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Diabetes und soziale Aspekte

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Kurt Rinnert

Ist Dia­be­tes ein Aus­schluss­kri­te­ri­um für be­stimm­te Be­ru­fe? Wel­che Kran­ken­kas­se ist bei Dia­be­tes ge­eig­net? Hier finden Sie eine Auswahl an häufig gestellten Fragen zum Thema soziale Aspekte bei Diabetes, mit denen Ihnen Patientinnen und Patienten in der Praxis oder Apotheke möglicherweise begegnen. 

Ist Diabetes ein Ausschlusskriterium für bestimmte Berufe?

Eine Diabetes-Erkrankung wirkt sich in den meisten Fällen nicht auf die Berufswahl oder den bestehenden Job aus. Wenn jedoch durch Hypoglykämien am Arbeitsplatz eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, gibt es Einschränkungen.

Bei der Beurteilung beruflicher Möglichkeiten von Personen mit Diabetes mellitus müssen daher verschiedene Aspekte berücksichtigt und die behandelnden Fachärztinnen oder -ärzte sowie Arbeitsmedizinerinnen oder -mediziner einbezogen werden. Der „Leitfaden für Betriebsärzte zu Diabetes und Beruf“ führt unter anderem Aspekte zur beruflichen Einschränkung von Menschen mit Diabetes auf.

Um beispielsweise die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, wie Busfahrerin und Busfahrer oder Pilotin beziehungsweise Pilot, zu erlangen, hat der Bewerber oder die Bewerberin besondere Anforderungen zu erfüllen. Darüber muss individuell ein betriebs- oder arbeitsmedizinisches Gutachten oder ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung erstellt werden.

Bei Polizeivollzugskräften (des Bundes wie der Länder) gilt als Grundlage für die gesundheitliche Eignungsbeurteilung die Polizeidienstvorschrift (PDV) 300 „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“. Auf dieser Grundlage sollte in jedem Einzelfall geprüft und entschieden werden, ob Tätigkeiten wie beispielsweise der Dienst an der Waffe und der Einsatz im Schicht-, Wechsel- oder Nachtdienst ausgeübt werden können.

Wann bekommen Menschen mit Diabetes eine Reha-Maßnahme genehmigt und welche Kliniken gibt es?

Der 1. Ansprechpartner ist die behandelnde ärztliche Fachkraft. Sie stellt ein Gutachten aus, das unter anderem den Bedarf und die Aussichten der Reha-Maßnahme begründet. Der Antrag wird an den zuständigen Kostenträger weitergeleitet. Das ist die:

  • Gesetzliche Rentenversicherung bei Berufstätigen
  • Krankenkasse bei Rentnerinnen und Rentnern

Kriterien, die Hinweise auf die Notwendigkeit eines Reha-Bedarfs liefern, sind unter anderem:

  • Eine schlechte Blutglukoseeinstellung mit erhöhtem HbA1c-Wert
  • Häufige Hypoglykämien oder eine Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung
  • Die Umstellung auf eine Insulinpumpentherapie
  • Neueinstellung beziehungsweise Umstellung auf Insulin
  • Arbeitsplatzbedingte Probleme im Umgang mit der Erkrankung

Weitere Kriterien, die Hinweise auf einen Reha-Bedarf liefern, sind:

  • Übergewicht
  • Bluthochdruck
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Bewegungsmangel
  • Ungesundes Ernährungsverhalten
  • Geringes Diabetes-Wissen
  • Tabakkonsum
  • Vorliegende Depression
  • Krankmachender Stress

Unter diesen Voraussetzungen sind die Möglichkeiten der ambulanten Versorgung in der Regel nicht ausreichend, um die vorgesehenen Ziele hinreichend zu erreichen.

Gut zu wissen:

Der Reha-Bedarf ist umso höher, wenn bereits Begleit- oder Folgeerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder diabetesbedingte Schädigungen der Augen, Nerven oder Nieren vorliegen.

Indikationen zur medizinischen Rehabilitation (nach dem Lübecker Algorithmus) sind:

  1. Schulung
  2. Fußbehandlung
  3. Sexualberatung
  4. Ernährungsberatung
  5. Hypowahrnehmungstraining
  6. Sporttherapie
  7. Physiotherapie
  8. Raucherentwöhnung
  9. Psychotherapie
  10. Sozialarbeit/Berufsberatung
  11. Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung

Dabei müssen mindestens 6 dieser Therapieansätze notwendig werden.

Gut zu wissen:

Auf der Internetseite www.rehakliniken.de gibt es zudem eine Kliniksuche nach Krankheitsbildern. Hier finden sich auch Kliniken, die eine Behandlung von Adipositas oder Maßnahmen zur Gewichtsreduktion anbieten. 

Gibt es auch Reha-Kuren für Kinder mit Diabetes Typ 1?

Der Antrag für eine Kinder-Rehabilitation wird gemeinsam mit der behandelnden Kinderdiabetologin oder dem behandelnden Kinderdiabetologen ausgefüllt. Die Beantragung erfolgt in der Regel über die Deutsche Rentenversicherung, ist aber auch über die Krankenkasse möglich. Bei einer Kinder-Rehabilitation stehen das Kind und die Diabetes-Therapie im Mittelpunkt. Die Eltern sind hauptsächlich Begleitperson, erhalten aber auch einige Schulungseinheiten. Kinder ab 12 Jahren nehmen in der Regel ohne Eltern an der Reha-Maßnahme teil.

Weitere Informationen zur Beantragung einer Reha für Kinder und Jugendliche sind auch bei der Deutschen Rentenversicherung oder beim Bündnis Kinder- und Jugendreha zu finden. Hier kann auch nach Rehakliniken für Kinder und Jugendliche gesucht werden.

Gut zu wissen:

Von einer Kinder-Rehabilitation zu unterscheiden ist die Mutter- oder Vater-Kind-Kur. Hier steht das Wohlbefinden des jeweiligen Elternteils im Mittelpunkt.

Eine Reha kommt beispielsweise nach der Diagnose des Typ-1-Diabetes in Frage. Sie kann auch immer dann nötig werden, wenn es über längere Zeit zu schlechten Blutglukosewerten oder starken Blutglukoseschwankungen kommt. Ergeben sich aufgrund der Erkrankung Schwierigkeiten in der Schule, kann ebenfalls eine Reha-Maßnahme angezeigt sein. 

Kann ich mit Diabetes im Nachtdienst arbeiten?

Verschiedene Einrichtungen, darunter die Deutsche Diabetes Gesellschaft, sehen Nachtdienste für Menschen mit Diabetes zum Teil kritisch. Demnach hängt die weitere Eignung für Nachtdienste im Wesentlichen davon ab, wie gut der Blutglukosespiegel eingestellt und wie hoch das Risiko für Hypoglykämien ist. Regelmäßige Schichtarbeit oder Nachtarbeit bedeuten demzufolge in der Regel kein Problem bei einem guten Diabetes-Management. Allerdings kann häufig wechselnde Schichtarbeit besondere Anforderungen an insulinpflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit sich bringen. Ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter nachtdienstuntauglich ist, muss eine Arbeitsmedizinerin oder ein Arbeitsmediziner beurteilen und feststellen.

Welche Krankenkasse ist bei Diabetes geeignet?

Auf dem unabhängigen Informationsportal Krankenkassen Deutschland finden sich ausführliche Informationen zu den einzelnen Krankenkassen und ihren Leistungen.

Eventuell lohnt es sich, eine Krankenkasse auszuwählen, die ein strukturiertes Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm) für chronisch Kranke anbietet. Auch hier stellt Krankenkassen – Deutschland eine Suche zur Verfügung. 

Zusätzlich können Selbsthilfeorganisationen eine gute Anlaufstelle für Informationen oder zum Erfahrungsaustausch bezüglich der Wahl der richtigen Krankenkasse sein.

Wie findet man Krankenhäuser oder Ärztinnen und Ärzte, die am DMP Diabetes mellitus teilnehmen?

Teilnehmende Ärztinnen und Ärzte am Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus finden Patientinnen und Patienten über die „Arzt- und Psychotherapeutensuche“ der Kassenärztlichen Vereinigung der Länder. Hier sind oft auch teilnehmende Krankenhäuser oder Reha-Einrichtungen aufgelistet.

Patientinnen und Patienten können auch ihre behandelnde Ärztin oder ihren behandelnden Arzt ansprechen, ob sie oder er an einem DMP teilnimmt. Alternativ kann man bei den Krankenkassen nachfragen.

Quellen:

Bündnis Kinder- und Jugendreha: Reha für Kinder und Jugendliche – Infos. (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Deutsche Diabetes Gesellschaft: Ihr gutes Recht: Reha-Maßnahme bei Diabetes Typ 2 – so geht’s. Pressemeldung vom 22.07.2019 (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Deutsche Diabetes Gesellschaft: Indikationen für eine stationäre Einweisung. 2002 (Letzter Abruf: 22.10.2020)
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.): Leitfaden für Betriebsärzte zu Diabetes und Beruf. 2. Auflage, 2012
Letzel, S. et al.: Handbuch der Arbeitsmedizin. Arbeitsphysiologie, Arbeitspsychologie, Klinische Arbeitsmedizin, Gesundheitsförderung und Prävention. 57. Aktualisierung, 2020, Ecomed Verlag, ISBN 978-3-609-10570-3
Schmeisel, G.-W.: Die diabetologische Rehabilitation. In: Diabetes-Journal, 2016, 65: 19-21
Stand: 22.10.2020