrationsrate, kommt.

Gut zu wissen:

Bei allen Menschen – sowohl mit als auch ohne Diabetes-Erkrankung – verringert sich die Nierenfiltrationsrate mit zunehmendem Alter.

Die Nierenfiltrationsrate kann durch die Kreatinin-Clearance oder eine mathematische Schätzung bestimmt werden. Kreatinin ist ein Stoffwechselprodukt des Muskels und wird ausschließlich über die Nieren ausgeschieden. Die Kreatinin-Clearance beschreibt die Messung der Kreatinin-Menge, die in einer bestimmten Zeit von den Nieren aus dem Blut gefiltert und mit dem Urin ausgeschieden wird.

Die Abschätzung der Nierenfiltrationsrate mithilfe mathematischer Formeln stellt eine schnelle und zuverlässige Alternative zur Bestimmung der Kreatinin-Clearance dar. Zur Berechnung der sogenannten geschätzten glomerulären Filtrationsrate, kurz eGFR, werden die folgenden Parameter benötigt: Kreatininspiegel im Blut, Geschlecht, Alter und Körpergewicht der Patientin beziehungsweise des Patienten.

Weitere Diagnostik

Wenn der Verdacht besteht, dass die Nierenschädigung auf einer anderen Ursache als der Diabetes-Erkrankung begründet ist, führt die behandelnde Ärztin beziehungsweise der behandelnde Arzt weitere Labor- und körperliche Untersuchungen zur Diagnosestellung durch. Gegebenenfalls wird auch eine Nephrologin oder ein Nephrologe zur genauen Abklärung hinzugezogen.

Anhand der Filtrationsrate der Nieren werden 5 verschiedene Stadien der Nierenschädigung bei Diabetes unterschieden.

Stadien

Geschätzte Nierenfiltrationsrate (eGFR)
[Milliliter/Minute/1,73 Quadratmeter Körperoberfläche]

Stadium 1

Veränderungen an den Nieren ohne Nierenfunktionsverlust aber mit vermehrter Albuminausscheidung (Mikro- oder Makroalbuminurie)

90 oder höher

Stadium 2

Nierenerkrankung mit einer leichten Funktionseinschränkung und erhöhter Albuminausscheidung (Makroalbuminurie)

60 bis 89

Stadium 3

Nierenerkrankung mit einer moderaten Funktionseinschränkung

30 bis 59

Stadium 4

Nierenerkrankung mit einer schweren Funktionseinschränkung

15 bis 29

Stadium 5

Chronisches Nierenversagen oder dauerhafter Nierenfunktionsverlust (terminale Niereninsuffizienz)

unter 15


Eine erhöhte Albuminausscheidung sowie ein Nierenfunktionsverlust sind zudem unabhängige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Sterblichkeit.

Ein gutes Blutzuckermanagement und strikte Kontrolle des Blutdrucks stellen die wichtigsten Faktoren dar, um die Entwicklung und das Voranschreiten einer diabetischen Nierenerkrankung zu verhindern beziehungsweise zu verzögern. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft als Therapieziel einen Blutzucker-Langzeitwert von unter 7,0 Prozent (unter 53 mmol/mol). Ausgenommen sind Patientinnen und Patienten, die unter einer Wahrnehmungsstörung von Unterzuckerungen (Hypoglykämien) leiden oder bei denen bereits eine Schädigung der mittleren und großen Blutgefäße vorliegt. Bei ihnen sollte der Zielbereich für den HbA1c-Wert unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt festgelegt werden.

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Wirkmechanismen auf den Zuckerstoffwechsel und möglichen Nebenwirkungen eignen sich nicht alle blutzuckersenkenden Medikamente gleich gut zur Diabetes-Therapie, wenn eine Nierenerkrankung vorliegt. In mehreren groß angelegten Studien konnten für die Wirkstoffgruppe der Gliflozine (SGLT-2-Hemmstoffe) und der GLP-1-Agonisten schützende Effekte auf die Nieren und das Herz-Kreislauf-System nachgewiesen werden. Somit stellen sie Therapieoptionen dar, wenn keine Unverträglichkeiten oder andere Faktoren, die gegen die Einnahme dieser Medikamente sprechen, vorliegen.

Mehr Informationen zu den einzelnen Wirkstoffklassen der blutzuckersenkenden Medikamente finden Sie in dem Artikel zur medikamentösen Behandlung des Typ-2-Diabetes!

Wenn eine optimale Blutzuckereinstellung bei Menschen mit Typ-2-Diabetes durch die Einnahme von blutzuckersenkenden Tabletten, sogenannten oralen Antidiabetika, nicht mehr gewährleistet werden kann, kann ein Wechsel hin zu einer Insulintherapie hilfreich sein. Dies gilt ebenfalls, wenn die Patientin oder der Patient häufig in den Unterzucker gerät, oder sich das allgemeine Wohlbefinden verschlechtert. Auch sollten blutzuckersenkende Tabletten ab einer Filtrationsrate der Nieren von unter 60 Milliliter pro Minute (Stadium 3) nur noch eingeschränkt und unter einer engmaschigen Kontrolle der Nierenfunktion zur Diabetes-Therapie eingesetzt werden. Liegt eine schwere Nierenfunktionsstörung mit einer Filtrationsrate unter 30 Milliliter pro Minute vor, sind orale Antidiabetika nicht mehr anwendbar.

Ab Stadium 3 der Nierenschädigung (moderate Funktionseinschränkung), bei einem schnellen Fortschreiten der Erkrankung oder bei Nierenschäden, die auf eine andere Ursache als die Diabetes-Erkrankung hindeuten, sollte eine nephrologische Mitbetreuung erfolgen.

Sind die Nieren so stark geschädigt, dass es zu einem chronischen Nierenversagen kommt, ist eine Nierenersatztherapie lebensnotwendig. Eine Nierenersatztherapie umfasst medizinische Verfahren, die angewendet werden, um die Funktion der Nieren zu ersetzen. Am häufigsten wird die Dialyse, ein Verfahren zur Reinigung des Blutes, eingesetzt. Auch kann eine Organtransplantation durchgeführt werden. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes werden, wenn möglich, Niere und die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse zusammen transplantiert, bei Menschen mit Typ-2-Diabetes dagegen in der Regel nur die Niere.

Neben der Blutzuckereinstellung spielt auch die Blutdruckeinstellung eine wichtige Rolle bei der Therapie der diabetischen Nierenerkrankung. Bluthochdruck erhöht das Risiko für eine weitere Schädigung der Nieren und die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daher sollten erhöhte Blutdruckwerte medikamentös behandelt werden. Besonders geeignet sind hierbei ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (AT1-Blocker).

Als Zielwerte sollten bei Menschen mit Diabetes Blutdruckwerte von 130/80 mmHg oder niedriger, aber nicht unter 120/70 mmHg, angestrebt werden. Ab einem Alter von 65 Jahren oder höher wird Menschen mit Diabetes und Bluthochdruck ein oberer (systolischer) Blutdruckwert von 130 bis 140 mmHg empfohlen.

Um das Fortschreiten einer Nierenerkrankung zu verhindern, sollten ebenfalls die folgenden Therapiemaßnahmen beachtet werden:

  • Senkung des Proteingehalts der Nahrung auf 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag
  • Vermeidung von Röntgenkontrastmitteln
  • Behandlung von Harnwegsinfektionen mit Antibiotika
  • Vermeidung der Einnahme von bestimmten Medikamenten (nichtsteroidale Antirheumatika und Mischanalgetika)
  • Anpassung der Medikamentendosis an die eingeschränkte Nierenfunktion
  • Gegebenenfalls:
    • Rauchentwöhnung
    • Gewichtsreduktion
    • Medikamentöse Behandlung von erhöhten Blutfetten oder bei Vorhandensein von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Da eine gestörte Nierenfunktion das Risiko für die Entwicklung von weiteren Diabetes-Folgeerkrankungen, besonders von Augen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöht, sollten zusätzlich mindestens 1-mal pro Jahr entsprechende Kontrolluntersuchungen stattfinden.

Die Häufigkeit, an diabetischer Nephropathie zu erkranken, liegt bei Menschen mit Diabetes bei etwa 20 bis 40 Prozent. Laut Untersuchungen haben in Deutschland circa 42 von 100 Menschen mit Typ-2-Diabetes eine eingeschränkte Nierenfunktion. Damit zählt die diabetische Nierenerkrankung zu einer der häufigsten Folgeerkrankungen des Diabetes. In Industriestaaten stellt die Diabetes-Erkrankung den Hauptgrund für ein chronisches Nierenversagen und Dialysepflichtigkeit dar.

Quellen:

American Diabetes Association: Microvascular Complications and Foot Care: Standards of Medical Care in Diabetes – 2019. In: Diabetes Care, 2019, 42: S124-S138
Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter. Langfassung. 1. Auflage. Version 6. 2015
Bundesärztekammer et al.: Patientenleitlinie zur Nationalen Versorgungsleitlinie Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter. Version 1.0. 2012
Deutsche Diabetes Gesellschaft: S3-Leitlinie Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus – Empfehlungen zur Proteinzufuhr. Version 1.0. 2015
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2019. Kirchheim Verlag, Mainz, 2019
Drawz, P. et al.: Chronic kidney disease. In: Ann Intern Med, 2015, 162: ITC1-16
Merker, L. et al.: Nephropathie bei Diabetes. In: Diabetologie, 2018, 13: S217-S220
Stand: 29.04.2021