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Welche Risiken kann Schwangerschaftsdiabetes für das Kind haben?

Wissenschaftliche Unterstützung: PD Dr. Sandra Hummel

Die meisten Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) haben trotz der erhöhten Blutzuckerwerte eine normale Schwangerschaft und bringen ein gesundes Kind zur Welt.

Sind die Blutzuckerwerte jedoch dauerhaft erhöht, kann es zu gesundheitlichen Folgeschäden für Mutter und Kind sowie Komplikationen bei der Geburt kommen. Auch das Risiko für Übergewicht und Typ-2-Diabetes steigt für das Kind.

Mit einer Anpassung des Lebensstils – am besten bereits vor der Schwangerschaft – können die Risiken für Mutter und Kind verringert werden. Auch der Lebensstil des Vaters trägt zur Gesundheit des Kindes bei.

Welche gesundheitlichen Folgen kann Schwangerschaftsdiabetes für das Kind haben?

Bei einer Schwangerschaft verändert sich der mütterliche Stoffwechsel, um das heranwachsende Kind mit ausreichend Energie zu versorgen. Bekommt das ungeborene Kind allerdings über längere Zeit zu viel Zucker über die Nabelschnur, können verschiedene Bereiche im kindlichen Körper beeinflusst werden. Zudem kann es zu einer Frühgeburt kommen.

Geburtsgewicht: Gelangt dauerhaft zu viel Zucker in den Körper des heranwachsenden Kindes, stellt die kindliche Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin her. Das blutzuckersenkende Hormon ist auch eines der wichtigsten Wachstumshormone und regt die Fetteinlagerung an. Als Folge steigt der Körperfettanteil des Kindes. Das Ungeborene kann daher übermäßig wachsen und ein höheres Geburtsgewicht erreichen (über 4.000 Gramm). Dies kann die Geburt erschweren oder einen Kaiserschnitt erfordern.

Geburtskomplikationen: Bei Kindern mit erhöhtem Gewicht kann es bei der Geburt eher dazu kommen, dass die kindliche Schulter nicht durch den Geburtskanal passt und der Geburtsvorgang stoppt. Dieser Notfall muss von erfahrenen Geburtshelferinnen und -helfern behandelt werden.

Direkt nach der Geburt: Kinder von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes können direkt nach der Geburt Anpassungsprobleme haben. In seltenen Fällen kommt dies auch vor, wenn der Schwangerschaftsdiabetes optimal eingestellt ist.

Solche Anpassungsprobleme können unter anderem sein:


Aus diesem Grund werden die Babys nach der Geburt von Neugeborenen-Ärztinnen und -Ärzten beobachtet. Außerdem wird eine sogenannte Frühfütterung 30 Minuten nach der Geburt empfohlen. Am besten geschieht dies durch eine Stillmahlzeit. Ist das Anlegen an der Brust nicht möglich, sollte alternativ Säuglingsmilchnahrung oder Kolostrum gegeben werden. Kolostrum, auch als Vor- oder Erstmilch bekannt, wird von der Mutter bereits vor der Geburt gewonnen und zur Entbindung mitgebracht. 

Das Informationsblatt „Sammeln von Kolostrum in der Schwangerschaft“ vom Berufsverband der Frauenärzte (BVF) bietet einen praktischen Überblick.

Welche Rolle spielt das Gewicht der Mutter?

Der Body-Mass-Index (BMI) vor der Schwangerschaft sowie die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft haben einen Einfluss auf das Kind und die Geburt. Eine übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist unter anderem verbunden mit einer erhöhten Rate an Schwangerschaftsbluthochdruck, einer Verstärkung der Wehen und einem erhöhten Geburtsgewicht des Neugeborenen. Ein Kaiserschnitt kann dann notwendig werden. Auch langfristig haben die Kinder ein erhöhtes Risiko für Übergewicht.

Das US-amerikanische Institut für Medizin (Institute of Medicine, IOM) gibt Empfehlungen, wie viel Gewicht Frauen während der gesamten Schwangerschaft zunehmen sollten. Ärztinnen und Ärzte weltweit orientieren sich an diesen Leitlinien.

Gut zu wissen:

Eine rechtzeitige Diagnose, Lebensstilanpassung der werdenden Mutter und eine fachärztliche Behandlung können die Folgen von Schwangerschaftsdiabetes für das Kind verhindern.

Die Leitlinien empfehlen Frauen:

  • Bei Untergewicht vor der Schwangerschaft (Body-Mass-Index (BMI) unter 18,5) zwischen 12,5 und 18 kg während der gesamten Schwangerschaft zuzunehmen
  • Bei Normalgewicht vor der Schwangerschaft (BMI zwischen 18,5 und 24,9) zwischen 11,5 und 16 kg während der gesamten Schwangerschaft zuzunehmen
  • Bei Übergewicht vor der Schwangerschaft (BMI zwischen 25 und 29,9) zwischen 7 und 11,5 kg während der gesamten Schwangerschaft zuzunehmen
  • Bei Adipositas vor der Schwangerschaft (BMI über 30) zwischen 5 und 9 kg während der gesamten Schwangerschaft zuzunehmen

Der BMI errechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm (kg), geteilt durch die Körpergröße in Meter (m) zum Quadrat: BMI = (Gewicht in kg) / (Größe in m)².

Welche langfristigen Folgen kann Schwangerschaftsdiabetes für das Kind haben?

Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass ein mütterlicher Schwangerschaftsdiabetes die Entwicklung von Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) des Kindes fördern kann. Daneben scheint sich das Risiko für das Kind zu erhöhen, an Typ-2-Diabetes zu erkranken oder das Metabolische Syndrom zu entwickeln.

Durch welche Mechanismen die erhöhten Blutzuckerwerte der Mutter die Wahrscheinlichkeit für späteres Übergewicht, einen Typ-2-Diabetes oder das Metabolische Syndrom beeinflussen, ist noch nicht ausreichend geklärt.

Nicht nur der Lebensstil der Mutter beeinflusst langfristig die kindliche Gesundheit, sondern auch der Lebensstil des Vaters – insbesondere zum Zeitpunkt der Zeugung. Expertinnen und Experten empfehlen deshalb einen gesunden Lebensstil der Eltern, um späteres Übergewicht des Kindes und damit ein höheres Risiko für Typ-2-Diabetes oder das Metabolische Syndrom zu verhindern. Der Lebensstil sollte am besten bereits vor der Schwangerschaftsplanung angepasst und während sowie nach der Schwangerschaft beibehalten werden.

Mehr Informationen zur Vorbeugung und einem gesunden Lebensstil finden Sie in unserem Portal „Diabetes vorbeugen“.

Gut zu wissen:

Ein gesunder Lebensstil der Eltern fördert die Gesundheit des Kindes während und nach der Schwangerschaft. Eltern sollten ihren Lebensstil bereits vor der Schwangerschaft so anpassen, dass sie im Bereich des Normalgewichts liegen.


Quellen:

Crane, J. M. G. et al.: The effect of gestational weight gain by body mass index on maternal and neonatal outcomes. In: J Obstet Gynaecol Can, 2009, 31: 28-35
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: S3-Leilinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM) - Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Langfassung. 2. Auflage. 2018
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: S3-Leilinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM) - Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Patientinnenempfehlung. 2. Auflage. 2018
Hu, Z. et al.: Maternal metabolic factors during pregnancy predict early childhood growth trajectories and obesity risk: the CANDLE Study. In: Int J Obes, 2019, 43: 1914-1922
von Kaisenberg, C. et al. (Hrsg.): Die Geburtshilfe: Schulterdystokie. 6. Auflage. Springer-Verlag (Letzter Abruf: 14.12.2022)
Masalin, S. et al.: Impact of smoking on gestational diabetes mellitus and offspring birthweight in primiparous women. In: Acta Obstet Gynecol Scand, 2020, 99: 1632-1639
Schäfer-Graf, U. et al.: Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge – Kurzfassung der S3-Leitlinie. In: Diabetologie, 2021, 16: S215-S225
Stand: 14.12.2022