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Schulung bei Diabetes Typ 2

Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Sebastian Meyhöfer

Der Alltag mit Typ-2-Diabetes ist nicht immer leicht. In einer Diabetes-Schulung lernen betroffene Personen, mit ihrer Erkrankung umzugehen und neue Situationen zu meistern. Ein wichtiges Ziel von Schulungen ist es, bei den Änderungen im Lebenswandel zu unterstützen, die bei Typ-2-Diabetes oft notwendig sind. Zudem sollen sie die Lebensqualität erhöhen und dabei helfen, sowohl akute Notfälle als auch langfristige Folgeerkrankungen des Diabetes zu verhindern.

Menschen mit Typ-2-Diabetes kümmern sich im Alltag weitestgehend selbst um ihre Behandlung. Zwar verschreibt die Ärztin oder der Arzt nach der Diagnose geeignete Medikamente und erstellt eine auf den Einzelfall abgestimmte Ernährungs- und Bewegungstherapie. Danach müssen Patientinnen und Patienten aber selbst dafür Sorge tragen, dass sie auf ihren Blutzucker achten und Änderungen im Lebensstil umsetzen. Schulungen leisten dabei eine wichtige Unterstützung.

Jede Patientin und jeder Patient mit Typ-2-Diabetes sollte nach der Diagnose eine Diabetes-Schulung besuchen. Den Nutzen belegen Studien: Menschen mit Diabetes, die an einer Schulung teilgenommen haben, profitieren von besseren Blutzuckerwerten sowie einem Gewinn an Lebensqualität und waren seltener von Depressionen betroffen.

Gut zu wissen:

Wer in einem Disease-Management-Programm (DMP) zu Typ-2-Diabetes eingeschrieben ist, hat das Recht aber auch die Pflicht, an zertifizierten Schulungen teilzunehmen. Für alle anderen Menschen mit Typ-2-Diabetes ist die Teilnahme an Diabetes-Schulungen freiwillig.



1. Wie laufen Schulungen für Menschen mit Diabetes Typ 2 ab?

Die Schulungen finden meist in diabetologischen Schwerpunktpraxen oder in Kliniken sowie manchmal auch in Hausarztpraxen statt. In der Regel handelt es sich um Gruppenschulungen mit etwa 4 bis 10 Teilnehmerinnen oder Teilnehmern. Durchgeführt werden die Schulungen von Ärztinnen und Ärzten, Diabetesberaterinnen und -beratern oder auch von Diabetesassistentinnen und -assistenten. Auch Hersteller von Diabetes-Technologien führen mittlerweile Schulungen zu ihren Produkten durch – oft finden diese Schulungen online statt.

Gut zu wissen:

Diabetesberaterinnen und -berater in Arztpraxen führen nicht nur Diabetes-Schulungen durch. Sie sind auch Ansprechpersonen bei Problemen mit der Diabetes-Therapie und -Technologie und geben viele Tipps für den Alltag mit Diabetes.

Informationen zu Schulungsangeboten in der Nähe erhalten Patientinnen und Patienten von dem behandelnden Diabetes-Team oder auch von der Krankenkasse. Die Anmeldung zu einer Schulung kann durch die Praxis oder auch eigenständig erfolgen.

Wie lange dauern Diabetes-Schulungen?

Die Dauer der Schulungen ist je nach Thema unterschiedlich. In der Regel umfasst eine Schulung mehrere Unterrichtseinheiten zu je 45 oder 90 Minuten, die auf mehrere Tage oder Wochen aufgeteilt sind. Sie finden vormittags, nachmittags oder auch abends statt. Manchmal werden auch ganze Schulungstage angeboten. Einen Rechtsanspruch auf Freistellung von der Arbeit für die Kursteilnahme gibt es nicht. Betroffene Personen sollten notwendige Abwesenheiten wegen einer Diabetes-Schulung mit dem Arbeitgeber besprechen.

Werden digitale Schulungen bei Diabetes Typ 2 angeboten?

Während der Coronavirus-Pandemie gab es in einigen Regionen Deutschlands Ausnahmeregelungen. So konnten auch Schulungen online durchgeführt werden. Ob das auch in Zukunft möglich ist, wird gegenwärtig noch diskutiert.

Gut zu wissen:

Auch das Umfeld sollte bei den Schulungen zu Typ-2-Diabetes einbezogen werden: Für Angehörige und Freunde besteht die Möglichkeit, ebenfalls an den Schulungen teilzunehmen. Sprechen Sie Ihr Diabetes-Team darauf an.

Zudem hat der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) ein Schulungsprogramm für Angehörige von erwachsenen Menschen mit Diabetes entwickelt. „DiaLife – zusammen Leben mit Diabetes“ steht sowohl für Typ-2-Diabetes als auch für Typ-1-Diabetes zur Verfügung.


2. Was sind Inhalte von Schulungen bei Diabetes Typ 2?

In Deutschland gibt es verschiedene Schulungsprogramme für Menschen mit Diabetes, die vom Bundesversicherungsamt (BVA) und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zertifiziert werden.

Das Wort „Schulung“ mag bei manchen die Vorstellung von trockenem Frontalunterricht wie zu Schulzeiten hervorrufen. Zwar ist Vermittlung von Grundwissen über die Krankheit (Was ist Typ-2-Diabetes überhaupt? Wie wird er behandelt? Welche Begleit- und Folgeerkrankungen gibt es?) ein Bestandteil der Schulungen, sie bildet aber nicht den Schwerpunkt.

Moderne Diabetes-Schulungen verstehen sich eher als Training. Die Kursleitung vermittelt den Teilnehmenden vor allem mit Hilfe von Übungen und Beispielen die Kenntnisse praxisnah, die im Alltag mit Typ-2-Diabetes wichtig sind. Hier reicht die Bandbreite vom richtigen Vorgehen bei der Blutzuckerkontrolle und Ratschlägen, wie sich eine gesündere Ernährung und mehr Bewegung konkret umsetzen lassen, bis hin zu Tipps zum richtigen Verhalten bei Notfällen wie einer Unterzuckerung. Moderne Diabetes-Schulungen gehen dabei auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden ein. Zudem können die Teilnehmenden ihre individuellen Erfahrungen mit in den Kurs einbringen und eigene Wünsche formulieren.

Auch psychische Aspekte der Erkrankung spielen eine wichtige Rolle in der Schulung. So lernen die Teilnehmenden, wie sie den Typ-2-Diabetes besser akzeptieren und sich motivieren können, die Therapie über einen längeren Zeitraum hinweg durchzuführen. Auch soziale und rechtliche Themen wie Autofahren, Berufstätigkeit und Schwerbehinderung werden im Rahmen der Diabetes-Schulung angesprochen.

Das lernen Patientinnen und Patienten in der Diabetes-Schulung:

Empowerment: Die Behandlung in die eigene Hand nehmen

In den Schulungen steht die Idee des „Selbstmanagements“ im Zentrum: Menschen mit Typ-2-Diabetes sollen als mündige Personen die Fähigkeit erhalten, sich aktiv mit der Krankheit auseinanderzusetzen und selbstständig im Alltag Entscheidungen hinsichtlich der Behandlung zu treffen.

Im Sinne des „Empowerments“ lernen die Teilnehmenden einer Diabetes-Schulung deshalb auch, sich eigene Ziele für die Behandlung zu setzen, die sie mit realistischem Aufwand erreichen können und wollen.


3. Welche Schulungsprogramme gibt es bei Diabetes Typ 2?

Für Menschen mit Typ-2-Diabetes gibt es verschiedene Schulungsprogramme. Basisschulungen behandeln grundlegende Fragen zur Therapie und dem Alltag mit Diabetes. In anderen Schulungen geht es um spezifische Situationen oder Probleme. Je nach Programm umfasst eine Basisschulung etwa 4 bis 12 Kurseinheiten.

 

Beispiele für zertifizierte Schulungsprogramme (mit ungefähren Angaben der Kursstunden) sind:

Basisschulungen:

  • Schulungsprogramm für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die nicht Insulin spritzen (4 Kursstunden à 90 Minuten)
  • Schulungsprogramm für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die Insulin spritzen (5 Kursstunden à 90 Minuten)

Weiterführende Schulungen:

  • Schulungsprogramm für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die nicht Insulin spritzen
  • Schulungsprogramm für Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer nicht-intensivierten Insulintherapie
  • Schulungsprogramm für Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer intensivierten Insulintherapie
  • Schulungsprogramm für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die Normalinsulin spritzen

Schulungen zu spezifischen Situationen:

 

Im Laufe der Zeit werden weitere Schulungsprogramme entwickelt und zertifiziert. Eine Übersicht zu Schulungsprogrammen bei Diabetes bietet die Deutsche Diabetes Gesellschaft an.

Gut zu wissen:

Für Menschen mit Typ-2-Diabetes stehen Online-Trainings unter https://dmp-onlinetraining.de/ gratis zur Verfügung. Damit lässt sich das in den Schulungen erworbene Wissen auffrischen.


4. Wer übernimmt die Kosten für die Diabetes-Schulung?

Bei Interesse an einer Schulung sollten Menschen mit Diabetes sich an die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt wenden. Oft ist die Schulung Teil eines Disease-Management-Programms (DMP). Ist die Schulung Teil eines DMPs, erstatten die Krankenkassen die Kosten für anerkannte (zertifizierte) Schulungen. Das gilt sowohl für Basisschulungen als auch für alle anderen (Auffrischungs-) Schulungen.

Ansonsten sollten Patientinnen und Patienten bei ihrer Krankenkasse nachfragen. In der Regel ist die Kostenübernahme durch die Krankenkasse kein Problem. Privatpatientinnen und -patienten müssen entsprechende Anträge bei ihrer Krankenversicherung stellen. Im Zweifel lohnt sich ein Anruf bei der eigenen Krankenkasse, um zu klären, ob die Kosten tatsächlich übernommen werden.

Weitere Informationen zur Kostenerstattung bei Diabetes finden Sie hier.


5. Wann ist eine erneute Schulung sinnvoll?

Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten eine Basisschulung zeitnah nach der Diagnose besuchen. Auch zu einem späteren Zeitpunkt kann eine Schulung sinnvoll sein. Das ist vor allem der Fall bei:

 

Bei dem Wunsch nach einer neuen Schulung können Patientinnen und Patienten ihre Ärztin oder ihren Arzt darauf ansprechen. Für jeden der oben genannten Fälle gibt es einen passenden Kurs – entweder eine erneute Basisschulung oder eine der spezifischen Schulungen.

Quellen:

Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Diabetes – Strukturierte Schulungsprogramme. Langfassung. 1. Auflage. Version 4. 2016 (Gültigkeit abgelaufen, in Überarbeitung)
Deutsche Diabetes Gesellschaft: Anerkannte Schulungs- und Behandlungsprogramme nach den Richtlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). (Letzter Abruf: 12.05.2023)
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2023. Kirchheim Verlag, Mainz, 2023
Ellis, S. E. et al.: Diabetes patient education: a meta-analysis and meta-regression. In: Patient Educ Couns, 2004, 52: 97-105
Gemeinsamer Bundesausschuss: DMP-Anforderungen-Richtlinie: Ausnahmeregelungen für Schulungen und Dokumentationen aufgrund der COVID-19-Pandemie. 2020 (Letzter Abruf: 12.05.2023)
Kulzer, B. et al.: Psychosoziales und Diabetes (Teil 1). In: Diabetologie, 2013; 8: 198-242 (Gültigkeit abgelaufen, in Überarbeitung)
Minet, L. et al.: Mediating the effect of self-care management intervention in type 2 diabetes: a meta-analysis of 47 randomised controlled trials. In: Patient Educ Couns, 2010, 80: 29-41
Odgers-Jewell, K. et al.: Effectiveness of group-based self-management education for individuals with type 2 diabetes: A systematic review with meta-analyses and meta-regression. In: Diabet Med, 2017, 34: 1027-1039
Stand: 12.05.2023