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Betriebliches Gesundheitsmanagement: Arbeitswelt gesundheitsförderlich gestalten

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Kurt Rinnert

Arbeitnehmende verbringen täglich oft bis zu 10 Stunden an ihrem Arbeitsplatz. Die Motivation aufzubringen, nach Feierabend Sport zu treiben oder eine frische und ausgewogene Mahlzeit zuzubereiten, ist dadurch für viele oft mühselig. Um die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zu erhöhen, eignet sich für Arbeitgebende der Aufbau eines „gesunden Unternehmens“. Das kann die Gesundheit an sich, die Mitarbeiterbindung und die Attraktivität des Arbeitgebers steigern.

Einzelmaßnahmen – wie ein Lauftreff unter Kolleginnen und Kollegen – können dabei zwar hilfreich sein, zeigen oft aber keine Effekte in Bezug auf die Gesamtbelegschaft. Sinnvoll werden diese einzelnen Module meist erst in einem Gesamtkonzept, dem sogenannten Betrieblichen Gesundheitsmanagement, kurz BGM.



1. Was bedeutet Betriebliches Gesundheitsmanagement?

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) beschreibt einen Managementansatz. Es umfasst das zielgerichtete Planen und Steuern aller auf die Gesundheit der Mitarbeitenden bezogenen Aktivitäten und Prozesse in einer Organisation beziehungsweise einem Unternehmen. Ziel des BGMs ist der Erhalt, aber vor allem auch die Förderung der körperlichen und geistigen Gesundheit aller Mitarbeitenden.


2. Warum ist ein Betriebliches Gesundheitsmanagement sinnvoll?

Ein Betriebliches Gesundheitsmanagement ist sowohl aus Sicht der Arbeitnehmenden (Mitarbeitenden) als auch aus Sicht des Unternehmens sinnvoll und ratsam.

Arbeitnehmende sind häufig in einen streng geregelten Tagesablauf eingebunden: Neben dem Berufsalltag sind sie gegebenenfalls durch ihre Familien (Versorgung, Betreuung, Pflege von Angehörigen) stark beansprucht. Daher ist oft ein hohes Maß an Motivation und Disziplin erforderlich, um in den stressigen (Berufs-)Alltag einen gesunden Lebensstil, insbesondere in Bezug auf Ernährung und Bewegung, einzubauen.

Für ein Unternehmen, egal welcher Größe, stellt das Betriebliche Gesundheitsmanagement eine strategische Ausrichtung dar und dient der Sicherstellung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmenden. Freiwillige oder sogar verbindliche Gesundheitsangebote innerhalb des betrieblichen Umfelds machen Unternehmen für Arbeitssuchende häufig attraktiver. Zudem sind Gesundheitsangebote auch aus individueller Sicht wichtig, um lebensstilbedingten Erkrankungen wie Übergewicht oder Typ-2-Diabetes vorzubeugen.


3. Welche Kriterien tragen zum Erfolg eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements bei?

Damit ein erfolgreiches, gesundheitsförderliches Gesamtkonzept im Unternehmen gewährleistet werden kann, sollten die folgenden grundlegenden Erfolgskriterien beachtet werden:

  • Unterstützung des BGM-Konzeptes durch die Geschäftsleitung und Führungskräfte in Form einer entsprechenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder einer betrieblichen Gesundheitspolitik, zum Beispiel in Form eines strategischen Gesundheitsplans
  • Einbezug der Mitarbeitenden (von der Planung bis zur Durchführung und Bewertung der Maßnahmen)
  • Ausrichtung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements auf betriebliche (zum Beispiel Einfluss des Klimawandels auf die Arbeit) und/oder personenbezogene Risikofaktoren wie Stress oder Rückenprobleme
  • An die Belastungen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasste Programme
  • Ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen mit klar definierten Zuständigkeiten

Zusätzlich kann es hilfreich sein, wenn die Teilnahme der Mitarbeitenden an den Angeboten (zumindest anteilmäßig) als Arbeitszeit angerechnet und/oder erforderliche Materialien, zum Beispiel für einen Entspannungskurs, bereitgestellt werden.

Gut zu wissen:

Von zentraler Bedeutung ist es, dass der BGM-Prozess von allen im Betrieb – von der Geschäftsleitung über Führungskräfte bis hin zu den Mitarbeitenden – genutzt, gelebt und gemeinsam weiterentwickelt wird.


4. Was zeichnet ein gutes Betriebliches Gesundheitsmanagement aus?

Oberstes Ziel eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements ist es, durch Angebote dazu beizutragen, persönliche (verhaltensbedingte) Gesundheitsrisiken der Mitarbeitenden wie Bewegungsmangel und Übergewicht zu reduzieren. Klassische Maßnahmen sind Laufgruppen, Rückenschule, Yoga- und Entspannungskurse oder die Durchführung von Ernährungsberatungen.

Der Schwerpunkt eines modernen und erfolgreichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements liegt in der sogenannten Verhältnisprävention. Das bedeutet, dass die Arbeitsverhältnisse und die Arbeitsumgebung in Bezug auf die Gesundheit der Mitarbeitenden bewertet und bei Bedarf angepasst werden sollten.

Dies umfasst beispielsweise:

  • Eine gesundheitsorientierte Planung und Einrichtung der Tätigkeiten
  • Die regelmäßige Überprüfung auf Gesundheitsbelastungen am Arbeitsplatz mittels Gefährdungsanalyse
  • Eine gesündere Ausrichtung des Kantinenangebotes

Durch Schulungen können Führungskräfte zusätzlich für das Thema sensibilisiert und Mitarbeitende zu sogenannten „Gesundheitslotsen“ ausgebildet werden.

Personalführung und die Gesundheit der Mitarbeitenden hängen eng zusammen: Führungskräfte sollten heutzutage ihre Belegschaft inspirieren und motivieren können, aber auch deren Gesundheit fördern und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz verbessern. Letzteres kann zum Beispiel bereits durch das Bereitstellen von kostenlosem Wasser und einem Obstkorb, insbesondere bei Besprechungen, erreicht werden. Aber auch Gesundheitstage oder die Einrichtung eines Sportraums sowie die Bereitstellung von Materialien wie Yoga-Matten für einen Entspannungskurs können hilfreich sein, um gesundheitsförderliche Haltungen im Unternehmen anzustoßen und zu verankern.

Eine regelmäßige arbeitsmedizinische Beratung im Rahmen einer Wunschvorsorge durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt ist insbesondere für Menschen mit Diabetes zu empfehlen.

Der „Leitfaden Prävention“ bietet im Bereich der Verhaltensprävention die Grundlage für die Förderung von BGM-Programmen über die Krankenkassen. Er unterteilt die Maßnahmen in die 4 Handlungsfelder

  • Bewegungsgewohnheiten
  • Ernährung
  • Stress- und Ressourcenmanagement
  • Suchtmittelkonsum

Gut zu wissen:

Ein gutes BGM-Konzept zeichnet sich dadurch aus, dass es vielfältig ist und sich dabei bestmöglich an den Bedürfnissen der Belegschaft orientiert.


5. Wie können Mitarbeitende ins Betriebliche Gesundheitsmanagement eingebunden werden?

Für ein erfolgreiches Gelingen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements ist es wichtig, dass die Belegschaft in die Prozesse eingebunden wird – und das bereits von Anfang an. Mit Hilfe von Umfragen zu bevorzugten (Präventions-)Angeboten oder der Durchführung von Gesundheits-Workshops zu Beginn der BGM-Einführung, können Mitarbeitende in den Prozess einbezogen und ihre Ideen und Vorschläge berücksichtigt werden. Hierbei können gegebenenfalls auch Gesundheitskassen, lokale Dienstleister und Unternehmen, zum Beispiel bei der Ausrichtung eines Gesundheitstages, unterstützen.

Auch sollten, wenn möglich, Mitarbeitende aus allen Bereichen des Unternehmens, der Betriebs- oder Personalrat sowie die Schwerbehindertenvertretung in die Ausarbeitung des BGM-Konzepts eingebunden werden. Nur so ist es möglich, ein Konzept zu entwickeln, das von allen getragen wird.

Gut zu wissen:

Neben den Angeboten im Betrieb ist es zusätzlich wichtig, dass jede und jeder Einzelne auf einen gesunden Lebensstil achtet. Auf diabinfo.de finden Sie dazu viele Anregungen:

Hier erfahren Sie mehr, wie Sie als Einzelperson aktiver werden können, zum Beispiel mit gezielten Trainingsplänen!

Testen Sie unsere leckeren Rezeptideen, die Sie im Team, aber auch zu Hause ausprobieren können.


6. Welche Finanzierungs- und Bezuschussungsmöglichkeiten gibt es?

Laut §3 Nr. 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können seit 2009 Unternehmen 600,00 Euro pro Mitarbeiterin beziehungsweise Mitarbeiter und Jahr lohnsteuerfrei für Maßnahmen der Gesundheitsförderung einsetzen.

Seit 2015 gibt es über das sogenannte Präventionsgesetz (PrävG) weitere Möglichkeiten, Zuschüsse für BGM-Maßnahmen zu erhalten. Grundlage für die Förderung über die Krankenkassen ist der „Leitfaden Prävention“.


7. Selbstcheck für Unternehmen

Das eigenständige Netzwerk „Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland“ hat als Teil der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), einen Selbstbewertungs-Check und Praxisstandards für Unternehmen entwickelt. Der Selbstbewertungs-Check richtet sich vor allem an kleine und mittlere Unternehmen. Aber auch größere Institutionen erhalten dadurch Anregungen und Ideen.

Mit dem Selbstbewertungs-Check können Interessierte sich systematisch alle Möglichkeiten für die „Gesundheit“ in ihrem Betrieb erschließen sowie die Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen überprüfen. Weitere Informationen, Tipps und Tricks sowie kostenlose Broschüren zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement erhalten Sie unter www.inqa.de.

Nützliche Tipps und Ansprechpartner finden Sie zudem auch bei Ihrer Krankenkasse. Vielleicht haben Sie als Betrieb eine Krankenkasse, bei der Ihre Mitarbeitenden hauptsächlich versichert sind. Treten Sie in Kontakt mit dieser Krankenkasse und vereinbaren Sie einen Gesprächstermin. So erhalten Sie nicht nur eine direkte Ansprechperson im Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement, sondern gegebenenfalls auch die Möglichkeit der Kostenübernahme einzelner (Präventions-)Angebote.

Quellen:

Badura, B. et al. (Hrsg.) (2014): Fehlzeiten-Report 2014. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, ISBN: 978-3-662-43530-4
Badura, B. et al. (Hrsg.) (2010): Betriebliche Gesundheitspolitik. Der Weg zur gesunden Organisation. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, ISBN: 978-3-642-04336-9
GKV-Spitzenverband: Leitfaden Prävention – Handlungsfelder und Kriterien nach § 20 Abs. 2 SGB V zur Umsetzung der §§ 20, 20a und 20b SGB V. 2023
Initiative Neue Qualität der Arbeit: Gesunde Mitarbeiter – gesundes Unternehmen. Eine Handlungshilfe für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. 2019
Naidoo, J. et al. (2003): Lehrbuch der Gesundheitsförderung: Umfassend und anschaulich mit vielen Beispielen und Projekten aus der Praxis der Gesundheitsförderung. 1. Auflage. Verlag für Gesundheitsförderung, Werbach-Gamburg, ISBN: 978-3929798333
Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland (Hrsg.) (2016): INQA-Check „Gesundheit“. 1. Auflage. Druckerei Kettler, Bönen, ISBN: 978-3-940506-44-3
Oppolzer, A. (2010): Gesundheitsmanagement im Betrieb. Integration und Koordination menschengerechter Gestaltung der Arbeit. 1. Auflage. VSA, Hamburg, ISBN: 978-3899653946
Oppolzer, A.: Betriebliche Gesundheitspolitik und betriebliches Gesundheitsmanagement. In: Z Sozialreform, 2005, 51: 51-57
Stand: 08.09.2023