Was sind seltene Formen eines auto-immunvermittelten Diabetes?
Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Martin Heni, Dr. Oana Patricia Zaharia
Diabetes kann auch bei Menschen auftreten, die eine andere sehr seltene Autoimmunerkrankung haben. Menschen mit diesen Erkrankungen zeigen in der Regel erst ein anderes Krankheitsbild und haben nicht die typischen Symptome einer Diabetes-Erkrankung. Dennoch können diese zu einem sehr hohen Blutzuckerspiegel führen, sodass Fachleute von einem Diabetes sprechen.
2 Formen des autoimmunvermittelten Diabetes sind das sogenannte „Stiff-Person“-Syndrom und der durch „Anti-Insulinrezeptor-Antikörper“ verursachte Diabetes. Beide Formen sind sehr seltene Erkrankungen.
Bei einer Autoimmunerkrankung richtet die Immunabwehr Antikörper gegen die eigenen Zellen des Körpers und löst dadurch eine Entzündung aus. Antikörper sind Werkzeuge des Immunsystems und markieren normalerweise körperfremde Stoffe, um deren Zerstörung durch die Immunzellen vorzubereiten. Dazu zählen zum Beispiel Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze oder Viren. Bei einer Autoimmunerkrankung funktioniert die Unterscheidung zwischen Freund und Feind nicht mehr richtig, sodass auch körpereigene Zellen angegriffen werden.
Gut zu wissen:
Bei den seltenen Formen eines autoimmunen Diabetes werden andere Zellen angegriffen als bei Typ-1-Diabetes. Beim „Stiff-Person“-Syndrom werden Nervenzellen angegriffen, beim Diabetes durch „Anti-Insulinrezeptor-Antikörper“ blockieren die Antikörper den Insulinrezeptor.
„Stiff-Person"-Syndrom
Das „Stiff-Person“-Syndrom ist eine sehr seltene Autoimmunerkrankung des Gehirns und des Rückenmarks. Dabei greifen Antikörper Nervenzellen an, die die Muskelbewegungen kontrollieren. Dadurch versteifen die Muskeln vor allem am Rumpf und am Bauch.
Unter 1 Millionen Menschen entwickelt etwa 1 Person diese Krankheit. Frauen sind dabei häufiger von dem Syndrom betroffen als Männer. Bei 30 bis 65 Personen von 100 Personen mit „Stiff-Person“-Syndrom entwickelt sich eine Zerstörung der Betazellen und schließlich ein Typ-1-Diabetes. Dabei ist jedoch nicht klar, was zuerst da war: die Diabetes-Erkrankung oder das „Stiff-Person“-Syndrom. Der Diabetes kann sowohl mehrere Jahre vor der Entwicklung des „Stiff-Person“-Syndroms (in 60 von 100 betroffenen Personen) oder nach der Entwicklung des Syndroms auftreten.
Durch „Anti-Insulinrezeptor-Antikörper“ verursachter Diabetes
Ein durch „Anti-Insulinrezeptor-Antikörper“ verursachter Diabetes ist eine seltene Krankheit, die vor allem bei Menschen aus Japan auftritt – in Europa ist die Erkrankung kaum zu beobachten. Dabei binden sich Antikörper so an die körpereigenen Zellen, dass sie kein Insulin mehr aufnehmen können. Die Antikörper blockieren den sogenannten Insulinrezeptor, eine Art Türschloss der Zellen. Daran dockt Insulin wie ein Schlüssel an und öffnet dadurch die Zelle für den Zucker aus dem Blut. Blockiert der Antikörper dieses Schloss, kann das Insulin die Zelltür nicht mehr öffnen. Der Zucker verbleibt im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt sehr stark an.
Warum die Erkrankung entsteht, ist noch nicht ausreichend geklärt. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass ein Zusammenspiel zwischen genetischer Veranlagung und Auslösern aus der Umwelt dazu führt, dass Insulinrezeptor-Autoantikörper gebildet werden. Diese Einflussfaktoren können beispielsweise verschiedene Medikamente, Viren oder Bluterkrankungen sein.
Quellen:
American Diabetes Association: 2. Classification and Diagnosis of Diabetes: Standards of Medical Care in Diabetes – 2022. In: Diabetes Care, 2022, 45: S17-S38
Cappellani, D. et al.: Insulin Autoimmune Syndrome (Hirata Disease): A Comprehensive Review Fifty Years After Its First Description. In: Diabetes, Metab Syndr Obes, 2020, 13: 963-978
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Orphanet: Stiff-Person-Syndrom und verwandte Krankheiten. (Letzter Abruf: 25.07.2023)
Stiff-Person Vereinigung Deutschland e.V. et al.: Stiff-Person-Syndrom – Eine Beschreibung. (Letzter Abruf: 25.07.2023)
Stand: 25.07.2023