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Typ-1-Diabetes-Risiko

Beeinflusst der Wohnort das Typ-1-Diabetes-Risiko?

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Joachim Rosenbauer

Kinder und Jugendliche, die in abgelegenen, ländlichen Gegenden wohnen, haben offenbar ein höheres Risiko an Typ-1-Diabetes zu erkranken als diejenigen, die in städtischen Vierteln leben. Das zeigt eine Untersuchung im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Erstmals hat ein Forschungsteam in Nordrhein-Westfalen einen sogenannten Deprivationsindex auf kommunaler Ebene genutzt, um Merkmale der Wohngegend von Kindern und Jugendlichen mit dem Risiko einer Typ-1-Diabetes-Erkrankung in Verbindung zu setzen. Ein Deprivationsindex misst sozioökonomische Standort-Nachteile wie beispielsweise eine hohe Arbeitslosigkeit. Auf diese Weise, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, könne man Ursachen für kleinräumige Unterschiede im Auftreten der Erkrankung ergründen.

Diabetes-Register in NRW als Datenquelle

Um einen möglichen Zusammenhang von unterschiedlichen Standort-Nachteilen wie hoher Arbeitslosigkeit oder niedrigem Bildungsstand der Bevölkerung, sowie von ländlichen und städtischen Kriterien, mit dem Risiko einer Typ-1-Diabetes-Erkrankung in der Kindheit und Jugend zu untersuchen, verwendeten die Forschenden Daten aus dem nordrhein-westfälischen Diabetes-Register. Insgesamt wurden 6.143 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren mit einer Typ-1-Diabetes-Neuerkrankung zwischen 2007 und 2014 in die Analyse eingeschlossen. Das Auftreten eines Typ-1-Diabetes setzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Indikatoren für benachteiligte Wohngebiete sowie mit städtischen und ländlichen Merkmalen der jeweiligen Adressen der Teilnehmenden in Verbindung.

Zur Unterteilung der lokalen und sozialen Benachteiligung wurde ein sogenannter adaptierter Deprivationsindex für das Land NRW genutzt, der entsprechend dem Deutschen Index für multiple Deprivation gebildet wurde.

Die Auswertung der Typ-1-Diabetes-Neuerkrankungn mit dem Deprivationsindex ergab ein selteneres Auftreten von Typ-1-Diabetes in weniger benachteiligten Wohngebieten. Das bedeutet, dass in Gegenden, in denen Beschäftigungsquote, Bildungsstand oder Haushaltseinkommen hoch waren, weniger Kinder und Jugendliche an Typ-1-Diabetes erkrankt waren. Allerdings waren diese Unterschiede gering.

Kinder in kleinen Dörfern eher gefährdet

Größere Differenzen ergaben sich zwischen Stadt und Land: Seltener von der Erkrankung betroffen waren Kinder und Jugendliche, die in städtischen Gegenden lebten. Dementsprechend häufiger erkrankten Kinder und Jugendliche, die im ländlichen Raum und insbesondere diejenigen, die in kleinen, entlegenen Ortschaften zuhause waren. Je weiter der Wohnort von der nächsten Stadt entfernt lag, desto höher stieg das Erkrankungsrisiko für Typ-1-Diabetes.

Diabetes-Risiko nicht überall gleich

Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die Wohngegend einen größeren Einfluss auf das Typ-1-Diabetes-Risiko hat als die soziale Benachteiligung. Besonders Kinder und Jugendliche in weniger stark besiedelten Wohngegenden scheinen von Typ-1-Diabetes stärker betroffen zu sein.


Quelle:
Castillo-Reinado, K. et al.: Associations of area deprivation and urban/rural traits with the incidence of type 1 diabetes: analysis at the municipality level in North Rhine-Westphalia, Germany. In: Diabet Med, 2020 [Epub ahead of print]