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Was muss bei Diabetes in Ausbildung und Beruf beachtet werden?

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Kurt Rinnert

Eine Diabetes-Erkrankung wirkt sich meistens nicht auf die Berufswahl oder den bestehenden Job aus. Es kommt sehr selten vor, dass sich jemand aus diesem Grund versetzen oder umschulen lassen muss. Nur wenige Berufe sind für Personen mit Diabetes ungeeignet. Jungen Menschen stehen fast alle Berufe zur Wahl. Ein gutes Blutzuckermanagement ist im Job bedeutend, denn besonders Unterzuckerungen können zu Schwierigkeiten führen. Daher ist es wichtig, die individuelle Situation mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt zu besprechen.

Muss die Dia­be­tes-Er­kran­kung er­wähnt wer­den?

Wahrheitsgemäß Auskunft über die Diabetes-Erkrankung muss dann gegeben werden, wenn sie Einfluss auf den konkreten Job hat. Dies ist unter anderem relevant, wenn blutzuckersenkende Medikamente (zum Beispiel Sulfonylharnstoffe, Glinide) oder Insulin verwendet werden. Denn schwere Unterzuckerungen können eine Gefahr für Betroffene selbst oder andere Menschen sein. Für folgende Berufsfelder kann das zutreffen:

  • Transport von Personen (zum Beispiel Pilot von Kleinflugzeugen)
  • Überwachung und Aufsicht mit alleiniger Verantwortung für das Leben von anderen Menschen (zum Beispiel Notärztinnen und Notärzte)
  • Gebrauch von Waffen (zum Beispiel Sondereinsatzkommando der Polizei)
  • Arbeiten mit Absturzgefahr oder an anderen gefährlichen Arbeitsplätzen (zum Beispiel Industriekletterer)
  • Arbeiten im Überdruck (zum Beispiel Berufstaucher)

Hat der Diabetes hingegen keinen Einfluss auf den Job, liegt die Entscheidung bei jedem selbst, ob er oder sie Führungskräfte oder Kolleginnen und Kollegen über die Diabetes-Erkrankung informiert.

Eine Behinderung oder Schwerbehinderung muss nur dann mitgeteilt werden, wenn dadurch die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen durchgeführt werden kann. Eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn der Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt.

Hier erfahren Sie mehr über einen Schwerbehindertenstatus bei Diabetes!

Gut zu wissen:

Arbeitsplatzwechsel wegen Diabetes sind äußerst selten.

Abgesehen von der rechtlichen Situation kann es hilfreich sein, Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen offen von der Krankheit zu erzählen. Es kann sonst zu Missverständnissen oder Konflikten kommen, wenn man versucht, das Blutzuckermessen, Insulinspritzen oder die Ernährungsumstellung zu verheimlichen.

Was müssen junge Menschen bei der Berufswahl beachten?

Beim Berufseinstieg stehen alle Berufe und Tätigkeiten zur Wahl, die nach Neigung, Begabung und praktischen Fähigkeiten geeignet sind. Nur schwerwiegende Folge- und Begleiterkrankungen können diese Wahlmöglichkeit einschränken. Dabei sollte immer die individuelle Situation betrachtet werden.

Innovative Therapieoptionen mit kontinuierlicher Gewebezuckermessung (CGM), Schulungen und neuen Medikamenten helfen, die Behandlung zu verbessern und eine individuelle Anpassung der Diabetes-Therapie an den Beruf zu ermöglichen.

Auch in der Ausbildung muss ein Typ-1-Diabetes keine Auswirkungen auf den angestrebten Abschluss haben. Manchmal sind bestimmte Tätigkeiten, die für Menschen mit Diabetes ungeeignet sind, zwar Teil der Ausbildung, kommen im späteren Berufsalltag jedoch nicht vor. In diesen Fällen können Teile der Ausbildung ausgespart werden.

Gut zu wissen:

Die berufliche Karriere sollte sich an den Fähigkeiten und Neigungen orientieren, nicht am Diabetes.

Die meisten leistungseinschränkenden oder gefährdenden Probleme im Job entstehen durch Unterzuckerungen. Darüber hinaus können Begleit- und Folgeerkrankungen die Arbeit erschweren. Beispielsweise leidet bei einer diabetischen Augenerkrankung die Sehkraft und bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen können Herzrhythmusstörungen zu Ohnmacht führen. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes können eine erhöhte Tagesschläfrigkeit (Schlaf-Apnoe-Syndrom), Fettleibigkeit oder Bluthochdruck die Leistungsfähigkeit einschränken.

Hier erfahren Sie mehr über Begleit- und Folgeerkrankungen von Diabetes!

Auch die Art der Arbeit kann ein Risiko für Menschen mit Diabetes sein. Für Menschen, deren Arbeitstage immer sehr unterschiedlich ablaufen und schwer planbar sind, kann die Blutzuckereinstellung besonders herausfordernd sein.

Gut zu wissen:

Neben Unterzuckerungen haben Begleit- und Folgeerkrankungen den größten Einfluss auf den Beruf.

In den meisten Fällen kann diese Frage mit „Ja“ beantwortet werden. Zunächst sollten Menschen mit Diabetes gemeinsam mit der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Wunschvorsorge prüfen, ob der Diabetes den Berufsalltag beeinflusst. Manchmal können sie nur mit kleinen Anpassungen weiterhin die bisherigen Aufgaben erledigen. So bleibt auch die Erfahrung dem Unternehmen erhalten.

Bei einem Typ-2-Diabetes beeinflusst eine Therapie mit reiner Lebensstilumstellung oder Medikamenten, die keine Unterzuckerung auslösen, meist wenig den Beruf. Müssen Menschen mit Diabetes blutzuckersenkende Medikamente (zum Beispiel Sulfonylharnstoffe, Glinide) einnehmen oder Insulin spritzen, können Anpassungen notwendig werden. Das gilt auch für Menschen mit Typ-1-Diabetes. Es gibt viele Möglichkeiten, die Behandlung nach den beruflichen Anforderungen zu richten. Helfen können beispielsweise die kontinuierliche Gewebezuckermessung (CGM), Schulungen oder neue Medikamente oder Insuline. Erst danach sollte nachgedacht werden, umzuschulen.

Ein Kündigungsgrund ist die Diabetes-Erkrankung grundsätzlich nicht. Bei Betrieben mit mehr als 10 Angestellten müssen für eine Kündigung immer sogenannte verhaltensbezogene, personenbezogene oder betriebsbedingte Gründe vorliegen. Dazu zählt der Diabetes nicht. Kleinere Unternehmen mit bis zu 10 Angestellten unterliegen jedoch nicht diesem Kündigungsschutzgesetz.

Menschen mit einem Schwerbehindertenstatus haben besonderen Kündigungsschutz und können sich von der Schwerbehindertenvertretung beraten und unterstützen lassen.

Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer Rubrik Diabetes und Rechtliche Fragen!

Rehabilitation

Bei akuten oder chronischen Erkrankungen kann es soweit kommen, dass man sich dem beruflichen Alltag nicht mehr gewachsen fühlt. Um die Gesundheit wieder herzustellen und den Menschen eine Wiedereingliederung in die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, bietet die Deutsche Rentenversicherung ein flächendeckendes Angebot an Rehabilitationsplätzen an. Sie möchten wissen, welche Möglichkeiten der Rehabilitation es gibt, welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein müssen und wie Sie eine Rehabilitation beantragen können? Umfangreiche Informationen zu den Rehabilitationsleistungen der Deutschen Rentenversicherung finden Sie hier. 

Rehabilitation ist besonders entscheidend für Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen. Durch geeignete Maßnahmen können gesundheitliche Probleme bewältigt werden, so dass die Chancen für die Kinder und Jugendlichen steigen, später aktiv am Arbeitsleben teilhaben zu können. Die Deutsche Rentenversicherung bietet umfassende Informationen zu den Rehabilitationsleistungen für Kinder und Jugendliche an. 

Quellen:

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.) (2012): Leitfaden für Betriebsärzte zu Diabetes und Beruf. 2. Auflage. Berlin, ISBN: 9783864230554
Deutsche Rentenversicherung: Warum Reha? (Letzter Abruf: 17.08.2020)
Deutsche Rentenversicherung: Reha für Kinder und Jugendliche (Letzter Abruf: 17.08.2020)
Diabetes@Work: Fachärztliche Checkliste für eine arbeitstaugliche Diabetes-Therapie. (Letzter Abruf 29.08.19)
Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V.: Ich bin doch nicht aus Zucker! Wie sich die berufliche Teilhabe von Menschen mit Diabetes mellitus gestalten lässt. REHADAT Wissensreihe, 2016, Ausgabe 5
Stand: 07.11.2019