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Wie entsteht Schwangerschaftsdiabetes?

Wissenschaftliche Unterstützung: PD Dr. Sandra Hummel

Bei Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) sind die Blutzuckerwerte dauerhaft erhöht. Dazu kommt es, wenn das Hormon Insulin nicht ausreichend produziert wird oder die Körperzellen nicht empfindlich genug auf Insulin reagieren.

Das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes ist insbesondere bei Übergewicht erhöht. Typ-2-Diabetes bei den eigenen Eltern, ein höheres Alter und weitere Faktoren verstärken die Wahrscheinlichkeit, an der Stoffwechselstörung zu erkranken. Die genauen Ursachen werden noch erforscht.

Die Stoffwechselerkrankung entsteht ähnlich wie ein Typ-2-Diabetes und wird deshalb als Vorstufe dieser Diabetesform gesehen.



1. Was passiert bei Schwangerschaftsdiabetes im Körper?

Während einer Schwangerschaft laufen im Körper viele hormonelle Umstellungen ab. Besonders ab der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) werden vermehrt Hormone ausgeschüttet. Sie sorgen unter anderem dafür, dass größere Energiemengen in Form von Zucker im mütterlichen Körper, genauer im Blut, bereitgestellt werden. So werden die Versorgung und das Wachstum des ungeborenen Kindes gesichert.

Um den Zucker aus dem Blut in die Zellen aufnehmen zu können, setzt die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin frei. Es bewirkt, dass die Glukose als Energielieferant in die Zellen gelangt und der Blutzucker absinkt.

Die hormonellen Veränderungen in einer Schwangerschaft sorgen auch dafür, dass die Wirkung von Insulin herabgesetzt wird – die sogenannte physiologische Insulinresistenz. Dies tritt bei jeder schwangeren Frau auf. Im Normalfall gleicht der Körper der Mutter dies mit einer gesteigerten Insulinproduktion aus. Bei einem Schwangerschaftsdiabetes ist dieser Vorgang gestört. Es kommt zu einem relativen Insulinmangel und der Blutzuckerspiegel steigt.

Was eine Insulinresistenz ist und wie es dazu kommt lesen Sie hier.


2. Was erhöht das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes?

Das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes ist insbesondere dann erhöht, wenn Übergewicht oder eine genetische Veranlagung vorliegen. Die genauen Ursachen der Erkrankung werden noch erforscht. Vieles deutet darauf hin, dass ähnliche Mechanismen wie bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes eine Rolle spielen.

Folgende Faktoren begünstigen Schwangerschaftsdiabetes:

  • Typ-2-Diabetes bei den Eltern und/oder Geschwistern
  • Faktoren, die eine Insulinresistenz begünstigen, wie beispielsweise Übergewicht
  • Übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft
  • Schwangerschaftsdiabetes während einer vorherigen Schwangerschaft
  • Alter über 35 Jahre
  • 3 oder mehr Fehlgeburten hintereinander
  • Geburtsgewicht früherer Kinder über 4.500 Gramm
  • Polyzystisches Ovarialsyndrom (Stoffwechselerkrankung bei Frauen)
  • Herkunft aus Süd- und Ostasien, Lateinamerika, Afrika oder dem Mittleren Osten
  • Schlaf-Apnoe (Atemstörungen während des Schlafs)

Gut zu wissen:

Vor und während der Schwangerschaft zu rauchen erhöht das Risiko, einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln.

Studien zeigen zudem, dass Schwangere, die einen Jungen erwarten, ein 4 Prozent höheres Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes aufweisen als bei einem Mädchen.

Mehr Informationen zur Diagnose von Schwangerschaftsdiabetes finden Sie hier!


3. Welche Rolle spielt Übergewicht bei Schwangerschaftsdiabetes?

Frauen mit Übergewicht erkranken wesentlich häufiger an Schwangerschaftsdiabetes als Frauen mit Normalgewicht. Bereits bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 bis 30 kg/m2 ist das Risiko um das 2- bis 6-fache erhöht. Bei Frauen mit noch höherem BMI kommt es bis zu 20-mal häufiger zu einem Schwangerschaftsdiabetes als bei normalgewichtigen Frauen.

Übergewicht oder starkes Übergewicht (Adipositas) und Bewegungsmangel verstärken die hormonell bedingte Insulinresistenz, die bei jeder Schwangerschaft auftritt. Wie das passiert, ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird, dass Fettzellen, neben ihrer Funktion als Energiespeicher, auch selbst Stoffe in den Körper abgeben. Diese können die Insulinresistenz der Zellen fördern. Hinzu kommt, dass Bewegungsmangel die Wirkung von Insulin auf die Muskelzellen abschwächt. 

Gut zu wissen:

Bei Kinderwunsch sollten Frauen bereits vor der Schwangerschaft auf ein Normalgewicht achten.

Wenn die Insulinresistenz während der Schwangerschaft nicht mit einer erhöhten Insulinproduktion vom Körper ausgeglichen werden kann, kommt es zu erhöhten Blutzuckerwerten – einer sogenannten gestörten Glukosetoleranz. In der Folge entsteht Schwangerschaftsdiabetes.


4. Welche Rolle spielt die genetische Veranlagung bei Schwangerschaftsdiabetes?

Ein weiterer Risikofaktor für Schwangerschaftsdiabetes liegt in den Erbanlagen (Genen). Dabei spielen vor allem Veränderungen in der Erbanlage eine Rolle, die die Insulinempfindlichkeit herabsetzen. Eine solche Insulinresistenz ist charakteristisch für Schwangerschaftsdiabetes.

Andere Gen-Veränderungen hindern die Bauchspeicheldrüse daran, ausreichend Insulin zu produzieren. Eine herabgesetzte Insulinempfindlichkeit in Kombination mit einer eingeschränkten Insulinproduktion führt zu einem relativen Insulinmangel.

Kurz erklärt:

Gene, Übergewicht und Bewegungsmangel spielen eine wichtige Rolle für die Entstehung von Schwangerschaftsdiabetes.

Eine einzelne Genveränderung oder das Vorkommen von Typ-2-Diabetes in der Familie muss noch nicht zu Schwangerschaftsdiabetes führen. Kommen jedoch mehrere Faktoren zusammen, kann dies ein erhöhtes Diabetes-Risiko bedeuten. Insbesondere bei bereits bestehendem Übergewicht kann es dann zu einem überlasteten Stoffwechsel und so zu einem Schwangerschaftsdiabetes kommen.

Mittlerweile wird auch die Epigenetik als möglicher Risikofaktor von Schwangerschaftsdiabetes erforscht, also chemische Veränderungen auf dem Erbgut, die im Lauf eines Lebens entstehen.

Mehr zur Forschung bei Schwangerschaftsdiabetes finden Sie hier.


Epigenetik: Ernährung der Eltern beeinflusst Typ-2-Diabetes-Risiko der Kinder

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Quellen:

Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: S3-Leilinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM) - Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Langfassung. 2. Auflage. 2018
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: S3-Leilinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM) - Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Patientinnenempfehlung. 2. Auflage. 2018 
Kim, M. K. et al.: Pregnancy smoking and the risk of gestational diabetes requiring insulin therapy. In: Sci Rep, 2020, 10: 13901
Mora-Janiszewska, O. et al.: Epigenetic Links between Microbiota and Gestational Diabetes. In: Int J Mol Sci, 2022, 23: 1831
Plows, J. F. et al.: The Pathophysiology of Gestational Diabetes Mellitus. In: Int J Mol Sci, 2018, 19: 3342
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus: Genetik des Gestationsdiabetes. (Letzter Abruf: 14.12.2022)
Stand: 14.12.2022