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Richtig handeln im Notfall bei Diabetes

Wissenschaftliche Unterstützung: Andreas Vosseler M.A.

Es gibt 2 Notfallsituationen bei Diabetes: Die Unterzuckerung, auch Hypoglykämie genannt, und die Überzuckerung, Hyperglykämie. Meist können sich Menschen mit Diabetes bei sehr niedrigen oder stark erhöhten Blutzuckerwerten selbst helfen. Dennoch kann sowohl eine Unter- als auch eine Überzuckerung (diabetische Ketoazidose oder hyperglykämisches hyperosmolares Syndrom) zur Bewusstlosigkeit führen und lebensbedrohlich sein.

Gehen Sie folgendermaßen vor, wenn sich eine Person mit Diabetes in einem Notfall nicht mehr selbst helfen kann:


Schritt 1: Ist die Person bewusstlos?

Ist die Person bewusstlos, rufen Sie sofort die Notfall-Hotline 112 oder 116 117 an. Flößen Sie der bewusstlosen Person auf keinen Fall etwas in den Mund ein. Es droht Erstickungsgefahr.

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es sich um eine Über- oder Unterzuckerung handelt: Wenden Sie keine Glukagon-Spritze oder -Nasenspray an und spritzen Sie kein Insulin.


Schritt 2: Ist es eine Unter- oder Überzuckerung?

Es ist wichtig herauszufinden, ob die Person mit Diabetes unter- oder überzuckert ist. Ansonsten kann sich die Notfallsituation aufgrund falscher Handlungen verschlimmern.

Fragen Sie die Person nach dem aktuellen Blutzuckerwert. Ist sie sich nicht sicher, fordern Sie sie auf, sich den Blutzucker zu messen.

Gegebenenfalls können Sie den Wert auch an einer Insulinpumpe, dem Smartphone oder einem Smartphone-ähnlichen Lesegerät ablesen. Falls ein Blutzuckermessgerät greifbar ist und Sie die Kenntnisse zur Nutzung besitzen, ist auch eine Messung über Blut an der Fingerbeere möglich. Weitere Informationen zur Blutzuckermessung finden Sie hier.

 

Den Blutzucker ablesen: Handelt es sich um einen hohen oder niedrigen Wert? 

Unterzuckerungen

Überzuckerungen

Schwere Unterzuckerungen können bei Blutzuckerwerten unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l)* auftreten. Unterschreitet der Blutzucker einen bestimmten Wert, kann das Messgerät „LOW“ anzeigen. Die Grenze, ab welchem Blutzuckerwert sich die Unterzuckerung bemerkbar macht, ist individuell verschieden.

 

Typische Symptome einer Unterzuckerung sind:

  • Schwitzen
  • Zittern
  • Unruhe
  • Gesichtsblässe
 

Schwere Überzuckerungen können ab einem Blutzuckerwert von 250 mg/dl (13,9 mmol/l) auftreten. Auch Werte über 1.000 mg/dl (55,5 mmol/l) sind möglich. Einige Blutzuckermessgeräte zeigen stark erhöhte Werte nicht an. Dann erscheint die Angabe „HI“ auf dem Display.

 

Typische Symptome einer Überzuckerung sind:

  • Müdigkeit
  • Starker Durst
  • Erhöhter Harndrang
  • Übelkeit
  • Vertiefte Atmung

 

Riecht der Atem leicht süßlich, kann es sich um eine besonders gefährliche diabetische Ketoazidose handeln.

*Gemäß der Definition der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft (ADA) liegt eine Unterzuckerung bei Werten unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) vor. 


Sofort-Maßnahmen bei einer Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Ist die Person unterzuckert, gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Bei Bewusstlosigkeit den Notdienst verständigen.
  • Wenn die Person nicht schlucken kann, flößen Sie ihr nichts in den Mund ein. Es droht Erstickungsgefahr. Rufen Sie umgehend den Rettungsdienst an.
  • Ist die Person ansprechbar, geben Sie ihr etwas Zuckerhaltiges zu trinken oder zu essen. Beispielsweise ein zuckerhaltiges Getränk wie Fruchtsaft oder Limonade (Achtung: keine Light- oder Zero-Getränke). Auch Traubenzuckerplättchen oder andere zuckerhaltige Lebensmittel wie Honig oder Gummibärchen eignen sich. Fettreiche Speisen wie Schokolade eignen sich weniger gut, weil sie den Blutzucker relativ langsam erhöhen.
  • Falls vorhanden, nutzen Sie eine Glukagon-Spritze oder ein Glukagon-Nasenspray. Eine Anleitung zur Anwendung finden Sie hier, auf dem Beipackzettel und auf der Verpackung.
  • Lassen Sie die Person nicht alleine. Helfen Sie ihr in eine sichere Position.
  • Messen Sie den Blutzucker nach 15 Minuten nochmal und beurteilen Sie den Gesundheitszustand.
     

Erste-Hilfe-Schema bei Unterzuckerung


Sofort-Maßnahmen bei einer Überzuckerung (Hyperglykämie)

Ist die Person überzuckert, gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Bei Schläfrigkeit oder Bewusstlosigkeit den Notruf verständigen.
  • Ist die Person ansprechbar, fordern Sie sie direkt auf, die Überzuckerung zu behandeln. In der Regel wurde mit dem Diabetes-Fachpersonal vorab ein Plan für Notfälle festgelegt.
  • Führen Sie, wenn möglich, einen Test auf Ketone durch.
  • Es ist wichtig, dass die Person viel Wasser trinkt.
  • Lassen Sie die Person nicht alleine. Helfen Sie ihr in eine sichere Position.
  • Kontrollieren Sie den Blutzuckerwert sowie den Gesundheitszustand regelmäßig.
     

Erste-Hilfe-Schema bei Überzuckerung

Gut zu wissen:

Bei süßlich riechendem Atem und vertiefter Atmung, Müdigkeit und Erbrechen kann es sich um eine diabetische Ketoazidose handeln, die vor allem bei Typ-1-Diabetes auftritt. Dies ist eine sehr gefährliche und lebensbedrohliche Notfallsituation.

Auch bei Typ-2-Diabetes kann eine starke Überzuckerung zur Bewusstlosigkeit führen und lebensbedrohlich sein. Anzeichen einer solchen Notfallsituation können beispielsweise starke Müdigkeit, Übelkeit, Schwindel, Sehstörungen, starkes Durstgefühl und häufiges Wasserlassen sein. Man spricht auch vom hyperglykämischen hyperosmolaren Syndrom.


Video: Richtig Handeln im Notfall bei Diabetes

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Quellen:

Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes. Langfassung. 1. Auflage. Version 4. 2014 (Gültigkeit abgelaufen, in Überarbeitung)
Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes. Teilpublikation der Langfassung. 2. Auflage. Version 1. 2021
Deutsche Diabetes Gesellschaft: S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. 2018
Haak, T. et al.: DDG-Praxisempfehlungen: Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. 2022
Stand: 04.04.2023