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Was ist Diabetes Typ 1?

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Martin Scherm

Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. Sie tritt zumeist bei Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren auf, kann aber auch noch im Erwachsenenalter erstmals diagnostiziert werden.

Typ-1-Diabetes entsteht, weil der Körper das lebenswichtige Hormon Insulin nicht mehr produzieren kann. Ohne Insulin gelangt der Zucker aus der Nahrung nicht mehr in die Körperzellen, wo er zur Energiegewinnung gebraucht wird. Stattdessen verbleibt der Zucker im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt an.

Typische Symptome, die auf Typ-1-Diabetes hinweisen, sind ein starkes Durstgefühl, häufiges Wasserlassen, anhaltende Müdigkeit und eine Gewichtsabnahme. Bei diesen Anzeichen sollte möglichst zeitnah eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.

Menschen mit Typ-1-Diabetes sind lebenslang auf das Spritzen von Insulin angewiesen. Technische Hilfsmittel ermöglichen heutzutage aber einen fast normalen Alltag ohne Einschränkungen. Typ-1-Diabetes ist bislang nicht heilbar.



1. Diabetes Typ 1: Was steckt dahinter?

Anders als bei Typ-2-Diabetes spielt für die Entstehung von Typ-1-Diabetes der persönliche Lebensstil keine Rolle.

Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung. Die Ursache ist eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems: Dabei zerstört das eigene Immunsystem die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Diese Betazellen produzieren das Hormon Insulin, das lebenswichtig ist.

Ohne Insulin kann der Körper den Zucker (Glukose) aus der Nahrung nicht verstoffwechseln. In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel an und Symptome entstehen. 

Warum das Immunsystem die insulinproduzierenden Betazellen zerstört, ist nicht vollständig geklärt. Hier erfahren Sie, was bis jetzt zur Entstehung von Typ-1-Diabetes bekannt ist.

Gut zu wissen:

Rund 93 Prozent aller Menschen mit Diabetes haben Typ-2-Diabetes. Dass es neben dem Typ-2-Diabetes noch weitere Diabetesformen gibt, ist oft nicht bekannt.

Was bei allen Diabetesformen gleich ist, ist der erhöhte Blutzucker. Der Ursprung ist jedoch je nach Diabetesform sehr verschieden. Während ein ungesunder Lebensstil, insbesondere Übergewicht, Bewegungsmangel sowie eine ungesunde Ernährung, die Entstehung von Typ-2-Diabetes begünstigt, ist die Ursache des Typ-1-Diabetes ein Funktionsverlust der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Auch die Therapieoptionen variieren je nach Diabetesform und Krankheitsverlauf.


2. Was sind typische Symptome für Diabetes Typ 1?

Erste Symptome für Typ-1-Diabetes entstehen dann, wenn der Körper fast kein Insulin mehr produziert und der Blutzucker in den lebensgefährlichen Bereich ansteigt. Oft entwickeln sich die Symptome innerhalb von wenigen Wochen oder sogar Tagen.

Typische Symptome von Typ-1-Diabetes sind:

  • Starkes Durstgefühl
  • Häufiges Wasserlassen
  • Gewichtsabnahme
  • Muskelschwäche
  • Anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • Sehstörungen

Werden diese Symptome nicht rechtzeitig erkannt und mit Insulin behandelt, kann es zu einer sogenannten diabetischen Ketoazidose kommen. Diese Stoffwechselentgleisung geht mit einer Übersäuerung des Körpers einher, die in einer Bewusstlosigkeit münden kann und lebensbedrohlich ist.

Folgende Symptome weisen auf eine diabetische Ketoazidose hin: 

  • Bauchschmerzen 
  • Erbrechen 
  • Übelkeit 
  • Vertiefte zwanghafte Atmung 
  • Übelriechender Atem oder Urin 
  • Bewusstseinstrübung und -verlust bis hin zum Koma

Bei der diabetischen Ketoazidose handelt es sich um eine akute Notfallsituation, die schnellstmöglich ärztlich behandelt werden muss.


3. Wie wird Diabetes Typ 1 diagnostiziert?

Bei Verdacht auf eine Diabetes-Erkrankung bringt eine ärztliche Untersuchung schnell Klarheit. Typische Veränderungen in Blutbild und Urin sind:

  • Erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie)
  • Vermehrte Ausscheidung von Zucker (Glukose) über den Urin (Glukosurie)
  • Übersäuerung des Blutes durch eine Ansammlung von Ketonkörpern (Ketoazidose)

Wenn unklar ist, um welchen Diabetes-Typ es sich handelt, kann zudem ein Test auf Autoantikörper durchgeführt werden. Ist dieser positiv, handelt es sich um Typ-1-Diabetes. Selten kommen allerdings auch Typ-1-Diabetes-Erkrankungen ohne das Vorliegen von Autoantikörpern vor.

Bundesweite Präventionskampagne zur Früherkennung des Diabetes Typ 1

Um die Symptome von Typ-1-Diabetes frühzeitig zu erkennen, führt die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) zusammen mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) eine bundesweite Aufklärungskampagne durch.

Dadurch soll das Risiko für eine diabetische Ketoazidose bei Erkrankungsbeginn gesenkt und schwerwiegende Folgen vermieden werden.

Der Flyer zur bundesweiten Ketoazidose-Präventionskampagne steht Ihnen kostenlos zum Download zur Verfügung.


4. Wie reguliert Insulin den Blutzuckerspiegel?

Bei stoffwechselgesunden Personen sorgt das Hormon Insulin wie ein Schlüssel dafür, dass der Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird.

Folgendes Beispiel veranschaulicht, wie der Zucker aus der Nahrung ins Blut und dann mit Hilfe von Insulin in die Körperzellen gelangt:

 

  1. Durch die Nahrung nehmen wir Energie auf: Besonders kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffeln liefern dem Körper schnell verfügbare Energie.
  2. Während der Verdauung werden die Kohlenhydrate in kleine Zuckerbausteine (Glukose) zerlegt.
  3. Die kleinen Zuckerbausteine (Glukose) gehen vom Darm in den Blutkreislauf über. Der Blutzuckerspiegel steigt an.
  4. Die Bauchspeicheldrüse erkennt den Blutzuckeranstieg sofort. Als Reaktion darauf gibt sie eine passgenaue Menge an Insulin ins Blut ab.
  5. Das Insulin bindet an die Körperzellen und sorgt wie ein Schlüssel dafür, dass der mit der Nahrung aufgenommene Zucker (Glukose) in die Körperzellen gelangt. Man spricht auch vom Schlüssel-Schloss-Prinzip.
  6. Daraufhin sinkt der Blutzuckerspiegel wieder in den Normbereich.

Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes kann die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produzieren. Dadurch verbleibt der Zucker aus der Nahrung im Blut.

Steht die Diagnose Typ-1-Diabetes fest, muss diese verloren gegangene Funktion der Bauchspeicheldrüse künstlich durch Spritzen von Insulin nachgeahmt werden.

Das bedeutet für Menschen mit Typ-1-Diabetes: Immer dann, wenn etwas gegessen oder getrunken wird, muss die Kohlenhydratmenge abgeschätzt werden. Daraus ergibt sich die Menge an Insulin, die für die Mahlzeit gespritzt werden muss – das sogenannte Bolusinsulin.

Zudem sind Personen mit Typ-1-Diabetes auch zwischen den Mahlzeiten auf Insulin angewiesen, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Dadurch werden die Organfunktionen und Stoffwechselvorgänge im Körper aufrechterhalten. Das benötigte Insulin zur Deckung des Grundbedarfs wird auch als Basalinsulin bezeichnet.

Weitere Informationen zur Insulintherapie finden Sie hier.


5. Diabetes Typ 1 im Alltag

Die Versorgung mit Insulin ist für Menschen mit Typ-1-Diabetes lebensnotwendig. Mittlerweile stehen hierzu verschiedene technische Hilfsmittel zur Verfügung.

Eine Insulinpumpe beispielsweise ist ein kleines Gerät, das mit einem Katheter am Körper verbunden ist. Darüber wird laufend eine kleine Menge an Insulin ins Blut abgegeben (Basalrate), um den Grundbedarf des Körpers zu decken. Für Mahlzeiten werden individuelle Mengen an Bolusinsulin über die Pumpe verabreicht.

Weitere Informationen zu den technischen Möglichkeiten für die Therapie des Typ-1-Diabetes finden Sie hier.

 

Neben der Versorgung mit Insulin ist die Blutzuckerkontrolle ein wesentlicher Bestandteil der Diabetes-Therapie. Der Blutzuckerwert sollte möglichst konstant in einem festgelegten Zielbereich – meist zwischen 70 und 180 mg/dl (3,9 bis 10,0 mmol/l) – liegen.

Fällt der Blutzuckerspiegel zu stark ab, muss der Unterzuckerung mit kohlenhydratreichen Lebensmitteln entgegengewirkt werden. Hierfür bieten sich beispielsweise Säfte oder Traubenzucker an. Ist der Blutzuckerspiegel dagegen zu hoch, muss die Überzuckerung mit einer Dosis Insulin korrigiert werden.

Neben der Blutzuckermessung über einen Blutstropfen aus der Fingerbeere nutzen Menschen mit Typ-1-Diabetes heutzutage häufig einen Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM-Gerät). Dieser misst laufend den Zuckergehalt im Unterhautfettgewebe (Gewebezucker) und erleichtert dadurch den Therapiealltag für viele Patientinnen und Patienten.

Über sogenannte hybride Closed-Loop- (oder AID-) Systeme kann die Insulinpumpe mit dem Glukosesensor gekoppelt werden. Sinkt der Gewebezucker zu tief ab, wird die Insulinzufuhr automatisch gestoppt. Umgekehrt wird mehr Insulin abgegeben, wenn der Gewebezucker zu hoch ist. Für Mahlzeiten müssen Menschen mit Diabetes nach wie vor eigenständig die individuelle Insulinmenge über die Insulinpumpe verabreichen.


6. Risiko für Folgeerkrankungen

Trotz der fortgeschrittenen Therapie-Technik ist es für betroffene Personen eine tägliche Herausforderung, den Blutzuckerspiegel im individuellen Zielbereich zu halten.

Im Vergleich zu stoffwechselgesunden Personen treten Blutzuckerschwankungen häufiger auf. Ein hoher Zuckergehalt im Blut schädigt kleine und große Blutgefäße sowie die Nerven. Dies kann sich auf eine Vielzahl von Organen auswirken und Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Daher sind regelmäßige ärztliche Kontrollen für Menschen mit Typ-1-Diabetes wichtig.

Hier lesen Sie, welche diabetesbedingte Folgeerkrankungen es gibt und wie diesen vorgebeugt werden kann.

Quellen:

Deutsche Diabetes Gesellschaft: S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. Version 5. 2023
Haak, T. et al.: Therapie des Typ-1-Diabetes. In: Diabetologie, 2022, 17: S133-S144
Kostopoulou, E. et al.: Diabetic Ketoacidosis in Children and Adolescents; Diagnostic and Therapeutic Pitfalls. In: Diagnostics (Basel), 2023, 13: 2602
Stand: 24.01.2024