Insulin richtig spritzen: So geht es
Wissenschaftliche Unterstützung: PD Dr. Martin Füchtenbusch
Viele Menschen mit Diabetes spritzen sich ihr Insulin mehrmals täglich mit Hilfe eines Pens, einer Injektionshilfe im Format eines Füllfederhalters. Auch wenn es viele zunächst Überwindung kostet: Richtig durchgeführt, bereitet die Insulininjektion mittels Pen in der Regel keine Schmerzen oder weiteren Beschwerden.
Die richtige Vorgehensweise beim Insulinspritzen erlernen Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Schulung zu Beginn der Diabetes-Therapie. In diesen Schulungen werden die folgenden Inhalte vermittelt:
- Ihr persönlicher Spritzplan
- Der korrekte Umgang mit dem Pen
- Welche ist die passende Nadellänge?
- Nach welchem Schema sollten Sie die Stichstelle wechseln?
- Wie wird Insulin richtig aufbewahrt?
- Wie können Sie mit Ängsten rund um das Thema Spritzen umgehen?
Nach der Schulung können Patientinnen und Patienten sich bei Unsicherheiten im Umgang mit dem Pen an ihr behandelndes Diabetes-Team wenden. Außerdem lohnt es sich, in regelmäßigen Abständen mit einer Fachkraft das eigene Vorgehen beim Spritzen durchzugehen. Oft schleichen sich im Laufe der Zeit einige kleinere schlechte Angewohnheiten ein.
Richtig Insulin spritzen: Insulin muss ins Unterhautfettgewebe
Damit Insulin die gewünschte Wirkung erzielt, muss es in das Fettgewebe zwischen Haut und Muskel gespritzt werden, das sogenannte Unterhautfettgewebe. Dort befinden sich die Kapillaren. Das sind winzig kleine Blutgefäße, von denen aus sich das Insulin in den Blutkreislauf ausbreiten kann.
- Wird Insulin in die Haut gespritzt, gelangt es schlechter ins Blut.
- Wird es dagegen zu tief in den Muskel gespritzt, ist das zum einen schmerzhaft und zum anderen ist mit einer unerwünschten, schnelleren Insulinwirkung zu rechnen.
- Das kann Unterzuckerungen (Hypoglykämien) zur Folge haben.
Damit Insulin in den richtigen Bereich gelangt, kommt es auf die geeignete Länge der Pen-Kanüle an. Erwachsene benötigen in der Regel eine Nadellänge von 4 oder 5 Millimeter. Auch für Menschen mit starkem Übergewicht reicht diese Länge in der Regel aus.
In einigen Fällen – vor allem bei längeren Nadeln – kann es sinnvoll sein, mit den Fingern vorher eine Hautfalte zu bilden, in die das Insulin gespritzt wird. Damit lässt sich verhindern, dass der Muskel getroffen wird. Das kann vor allem bei schlanken Menschen nötig sein. Um eine Hautfalte zu bilden, greifen Sie die Haut an der betreffenden Stelle mit Daumen und Zeigefinger. Wird die Haut mit mehr Fingern gegriffen, besteht die Gefahr, dass der Muskel mit angehoben wird.
Die richtige Bildung einer Hautfalte sollten Menschen mit Diabetes sich von ihrem behandelnden Diabetes-Team zeigen lassen. Mit diesem klären Sie auch, ob in Ihrem Fall eine Hautfalte nötig ist.
Gut zu wissen:
- Pen-Nadeln nur 1-mal verwenden
- Pen senkrecht aufsetzen
- Stichstelle ständig wechseln
- Insulin nie durch die Kleidung spritzen
- Pen nach Injektion nicht sofort herausziehen, sondern 10 Sekunden warten, damit das Insulin sich verteilen kann
Insulin richtig spritzen: Einstichstelle ständig wechseln
Menschen mit Diabetes sollten die Injektionsstelle bei jedem Insulinspritzen wechseln. Wird Insulin wiederholt in die gleiche Stelle gespritzt, kann das dort befindliche Gewebe Schaden nehmen. So können sich Lipohypertrophien bilden: Das Gewebe verhärtet und verdickt sich. Auf der Hautoberfläche zeigen sich kleine Erhebungen, Spritzhügel genannt. Die Insulininjektion in diese Stellen bereitet oft Schmerzen. Da sie schlechter durchblutet sind, kann das gespritzte Insulin sich von ihnen aus auch schlechter verteilen.
Gehen Sie beim Wechseln der Injektionsstelle nach einem festen Muster vor. So hilft es, die betreffende Körperregion – etwa Bauch oder Oberschenkel – in mehrere kleine Abschnitte einzuteilen, die jeden Tag gewechselt werden. Am besten ein geeignetes Schema mit der Diabetesberaterin oder dem Diabetesberater besprechen, an das man sich anschließend durchgehend hält.
Bauch, Oberschenkel, Po: Der richtige Injektionsort
Menschen mit Diabetes spritzen Insulin in aller Regel in den Bauch, Oberschenkel, Oberarm oder Po. Von den verschiedenen Körperstellen aus entfaltet es unterschiedlich schnell seine Wirkung. Während Insulin in den Bauch gespritzt rascher den Blutzucker senkt, tritt der Effekt bei einer Injektion in Oberschenkel oder Gesäß langsamer ein. Das lässt sich nutzen, um die Wirkung des jeweiligen Insulinpräparats zu unterstützen:
- Schnelles Normalinsulin, das zu den Mahlzeiten gespritzt wird, in den Bauch injizieren.
- Langsam wirkendes NPH-Insulin in Po oder Oberschenkel.
Spritzen Sie Insulin immer in die mit dem Diabetes-Team vereinbarte Stelle, damit es die erwünschte Wirkung erzielt.
Viele Menschen haben eine Scheu vor Spritzen. Das gilt häufig auch für Menschen mit Diabetes, die eine Insulintherapie beginnen sollen. Nur sehr selten steckt eine echte Spritzenphobie dahinter. Oft mischen hier weitere Bedenken und Sorgen mit, etwa die als unangenehm empfundene Vorstellung, bis an das Lebensende Insulin spritzen zu müssen. Was Menschen mit Diabetes in diesen Situationen helfen kann:
- Lassen Sie sich in einer Schulung die Durchführung der Insulininjektion genau zeigen. Bereitet das Spritzen keine Schmerzen, nimmt oft die Sorge darüber ab.
- Informieren Sie sich ausführlich über die Vor- und Nachteile der Behandlung mit Insulin.
- Sprechen Sie Ihr behandelndes Diabetes-Team aktiv auf Ihre Sorgen an. So lassen sich Befürchtungen ausräumen oder gegebenenfalls die Therapie entsprechend anpassen.
Manchmal entsteht die Abneigung auch erst während der Therapie – vor allem dann, wenn das Spritzen als unangenehm empfunden wird. Patientinnen und Patienten sollten sich in diesem Fall an das Diabetes-Team wenden. Den richtigen Umgang mit dem Insulinpen nochmals durchzusprechen, kann schon ausreichen, dass die Beschwerden und die damit verbundene Scheu abnehmen. Bei einer echten Spritzenphobie kann psychische Unterstützung, etwa durch eine auf Diabetes spezialisierte psychologische Fachkraft, sinnvoll sein.
Beachten Sie bei der Lagerung von Insulin unbedingt die Hinweise des Herstellers. Falsche Aufbewahrung kann die Wirkung des Insulins beeinträchtigen.
- Bewahren Sie ungeöffnete Insulinpatronen im Kühlschrank auf.
- Nehmen Sie neue Patronen eine halbe Stunde vor der Nutzung aus dem Kühlschrank. Zu kaltes Insulin kann Schmerzen beim Spritzen bereiten.
- Bewahren Sie geöffnete Patronen bei Zimmertemperatur auf und verbrauchen Sie diese innerhalb eines Monats.
- Insulin nicht direktem Sonnenlicht aussetzen.
Scharfe, spitze Abfälle wie verwendete Pen-Nadeln oder Insulinspritzen gehören nicht in den normalen Hausmüll. Sammeln Sie diese stattdessen in dafür vorgesehenen Behältern, die in der Apotheke erhältlich sind, oder durchsichtigen Plastikflaschen. Die Behältnisse können in einer Arztpraxis, Apotheke oder Klinik abgegeben werden.
Quellen:
Deutsche Diabetes Gesellschaft: S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. 2018
Hien, P. et al. (2013): Diabetes Handbuch. 7. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg, ISBN: 978-3-642-34944-7
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V.: Leitfaden zur Injektion bei Diabetes mellitus. 2. Auflage. 2016
Stand: 03.11.2019