Nervenschädigungen (Neuropathien) gehören zu den häufigsten diabetesbedingten Folgeerkrankungen. Bei der sogenannten peripheren diabetischen Polyneuropathie sind die Nerven betroffen, die für das Berührungsempfinden der Haut und die Steuerung der Muskeln zuständig sind. Sie kann zum Beispiel Kribbeln, Taubheitsgefühle, Schmerzen oder ein vermindertes Empfinden in den Füßen verursachen. Das erhöht das Risiko für Verletzungen und langwierige Wunden bis hin zu Amputationen. Schätzungen zufolge ist weltweit etwa jede 3. Person mit Diabetes betroffen.
Verlauf über 10 Jahre beobachtet
Forschende des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) konnten nun zeigen: Nervenschäden bei Typ-2-Diabetes sind nicht allein Folge des Blutzuckers. Auch das Altern und bereits vorhandene Nervenschäden spielen eine wichtige Rolle. Dafür untersuchten sie über 10 Jahre mehr als 140 Personen mit einem neu diagnostizierten (Diagnose in den letzten 12 Monaten), gut eingestellten Typ-2-Diabetes. Dabei wurden regelmäßig die Nervenfunktionen, insbesondere die Nervenleitgeschwindigkeit, gemessen und mit den Daten von stoffwechselgesunden Kontrollpersonen verglichen.
Die Daten stammen aus der Deutschen Diabetes-Studie (engl.: German Diabetes Study, GDS), einer großen Beobachtungsstudie, die deutschlandweit an 7 Standorten des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) durchgeführt wird.
Zustand der Nerven bei Diagnose entscheidend
Bereits kurz nach der Diagnose zeigten sich bei vielen Menschen mit Typ-2-Diabetes messbare Einschränkungen der Nervenfunktion. Nach 5 und 10 Jahren nahmen diese Einschränkungen sowohl bei Menschen mit Typ-2-Diabetes als auch bei den Kontrollpersonen ohne Diabetes weiter zu.
Überraschend war, dass der Rückgang der Nervenfunktion in beiden Gruppen ähnlich war. Dies deutet darauf hin, dass bei gut eingestelltem Typ-2-Diabetes der Verlust der Nervenfunktion mit dem normalen Alterungsprozess vergleichbar ist.
Blutzuckereinstellung schützt nicht vollständig
Besonders interessant: Die Verschlechterung der Nervenfunktion hing bei den Personen mit insgesamt sehr gut eingestelltem Blutzucker nicht von der Höhe des Blutzucker-Langzeitwertes (HbA1c) ab. Entscheidend war vielmehr, wie gut die Nerven zum Zeitpunkt der Diabetes-Diagnose funktionierten und wie alt die betroffenen Personen waren.
Prävention und Früherkennung stärken
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein Teil der Nervenschäden schon vor der eigentlichen Diabetes-Diagnose entsteht. Wird die Erkrankung aufgrund fehlender Symptome erst spät diagnostiziert, kann die Funktion der Nerven bereits beeinträchtigt sein. Dies lässt sich durch eine gute Blutzuckereinstellung nicht mehr rückgängig machen.
Für Menschen mit Diabetes und Prädiabetes bedeutet das: Eine frühe Diagnose und rechtzeitige Gegenmaßnahmen sind entscheidend, um Nervenschäden vorzubeugen. Dazu gehören regelmäßige Blutzuckerkontrollen, ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung, ausgewogener Ernährung und gegebenenfalls einer Gewichtsabnahme. Zudem sollten weitere Risikofaktoren wie Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwerte vermieden oder behandelt werden.
Quellen:
Deutsches Diabetes-Zentrum: Nervenschäden bei Typ-2-Diabetes entstehen oft schon vor der Diagnose. (Letzter Abruf: 03.09.2025)
Strom, A. et al.: Changes Over 10 Years in Peripheral Nerve Function in People with Well-Controlled Type 2 Diabetes and Those With Normal Glucose Tolerance. In: Neurology, 2025, 104: e213780



