Wie wird Adipositas behandelt?
Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Matthias Blüher
Adipositas ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung, die eine lebenslange Behandlung erfordert und zudem Risikofaktor oder Auslöser für viele weitere chronische Krankheiten sein kann. Die Basis der Adipositas-Therapie bildet eine Kombination aus Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und Verhaltenstherapie. Hauptziele der Adipositas-Behandlung sind eine langfristige Reduktion des Körpergewichts, die Verhinderung von Begleiterkrankungen und eine Verbesserung des Gesundheitszustandes.

Eine Gewichtsreduktion
- wirkt sich positiv auf viele Organsysteme aus,
- kann das Risiko für Adipositas-assoziierte Folgeerkrankungen senken beziehungsweise ihr Fortschreiten verhindern und
- die Lebensqualität steigern.
Allerdings ist die Rückfallquote nach einer Adipositas-Behandlung sehr hoch. Entscheidend ist daher, über die eigentliche Phase der Gewichtsabnahme hinaus eine langfristige Gewichtskontrolle zu erreichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Wann wird eine Gewichtsreduktion empfohlen?
Mit zunehmendem Schweregrad der Adipositas erhöht sich das Risiko für verschiedene Begleit- und Folgeerkrankungen. Ob das Körpergewicht und die Körperfettverteilung einer Person ein gesundheitliches Risiko darstellt, können Ärztinnen und Ärzte anhand des individuellen Gesamtbildes beurteilen. Aus medizinischer Sicht wird eine Gewichtsabnahme folgenden Personen empfohlen:
- Menschen mit Adipositas (Body-Mass-Index (BMI) von 30 kg/m² oder höher)
- Menschen mit Übergewicht (BMI zwischen 25 und 29,9 kg/m²), die zusätzlich
- Krankheiten, die mit Übergewicht in Verbindung stehen, wie Bluthochdruck oder Typ-2-Diabetes,
- Krankheiten, die durch Übergewicht verstärkt werden (zum Beispiel des Bewegungsapparates),
- eine bauchbetonte Fettverteilung (abdominale Adipositas) mit einem Taillenumfang über 88 Zentimetern (Frauen) beziehungsweise 102 Zentimetern (Männern) oder
- einen hohen psychosozialen Leidensdruck aufweisen.
2. Was sind die Ziele der Adipositas-Behandlung?
Die wichtigsten Ziele der Adipositas-Behandlung sind eine langfristige Reduktion des Körpergewichts, die Verhinderung von Begleiterkrankungen und eine Verbesserung des Gesundheitszustandes. Eine Gewichtsreduktion beugt der Entstehung von Folgeerkrankungen vor, die mit schwerem Übergewicht in Verbindung stehen. Liegen bereits Adipositas-assoziierte Folgeerkrankungen vor, unterstützt eine Gewichtsabnahme deren Therapie. Zudem können die Lebensqualität und das Wohlbefinden gesteigert werden.
Die Adipositas-Behandlung kann sowohl in Hausarztpraxen als auch in spezialisierten Adipositas-Zentren stattfinden. Für einen bestmöglichen Erfolg sollten die Behandlungsziele realistisch und an den individuellen Voraussetzungen der Patientin oder des Patienten ausgerichtet sein. Neben medizinischen Aspekten wie bestehenden Begleit- und Folgeerkrankungen sollten auch die persönlichen Erwartungen, bisherige Erfahrungen in Bezug auf eine Gewichtsabnahme und vorhandenen Ressourcen bei der Festlegung der Behandlungsziele berücksichtigt werden.
Laut der aktuellen Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas (2024) sollten in einem Zeitraum von 6 bis 12 Monaten folgende Gewichtsziele angestrebt werden:
- Bei einem BMI zwischen 25 und 34,9 kg/m²: Gewichtsverlust von 5 Prozent oder mehr des Ausgangsgewichts
- Bei einem BMI von 35 kg/m² oder höher: Gewichtsverlust von 10 Prozent oder mehr des Ausgangsgewichts
Gut zu wissen:
Bereits eine Abnahme von 5 bis 10 Prozent des Körpergewichts kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken.
3. Wie ist eine langfristige Gewichtsreduktion möglich?
Häufig kommt es nach einer erfolgreichen Gewichtsabnahme zu einem Wiederanstieg des Körpergewichts. Vielen Menschen fällt es schwer, ihren Lebensstil dauerhaft umzustellen und eine ausgewogene Ernährung und viel Bewegung langfristig in ihrem Alltag zu verankern. Die ständige Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, unsere Lebens- und Arbeitsumgebungen sowie die physiologischen Vorgänge, die während des Abnehmens im Körper ablaufen, erschweren es zusätzlich, das Gewicht zu halten.
Eine langfristige und engmaschige Betreuung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt – auch über die Phase der Gewichtsreduktion hinaus – kann helfen, neu erlernte Verhaltensmuster dauerhaft beizubehalten. Zudem kann eine regelmäßige Selbstbeobachtung, beispielsweise durch wöchentliches Wiegen, dabei unterstützen den erreichten Gewichtsverlust zu halten.
Das Basisprogramm zur Behandlung der Adipositas besteht aus 3 Säulen: Ernährung, Bewegung und dem eigenen Verhalten. Durch eine Kombination von Bausteinen aus diesen 3 Bereichen ist der größte Erfolg zu erzielen. Generell gilt: Alle Maßnahmen können nur dann wirksam sein, wenn sie ausreichend lange und mit angemessener Intensität durchgeführt werden.
Wenn das Basisprogramm zu keiner oder zu keiner ausreichenden Gewichtsabnahme führt, können medikamentöse oder chirurgische Maßnahmen unterstützend angewandt werden, um starkes Übergewicht zu behandeln.
Welche Maßnahmen im individuellen Fall sinnvoll und umsetzbar sind, kann von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Daher ist es wichtig, dass die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten die möglichen Therapieoptionen bespricht und sie zusammen eine geeignete Strategie sowie individuelle Therapieziele festlegen.
Lesen Sie hier, wie Sie Ihr Gewicht langfristig reduzieren und stabilisieren können.
4. Ernährungsumstellung
Um abnehmen zu können, ist es erforderlich, dass der Körper mehr Energie verbraucht als aufgenommen wird. In Absprache mit der Patientin oder dem Patienten sollte ein individuelles Energiedefizit festgelegt werden. Meist liegt die angestrebte Energieaufnahme etwa 500 bis 600 Kilokalorien (kurz kcal, umgangssprachlich häufig auch nur als Kalorien bezeichnet) unter dem individuellen Tagesbedarf. So kann eine kontinuierliche Gewichtsreduktion von etwa 0,5 Kilogramm pro Woche erreicht werden. Allerdings lässt sich der Gewichtsverlust in der Regel maximal über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten aufrechterhalten und schwächt sich danach ab. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Menschen auf die gleiche Weise auf eine Kalorienreduktion ansprechen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten über die Ernährung ein Energiedefizit mit Gewichtsabnahme zu erreichen. Dabei spielt die Makronährstoffzusammensetzung (Anteil von Fetten, Proteinen, und Kohlenhydraten) der aufgenommenen Nahrung eine untergeordnete Rolle. Eine reduzierte Energiezufuhr kann sowohl durch eine verminderte Aufnahme von Fett, Kohlenhydraten oder einer Kombination aus beidem erreicht werden. Zudem eignen sich verschiedene Ernährungsweisen wie die Mediterrane Ernährung, eine vollwertige Ernährung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) oder eine vegetarische/vegane Ernährung. Eine Mahlzeitenersatzstrategie (Ersatz von 1 bis 2 Hauptmahlzeiten pro Tag durch sogenannte Ersatz- oder Formulaprodukte) oder die verschiedenen Formen des Intermittierenden Fastens (Intervallfasten) stellen ebenfalls eine Therapieoption zur Gewichtsabnahme dar.
Wichtig ist, dass die Ernährungsform gut zu dem betroffenen Menschen mit Adipositas passt, ausgewogen und langfristig umsetzbar ist. Auch ein Wechsel zwischen den verschiedenen Ernährungsformen ist möglich.
Langfristig wirken sich vor allem die folgenden Maßnahmen stabilisierend auf das Gewicht aus:
- Eine Verringerung der Nahrungsmenge insgesamt, besonders aber von hochverarbeiteten, sehr energiereichen und energiedichten Nahrungsmitteln wie
- zucker- oder fettreichen Snacks
- zuckergesüßten Getränken und Fruchtsäften
- Ein vermehrter Verzehr von
- Gemüse und Obst
- proteinreichen Lebensmitteln, zum Beispiel Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Kichererbsen), Milch und Milchprodukte, Nüsse oder Haferflocken
- ballaststoffreichen Lebensmitteln, zum Beispiel Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornbrot und Vollkornnudeln oder Obst
Gerade zu Beginn der Therapie empfiehlt sich die Teilnahme an einer Ernährungsberatung. In diesem Rahmen können individuelle Ernährungsempfehlungen und umsetzbare Ziele definiert werden, die sich nach den persönlichen Gegebenheiten und Vorlieben sowie dem Gesundheitszustand der betroffenen Person ausrichten.
Wie finde ich eine Ernährungsberatung? Hilfestellung finden Sie hier.
Erfordern beispielsweise medizinische Gründe bei Personen mit einem BMI von 30 kg/m² oder mehr einen kurzfristigen hohen Gewichtsverlust, können auch spezielle Kostformen – sogenannte Formulaprodukte oder Formuladiäten – mit einer sehr niedrigen Energiemenge (Gesamtenergie 800 bis 1200 kcal pro Tag) eingesetzt werden. Diese sollten jedoch maximal 12 Wochen und nur unter ärztlicher Aufsicht angewandt werden.
Egal welche Ernährungsstrategie verfolgt wird, sollte immer darauf geachtet werden, dass der Körper weiterhin mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt wird. Stark einseitige Ernährungsformen oder Diäten können mit hohen gesundheitlichen Risiken einhergehen und führen zu keinem langfristigen Abnehmerfolg. Sie sind daher nicht zu empfehlen.
5. Bewegungssteigerung
Neben der Ernährung spielt Bewegung eine wichtige Rolle bei der Adipositas-Therapie. Denn körperliche Aktivität führt zu einem erhöhten Energieverbrauch und fördert den Muskelaufbau, was zusätzlich den Energieverbrauch erhöht. Zudem wird dadurch der mit einer Gewichtsabnahme einhergehende Abbau von Muskelmasse reduziert. So trägt Bewegung ebenfalls zur Gewichtsreduktion und -stabilisierung bei. Zusätzlich wirkt sich Bewegung positiv auf die Gesundheit und Lebensqualität aus und kann zur Verbesserung von Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- und psychosozialen Krankheiten beitragen.
Eine Bewegungstherapie allein zeigt jedoch nur mäßige Effekte beim Abnehmen. Realistisch ist etwa eine Gewichtsreduktion von insgesamt 2 bis 3 Kilogramm. In Kombination mit einer Ernährungsumstellung sind größere Gewichtsreduktionseffekte zu erwarten.
Die aktuelle Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas (2024) empfiehlt, sich pro Tag mindestens 30 bis 60 Minuten zu bewegen, um eine Gewichtsabnahme zu unterstützen. Die Art der Bewegung spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Gut geeignet sind Ausdauersportarten wie Wandern, Walken, Joggen, Radfahren oder Schwimmen. Krafttraining oder eine Kombination zwischen Ausdauer- und Krafttraining unterstützen ebenfalls das Abnehmen. Vor allem bei älteren Menschen wirkt Krafttraining einer Reduktion der Knochendichte entgegen, die mit einer Gewichtsabnahme einhergehen kann. Auch Bewegungsformen mit geringer oder moderater Intensität wie Walken oder Tai-Chi wirken sich positiv auf die Gesundheit und den Gewichtsverlust aus.
Die Art und die Intensität der Bewegung sollten individuell nach dem Gesundheitszustand sowie den jeweiligen Vorlieben ausgewählt werden. Bei einem BMI über 35 kg/m² sollten gelenkschonende Sportarten, zum Beispiel Walken, Radfahren oder Wassergymnastik, bevorzugt werden.
Bevor man mit der Bewegungstherapie startet, sollte dies mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt abgesprochen werden, um mögliche Risiken im Vorfeld abzuklären.
Des Weiteren sollten Menschen mit Adipositas versuchen, ihren Alltag aktiver zu gestalten und mehr Bewegung in ihre Freizeit einzubauen. Dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Hier ein paar Beispiele:
- Nutzen Sie öfter die Treppe anstelle des Fahrstuhls.
- Verzichten Sie für kürzere Wege auf das Auto, die Straßenbahn oder den Bus.
- Machen Sie abends einen entspannenden Spaziergang.
- Platzieren Sie häufig benötigte Arbeitsgeräte außerhalb der bequemen Reichweite.
- Unterbrechen Sie sitzende Tätigkeiten alle 20 bis 30 Minuten durch kurze Steh- und Gehpausen.
Um das eigene Bewegungsverhalten langfristig zu ändern, sollte zu Beginn langsam mit mehr Bewegung begonnen und dann nach und nach der Umfang gesteigert werden – je nach individueller Fitness und vorliegenden Begleit- und Folgeerkrankungen.
Werden Sie aktiv! Weitere Informationen zu Sport und Bewegung im Alltag finden Sie hier.
6. Verhaltenstherapie
Um das Körpergewicht zu senken und langfristig stabil zu halten, müssen neben einer Umstellung der Ernährung und Bewegungssteigerung häufig auch die bisherigen Lebensgewohnheiten angepasst werden. Die Teilnahme an einer Verhaltenstherapie sollte fester Bestandteil der Adipositas-Behandlung sein. Sie kann sowohl einzeln als auch in Gruppen erfolgen.
Im Rahmen der Verhaltenstherapie werden das bisherige Essverhalten analysiert und mögliche Strategien aufgezeigt, die helfen können, den Lebensstil langfristig zu ändern und alternative Verhaltensweisen und Problemlösungsansätze zu entwickeln. Auch der Umgang mit Rückschlägen und einer möglichen Gewichtszunahme sollte Teil der Therapie sein. Der Therapieansatz sollte jeweils nach der individuellen Situation der Patientinnen und Patienten ausgerichtet werden.
Die folgenden Aspekte können bei einer Verhaltensänderung unterstützen:
- Beobachten Sie Ihr Verhalten und freuen Sie sich über Erfolge!
- Üben Sie Strategien, die Ihnen helfen, Ihren Umgang mit Nahrungsmitteln zu kontrollieren, zum Beispiel
- Kaufen Sie nur im gesättigten Zustand Lebensmittel ein.
- Halten Sie feste Essenszeiten ein und vermeiden Sie es, vor dem Fernseher oder Bildschirm zu essen.
- Begrenzen Sie Ihren Vorrat an Lebensmitteln.
- Setzen Sie sich realistische Ziele.
- Entdecken Sie Aktivitäten, die Ihnen Spaß machen.
- Suchen Sie sich Unterstützung durch Gleichgesinnte. Gemeinsam kochen oder Sport treiben macht häufig mehr Spaß als allein.
- Achten Sie auf ausreichend Schlaf sowie einen regelmäßigen Schlafrhythmus.
- Üben Sie Entspannungstechniken.
Lesen Sie hier, wie gesunder Schlaf das Risiko für Übergewicht und Adipositas verringert.
Dauerhafter Stress kann der Gesundheit schaden. Erfahren Sie hier, wie Sie gegensteuern können.
7. Medikamente
Wenn mithilfe des Basisprogrammes zur Adipositas-Behandlung keine oder nur eine geringe Gewichtsreduktion und -stabilisierung erzielt werden kann, kann eine medikamentöse Therapie unterstützend eingesetzt werden. Wichtig dabei ist, diese immer mit einer Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie zu kombinieren.
Die ärztliche Verordnung einer medikamentösen Therapie zur Gewichtsabnahme oder zum Gewichtserhalt nach dem Abnehmen ist möglich
- bei Personen mit einem BMI von 27 kg/m² oder höher (mit Orlistat ab einem BMI von 28 kg/m² oder höher), die zusätzlich Risikofaktoren (zum Beispiel Prädiabetes oder erhöhte Blutfettwerte), und/oder bereits bestehende Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen, und
- bei Personen mit Adipositas (BMI von 30 kg/m² oder höher).
Die Auswahl des geeigneten Medikamentes soll in enger Abstimmung zwischen der Ärztin oder dem Arzt und der Patientin beziehungsweise dem Patienten erfolgen. Des Weiteren sollen bei der Wahl die individuelle Situation (liegen bereits Folgeerkrankungen vor, welche Darreichungsform und welcher Wirkmechanismus eignen sich) und die jeweiligen Therapieziele sowie die Verträglichkeit und Sicherheit berücksichtigt werden.
Welche Medikamente gibt es?
Derzeit sind in Deutschland 3 Wirkstoffgruppen zur medikamentösen Adipositas-Therapie zugelassen und auf dem Markt verfügbar:
- Lipasehemmer: Orlistat
- GLP-1-Rezeptoragonisten: Liraglutid und Semaglutid
- Dualer GLP-1-/GIP-Rezeptoragonist: Tirzepatid
Lange Zeit gab es nur das Medikament Orlistat zur medikamentösen Therapie von Übergewicht (ab einem BMI von 28 kg/m²) und Adipositas. Orlistat hemmt die Aufnahme von Fetten aus dem Darm und damit auch die Kalorienaufnahme. Studien zeigen im Mittel eine Gewichtsreduktion von 2,9 Kilogramm unter einer Orlistat-Therapie. Laut Zulassung soll die Behandlung mit Olistat abgebrochen werden, wenn nach 12 Wochen bei einer Dosierung von 3-mal 120 Milligramm pro Tag kein Gewichtsverlust von mindestens 5 Prozent des Ausgangsgewichts erreicht wurde. Häufig auftretende Nebenwirkungen sind weicher Stuhlgang, gesteigerter Stuhldrang und Blähungen.
GLP-1-Rezeptoragonisten wurden ursprünglich als Therapieoption für Menschen mit Typ-2-Diabetes entwickelt. Seit mehreren Jahren ist der GLP-1-Rezeptoragonist Liraglutid in höherer Dosierung (3 Milligramm pro Tag) auch für die Behandlung von Übergewicht und Adipositas (ohne Typ-2-Diabetes) zugelassen (Handelsname Saxenda®, Injektionslösung in einem Fertigpen). Die Verabreichung erfolgt einmal täglich als Spritze ins Unterhautfettgewebe. Allerdings sollte das Medikament wieder abgesetzt werden, wenn innerhalb von 12 Wochen bei einer Dosierung von 3 Milligramm pro Tag nicht eine Gewichtsabnahme von mindestens 5 Prozent des Ausgangsgewichts erreicht wird. In Studien zeigte sich unter Liraglutid eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von etwa 8 Prozent des Ausgangsgewichts im Verlauf eines Jahres. Anschließend bleibt das Körpergewicht auf einem gleichbleibenden Niveau und es kommt zu keiner wesentlichen weiteren Gewichtsreduktion.
Wie wirken GLP-1-Rezeptoragonisten?
GLP-1-Rezeptoragonisten ahmen die Wirkung des Darmhormons „Glucagon-like Peptide-1“, kurz GLP-1 nach. GLP-1-Rezeptoragonisten beeinflussen Appetit und Sättigung und können die reduzierte Nahrungsaufnahme unterstützen. Sie fördern die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse und hemmen gleichzeitig das Hormon Glukagon, einen „Gegenspieler“ des Insulins. Zusätzlich führt GLP-1 zu einer verzögerten Magenentleerung und einem früher einsetzenden Sättigungsgefühl – vermittelt durch das zentrale Nervensystem – wodurch es eine Gewichtsabnahme unterstützt.
Als Nebenwirkung der GLP-1-Rezeptoragonisten treten häufig Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Völlegefühl auf. Diese nehmen aber oft im Laufe der Behandlung ab und können durch eine langsame Dosissteigerung reduziert werden.
Der GLP-1-Rezeptoragonist Semaglutid ist in höherer Dosierung (2,4 Milligramm pro Woche) für Menschen mit Übergewicht oder Adipositas seit Sommer 2023 in Deutschland erhältlich (Handelsname Wegovy®, Injektionslösung in einem Fertigpen). Er wird einmal wöchentlich als Spritze subkutan, in das Unterhautfettgewebe, verabreicht. Im Rahmen der Zulassungsstudie erreichten die Teilnehmenden mit Adipositas unter Therapie mit Semaglutid in Kombination mit einer Lebensstiländerung innerhalb eines Jahres eine Gewichtsabnahme von etwa 15 Prozent des Ausgangsgewichts.
Zur Behandlung von Typ-2-Diabetes ist bereits auch eine Tablettenform von Semaglutid zugelassen (Handelsname Rybelsus®). Der Hersteller strebt die Zulassung dieser Darreichungsform auch für die Adipositas-Behandlung an.
Duale Rezeptoragonisten als Weiterentwicklung der GLP-1-Rezeptoragonisten
Der Wirkstoff Tirzepatid stellt eine Weiterentwicklung der GLP-1-Rezeptoragonisten dar. Als sogenannter Dualer Rezeptoragonist wirkt er neben den GLP-1-Rezeptoren zusätzlich aktivierend auf die Rezeptoren eines zweiten Darmhormons: Des sogenannten glukoseabhängigen insulinotropen Peptids (GIP). In Studien zeigte sich unter der Therapie mit Tirzepatid für Menschen mit Typ-2-Diabetes eine stärkere Gewichtsreduktion als mit Semaglutid. Bei Studienteilnehmenden mit Adipositas ohne Typ-2-Diabetes erzielten mehr als 60 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Tirzepatid eine Gewichtsreduktion von mehr als 20 Prozent ihres Ausgangsgewichts.
Seit Dezember 2023 ist Tirzepatid (Handelsname Mounjaro®, Injektionslösung in einem Fertigpen) zur Behandlung des Typ-2-Diabetes und seit dem Frühjahr 2024 auch zum Gewichtsmanagement zugelassen. Tirzepatid wird wie Semaglutid einmal wöchentlich ins Unterhautfettgewebe gespritzt und weist ein ähnliches Nebenwirkungsprofil wie GLP-1-Rezeptoragonisten auf.
Die Behandlungsdauer ist derzeit nicht begrenzt, allerdings liegen noch keine Daten aus Langzeitstudien mit mehr als 3 Jahren Behandlungsdauer vor.
Weitere vergleichbare Wirkstoffe befinden sich aktuell noch in der Entwicklung. Bei Retatrutid handelt es sich beispielsweise um einen Triple Rezeptoragonisten, der die Funktion von 3 Hormonen nachahmt (GLP-1, GIP und Glukagon).
News zum Thema: Semaglutid und Co – was die Rezeptoragonisten wirklich können.
Tipp:
Im Thesencheck-Video der Eberhard Karls Universität Tübingen erklärt Prof. Dr. Andreas Birkenfeld, Wissenschaftler bei Helmholtz Munich und am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) sowie Professor für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie am Universitätsklinikum Tübingen, was es mit 10 Vorurteilen über Adipositas und die Abnehmspritze auf sich hat.
Derzeit sind in Deutschland Medikamente, welche rein zur Gewichtsreduktion und Gewichtserhalt zugelassen sind, von einer Erstattung durch die Krankenkassen ausgeschlossen. Als Abnehmmittel werden sie zur Gruppe der sogenannten ‚Lifestyle Arzneimittel‘ zugerechnet, bei welchen eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht.
8. Chirurgische Therapie
Wenn Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie zur Gewichtsabnahme ausgeschöpft sind oder wenn ein BMI über 50 kg/m2 (Primärindikation) vorliegt, kann eine chirurgische Therapie der Adipositas eine weitere Behandlungsmöglichkeit darstellen. Fachleute sprechen in dem Zusammenhang von bariatrischer Chirurgie (vom griechischen Wort baros = Gewicht, Schwere).
Gemäß der deutschen Leitlinie zur Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen (2018) wird in den folgenden Fällen eine Operation empfohlen:
- Bei extremem Übergewicht (BMI von 40 kg/m2 oder höher (Adipositas Grad III))
- Bei einem BMI von 35 kg/m2 oder höher (Adipositas Grad II) und vorliegenden Folgeerkrankungen, die mit dem Übergewicht in Verbindung stehen, beispielsweise
- Typ-2-Diabetes
- Bluthochdruck oder weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Schlafapnoe-Syndrom (Atemstörungen während des Schlafs)
- Fettlebererkrankungen
- Nierenerkrankungen
- Asthma bronchiale
- Gelenkerkrankungen
In Sonderfällen kann auch bei Personen mit einem BMI zwischen 30 und 34,9 kg/m² (Adipositas Grad I) und bestehenden Adipositas-assoziierten Folgeerkrankungen eine chirurgische Therapie in Betracht gezogen werden.
Im Oktober 2022 wurden von der internationalen und der amerikanischen Fachgesellschaft für die Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen neue Empfehlungen für die Adipositas-Chirurgie veröffentlicht. In diesen liegen die Grenzwerte für eine Operation jeweils um 5 BMI-Punkte niedriger. Es ist zu erwarten, dass die Werte im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der deutschen Leitlinie ebenfalls überprüft und gegebenenfalls nach unten korrigiert werden.
Ziele der Adipositas-Chirurgie
Die nachhaltige Gewichtsreduktion, die durch chirurgische Maßnahmen bei Adipositas angestrebt wird, soll
- eine Verbesserung der Lebensqualität,
- eine Verbesserung von Begleiterkrankungen,
- eine Verlängerung des Lebens sowie
- den Erhalt der Teilhabe der Patientinnen und Patienten am Arbeitsleben und generell am gesellschaftlichen Leben
bewirken.
Wird bei Menschen mit Typ-2-Diabetes eine bariatrische Operation durchgeführt, mit dem Ziel den Blutzuckerstoffwechsel zu verbessern, sprechen Fachleute von metabolischer Chirurgie.
Gut zu wissen:
Hauptziele der Adipositas-Chirurgie sind die Verbesserung von bestehenden Adipositas-assoziierten Folgeerkrankungen und eine Steigerung der Lebensqualität.
Chirurgische Adipositas-Therapie: Was sind die Voraussetzungen?
Bevor ein chirurgischer Eingriff bei Adipositas geplant wird, ist es wichtig, seltene Ursachen von schwerem Übergewicht – zum Beispiel hormonelle Störungen – auszuschließen und die Patientinnen und Patienten hinsichtlich möglicher Begleiterkrankungen und der Operationsfähigkeit umfassend zu untersuchen. Auch eine detaillierte Aufklärung zum Ablauf der Operation sowie zu möglichen Risiken und die notwendige Nachbetreuung sind wichtige Aspekte, die im Vorfeld mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt besprochen werden sollten.
Generell profitieren von einer Adipositas-Chirurgie auch ältere Patientinnen und Patienten (über 65 Jahre). Gleiches gilt für Patientinnen und Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa.
Schwer übergewichtige Menschen mit Typ-1-Diabetes können sich ebenfalls Adipositas-chirurgischen Maßnahmen unterziehen. Auch bei ihnen kann sich eine Gewichtsreduktion positiv auf die bestehende Insulinresistenz auswirken.
Bei unbehandelten psychischen Erkrankungen, Essstörungen oder einer bestehenden Substanzabhängigkeit sollen keine bariatrisch-chirurgischen Maßnahmen durchgeführt werden.
Eine Schwangerschaft sollte im Zeitraum der starken Gewichtsreduktion nach einem chirurgischen Eingriff vermieden werden. Generell können Frauen mit Kinderwunsch jedoch behandelt werden. Haben sich das Gewicht und der Gesundheitszustand stabilisiert, steht einer Schwangerschaft unter frauenärztlicher Begleitung nichts im Wege. Während einer Schwangerschaft sollten Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden, um eine Mangelversorgung von Mutter und Kind zu vermeiden.
Adipositas-Chirurgie: Effekte, Risiken und Nachsorge
Die Gewichtsabnahme nach einer bariatrischen Operation kann sehr effektiv sein. Es handelt sich allerdings um einen chirurgischen Eingriff, der sehr gut überlegt sein sollte. Wie bei anderen Operationen besteht ein allgemeines Operations- und Narkoserisiko. Hinzu kommt, dass die meisten der vorgenommenen Eingriffe sich nicht mehr rückgängig machen lassen und der veränderte Zustand des Magen-Darm-Systems ein Leben lang bestehen bleibt. Folgeoperationen, beispielsweise Hautstraffungen, können hinzukommen.
Weitere Nebenwirkungen können zudem erst langfristig auftreten, zum Beispiel Mangelerscheinungen. Dies macht eine gute Nachbetreuung und gegebenenfalls die Einnahme von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten erforderlich.
Die positiven gesundheitlichen Effekte, die mit der Adipositas-Chirurgie einhergehen, sind umso größer, je besser und engmaschiger die ärztliche Versorgung auch nach dem Eingriff ist. Im Rahmen der Nachsorge sollen nicht nur die Gewichtsentwicklung beobachtet und die Gabe von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln überwacht werden, sondern auch psychische Belange im Mittelpunkt stehen.
In Hinblick auf den Lebensstil sollen die Patientinnen und Patienten dahingehend beraten werden, wie eine geeignete Ernährung eingehalten und die körperliche Aktivität gesteigert werden kann.
Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann zudem sinnvoll sein, um sich mit anderen Personen, die ähnliche Maßnahmen durchlaufen haben, auszutauschen.
Gut zu wissen:
Adipositas-chirurgische Eingriffe sollen nur in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden, die beispielsweise durch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) zertifiziert wurden oder die geforderten Qualitätsstandards der Fachgesellschaft erfüllen. Diese Zentren stellen auch die notwendige Nachsorge sicher. Von bariatrischen Operationen im Ausland ist aufgrund der fehlenden Nachsorge und anschließenden Betreuung abzuraten.
Welche operativen Methoden zur Adipositas-Behandlung gibt es?
Ein chirurgischer Eingriff bei Adipositas (bariatrische Chirurgie) zielt darauf ab, das Magenvolumen zu verkleinern und/oder die Strecke der Magen-Darm-Passage zu verkürzen. Dies soll die Nahrungsaufnahme verringern – durch ein früheres Sättigungsgefühl – und/oder die Aufnahme (Resorption) der Nährstoffe reduzieren. Inwieweit operative Eingriffe die Nahrungsaufnahme und -verwertung beeinflussen und Stoffwechselprozesse verändern, hängt von der jeweiligen Methode ab.
In der bariatrischen Chirurgie gibt es eine Reihe verschiedener Methoden. Die in Deutschland gängigsten Verfahren sind derzeit die Schlauchmagenbildung und der Magenbypass. Das Magenband hat in den letzten Jahren an Bedeutung verloren und sollte nur nach besonderer Abwägung eingesetzt werden. Ein generell zu empfehlendes Operationsverfahren gibt es nicht. Die Wahl des Verfahrens soll immer individuell unter Einbezug der medizinischen sowie der psychischen, sozialen und allgemeinen Lebensumstände der jeweiligen Patientin oder des jeweiligen Patienten erfolgen.
Die meisten Eingriffe der Adipositas-Chirurgie werden heutzutage laparoskopisch ("Schlüssellochchirurgie") durchgeführt. Dies senkt die Operationsrisiken und verkürzt den Heilungsprozess.
Schlauchmagen
Bei der Anlage eines Schlauchmagens wird das Gesamtvolumen des Magens verkleinert. Dazu entfernen die Chirurginnen und Chirurgen große Teile des Magens und wandeln ihn zu einem schlauchartigen Organ um. Dies schränkt die Menge an Nahrung, die auf einmal aufgenommen werden kann, stark ein.
Ein Vorteil dieser Methode ist, dass die Anatomie des Magen-Darm-Traktes nicht grundlegend verändert wird, sodass für eventuell weitere erforderliche chirurgische Maßnahmen alle Möglichkeiten offenbleiben. Zudem ist die Nährstoffaufnahme nicht wesentlich beeinträchtigt.
Durch die Anlage eines Schlauchmagens kann das Übergewicht nach 5 Jahren um rund die Hälfte reduziert werden. Diese Berechnung bezieht sich auf das Idealgewicht, das bei einem BMI von 25 kg/m2 vorliegt. Wiegt eine Person vor dem chirurgischen Eingriff also 100 Kilogramm mehr als ihr Idealgewicht, ist das Übergewicht 5 Jahre nach der Anlage des Schlauchmagens statistisch betrachtet durchschnittlich auf 50 Kilogramm zurückgegangen.
Studiendaten zufolge normalisiert sich bei etwa 58 von 100 Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes bei Anlage eines Schlauchmagens nach 5 Jahren der Blutzuckerstoffwechsel. Man spricht von einer Diabetes-Remission. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Diabetes im weiteren Verlauf wieder auftreten kann. Die Diabetes-Remission hängt stark von der Insulinproduktion des Körpers vor der Operation ab.
Die Rate an auftretenden Komplikationen beim Schlauchmagen ist relativ gering. Eine Gefahr ist, dass es an der langen Naht an der Magenwand zu Wundheilungsstörungen kommt, die Naht sich lockert oder platzt. Mit der Zeit kann sich der Magen zudem wieder ausdehnen und es kann nach 2 bis 5 Jahren zu einem Wiederanstieg des Körpergewichts kommen.
Magenbypass
Bei einem Magenbypass wird der Magen-Darm-Trakt operativ so umgebaut, dass große Teile des Magens und des Dünndarms bei der Nahrungspassage ausgelassen werden. Die Nahrung gelangt kurz nach dem Mageneingang direkt in untere Teile des Dünndarms.
Der Organismus nimmt dadurch weniger Nährstoffe und somit auch weniger Kalorien auf. Dies führt zu einem starken Gewichtsverlust. Allerdings müssen die Patientinnen und Patienten wichtige Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe dauerhaft zu sich nehmen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
Es gibt unterschiedliche Techniken zur Anlage eines Magenbypasses. Häufig wird die Methode des sogenannten proximalen Roux-en-Y Magenbypasses angewandt. Hierbei bleibt anschließend an den Mageneingang nur ein kleines Stück Magen erhalten, welches direkt mit einem unteren Abschnitt des Dünndarms verbunden wird. Das obere Stück des Dünndarms bleibt mit dem Rest-Magen verbunden. Es nimmt die Verdauungssäfte aus Bauchspeicheldrüse und Galle auf und leitet diese über eine neu geschaffene Verbindung direkt in den unteren Teil des Dünndarms weiter.
Ein Magenbypass reduziert das Übergewicht – also den Gewichtsanteil, der über das Idealgewicht hinausgeht – nach 5 Jahren durchschnittlich um 61 bis 65 Prozent.
Dieses Verfahren wird insbesondere bei Menschen mit Typ-2-Diabetes häufig angewandt, da sich die Blutzuckerwerte nach der Operation meist deutlich verbessern. Nach 5 Jahren zeigen rund 3 Viertel aller Operierten eine Normalisierung ihres Blutzuckerstoffwechsels. Einige Patientinnen und Patienten können nach der Operation sogar gänzlich auf ihre blutzuckersenkenden Medikamente verzichten. Wie auch beim Schlauchmagen gilt es dabei zu beachten, dass der Diabetes im weiteren Verlauf wieder auftreten kann.
Dieser relativ große operative Eingriff kann allgemeine Operationsrisiken bergen. Zudem können die Nähte reißen oder platzen.
Magenband
Beim Magenband wird ein gürtelartiges Band aus Silikon von außen um den oberen Teil des Magens gelegt. Dadurch entsteht eine Engstelle am Mageneingang. In der Folge kann die Patientin oder der Patient nur langsam und wenig essen, das Sättigungsgefühl setzt schneller ein. Problematisch sind jedoch weiterhin flüssige, kalorienhaltige Lebensmittel wie etwa zuckerhaltige Getränke.
Aufgrund von auftretenden Spätkomplikationen und einer im Vergleich zu den anderen operativen Verfahren weniger erfolgreichen Gewichtsreduktion verliert das Magenband zunehmend an Bedeutung.
9. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs)
Digitale Technologien können die Basistherapie bei Adipositas unterstützen. Aktivitätstracker wie Schrittzähler oder Smart Watches und elektronische Ernährungstagebücher helfen dabei, eigene Verhaltensmuster zu erkennen. Andere Systeme dienen dem Informationsaustausch zwischen medizinischen Fachkräften und den Patientinnen und Patienten.
Seit dem Jahr 2020 können Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sogenannte Digitale Gesundheitsanwendungen, kurz DiGAs, auf Rezept verschreiben. Alle DiGAs werden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und zertifiziert. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen und die Anwendung ist für die Nutzenden kostenfrei.
Das BfArM listet auf seiner Webseite alle verfügbaren DiGAs.
DiGAs, die unterstützend zur Adipositas-Behandlung eingesetzt werden, können unter anderem
- die Selbstbeobachtung erleichtern durch einfache Dokumentation des Ess- und Bewegungsverhaltens.
- motivieren, sich mehr zu bewegen und ausgewogen zu ernähren.
- eine Verlaufskontrolle anzeigen, als Grundlage für Arztgespräche.
- informieren über wissenschaftlich geprüfte Ansätze zur Gewichtsreduktion.
- Trainingsprogramme zu Bewegung und Ernährung anbieten.
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Stand: 17.02.2025