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Krankheitshäufigkeit

Wie viele Menschen erkranken jährlich neu an Diabetes Typ 2?

Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Oliver Kuß, Dr. Thaddäus Tönnies

Die Zahl der Menschen mit Diabetes steigt weltweit und auch in Deutschland stetig an. Doch bisher gab es kaum aussagekräftige Daten und aktuelle zeitliche Trends zur Anzahl der Neuerkrankungen an Typ-2-Diabetes in Deutschland. Eine kürzlich veröffentlichte Analyse liefert nun erstmals konkrete Zahlen.

 

Auswertung der Daten von rund 63 Millionen Versicherten über einen Zeitraum von 6 Jahren

Um alters- und geschlechtsspezifische sowie regionale Trends zur Neuerkrankungsrate (Inzidenz) von Typ-2-Diabetes abzuleiten, untersuchten die Forschenden die anonymisierten Daten von allen gesetzlich Versicherten in Deutschland. Insgesamt wurden die Daten von rund 63 Millionen Krankenversicherten in Bezug auf die medizinische Neudiagnose eines Typ-2-Diabetes über den Zeitraum von 2014 bis 2019 analysiert.

Inzidenz ist ein Fachbegriff für die Häufigkeit der Neuerkrankungen. Sie beschreibt die Anzahl neu auftretender Erkrankungen während einer bestimmten Zeit in der Bevölkerung. Dabei werden nur Personen berücksichtigt, die die Erkrankung noch entwickeln können.

 

Bundesweit sinkende Neuerkrankungsraten

Die Auswertung ergab, dass während des Untersuchungszeitraums jährlich circa 450.000 Menschen neu an Typ-2-Diabetes erkrankt sind. Zudem zeigte sich, dass die Neuerkrankungsrate über alle Altersgruppen hinweg jährlich um 2,4 Prozent bei Frauen und um 1,7 Prozent bei Männern sank. Besonders stark nahm die Anzahl der Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungen in den höheren Altersgruppen ab.

Demgegenüber steht jedoch die steigende Anzahl der Neuerkrankungen in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen: Bei Frauen stiegen die Neuerkrankungen an Typ-2-Diabetes jährlich um 2,9 Prozent und bei Männern um 2,4 Prozent.

 

Regionale Unterschiede erkennbar

Auch regional beziehungsweise auf Kreisebene sank insgesamt die Anzahl der Neuerkrankungen an Typ-2-Diabetes von 2014 bis 2019. Allerdings zeigten sich regionale Unterschiede: So lag die Neuerkrankungsrate in den neuen Bundesländern und im Saarland tendenziell oberhalb des Bundesdurchschnitts von 2014. Zudem ergaben sich für 14 Kreise sogar steigende Tendenzen.

 

Langfristiger Trend ungewiss

Die Analyse deutet darauf hin, dass die Anzahl der Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungen in Deutschland insgesamt abnimmt. Allerdings muss beachtet werden, dass die Neuerkrankungsrate von Typ-2-Diabetes weiterhin sehr hoch ist und die Gesamtanzahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes (Prävalenz) weiterhin steigt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die stetig besser werdende medizinische Versorgung bei Typ-2-Diabetes zu einer höheren Lebenserwartung beiträgt. Dadurch nimmt der Anteil der Personen mit Typ-2-Diabetes in der Gesamtbevölkerung zu.

Zudem zeigt die Analyse, dass immer mehr junge Menschen an Typ-2-Diabetes erkranken. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass sich die Ergebnisse auf den Zeitraum 2014 bis 2019 – vor der Coronavirus-Pandemie – beziehen. Studien zeigen, dass jedes 6. Kind zwischen 3 und 17 Jahren seit Beginn der Coronavirus-Pandemie an Gewicht zugenommen hat. Auch bei einem Großteil der Erwachsenen ließ sich eine Gewichtszunahme feststellen. Vor diesem Hintergrund weisen die Forschenden darauf hin, dass weiterhin Maßnahmen zur Vorbeugung des Typ-2-Diabetes erforderlich sind, um langfristig den sinkenden Trend weiter fortzusetzen.

 

Quellen:

Deutsche Adipositas-Gesellschaft at al.: Folgen der Pandemie: Wie Corona das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen verändert hat. Forsa-Umfrage. 2022

Deutsches Diabetes-Zentrum: Sinkende Inzidenz bei Typ-2-Diabetes trotz hoher Prävalenz – Anlass zur Hoffnung? Pressemitteilung vom 20.03.2023

Else Kröner-Fresenius-Stiftung: Umfrage: 35 Prozent haben seit Beginn der Corona-Pandemie zugenommen. 2022

Tönnies, T. et al.: Spatio-temporal trends in the incidence of type 2 diabetes in Germany—analysis of the claims data of 63 million persons with statutory health insurance from 2014 to 2019. In: Dtsch Arztebl Int, 2023, 120: 173-179