Der Nutri-Score: Orientierung beim Lebensmittelkauf
Wissenschaftliche Unterstützung: Theresa Kössler
Eine unausgewogene Ernährung trägt neben mangelnder Bewegung zu einer Vielzahl von Krankheiten wie starkem Übergewicht (Adipositas), Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes bei. Zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil gehört daher auch, sich ausgewogen und gesund zu ernähren.
Gerade angesichts der großen Vielfalt an verarbeiteten Lebensmitteln ist es beim Einkauf jedoch häufig schwierig, auf den ersten Blick zu erkennen, ob die Nährwertzusammensetzung des Lebensmittels günstig ist. Hier kommt der Nutri-Score ins Spiel: Als leicht verständliches Label kann er helfen, die Nährwertqualität von Lebensmitteln einer Produktgruppe besser zu vergleichen.

Inhaltsverzeichnis
1. Was ist der Nutri-Score?
Der Nutri-Score ist ein Label zur Nährwertkennzeichnung. Es wurde entwickelt, um die Nährwertqualität vorverpackter Lebensmittel auf einen Blick zumindest grob erfassen zu können. Sein Ziel ist es, Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Transparenz beim Einkaufen zu bieten und sie bei der Wahl gesünderer Lebensmittel zu unterstützen. So soll der Nutri-Score dabei helfen, die ernährungsphysiologisch günstigere Option innerhalb einer Produktkategorie zu erkennen und damit zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen.
Entwickelt wurde der Nutri-Score von Forschenden der Sorbonne-Universität in Frankreich. Das Kennzeichnungssystem basiert auf einem wissenschaftlich fundierten Algorithmus. Frankreich führte den Nutri-Score im Jahr 2017 auf freiwilliger Basis ein. In Deutschland können Unternehmen ihre vorverpackten Lebensmittel seit November 2020 rechtssicher mit dem Nutri-Score kennzeichnen. Derzeit verwenden ebenfalls Belgien, Luxemburg, die Schweiz, die Niederlande und Spanien den Nutri-Score. Trotz seiner zunehmenden Verbreitung ist die Nutzung des Nutri-Scores in der EU freiwillig. Das geltende EU-Recht erlaubt es nicht, Herstellern die erweiterte Nährwertkennzeichnung verpflichtend vorzuschreiben. Seine Anwendung gilt daher derzeit nur als eine „Empfehlung“.
Gut zu wissen:
Bis April 2025 haben sich in Deutschland rund 960 Unternehmen mit mehr als 1.420 Marken für die Verwendung des Nutri-Scores registriert.
RAL LOGO Lizenz ist vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) offiziell als nationaler Regulator beauftragt. Die unabhängige Institution kontrolliert in Deutschland, dass Unternehmen den Nutri-Score ordnungsgemäß anwenden.
Die Kennzeichnung des Nutri-Scores bewertet verpackte und verarbeitete Lebensmittel bezüglich ihrer Nährstoffzusammensetzung. Unverarbeitete Produkte, die nur aus einer Zutat bestehen, wie frisches Obst und Gemüse, aber auch Kräuter, Kaffeebohnen, Tees und Kaugummi benötigen keine Nährwertkennzeichnung und tragen damit in der Regel auch keinen Nutri-Score.
2. Wie wird der Nutri-Score ermittelt?
Der Nutri-Score basiert auf einem Punktesystem, das die Nährstoffzusammensetzung eines Lebensmittels pro 100 Gramm oder Milliliter bewertet. Eine 5-stufige Farbskala (von A bis E) soll anzeigen, wie ernährungsphysiologisch günstig oder ungünstig die Nährstoffzusammensetzung des jeweiligen Lebensmittels ist.
In die Bewertung gehen ein:
- Ungünstige Bestandteile wie der Energiegehalt (Kalorien), der Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz. Für diese Nährwertbestandteile wird jeweils eine bestimmte Punktzahl vergeben – von 0 (optimal) bis 40 (ungünstig).
- Günstige Bestandteile wie der Obst- und Gemüseanteil, Ballaststoffe, Proteine und Nüsse. Für diese Nahrungsbestandteile werden Punkte abgezogen – von 0 (nichts vorhanden) bis 15 (höhere Menge der vorteilhaften Nährstoffe vorhanden).
Die vergebenen Punktzahlen werden miteinander verrechnet, sodass ungünstige Lebensmitteleigenschaften die Gesamtpunktzahl erhöhen und damit den Nutri-Score verschlechtern. Positive Bestandteile senken hingegen die Gesamtpunktzahl und verbessern dadurch den Nutri-Score. Je niedriger die Gesamtpunktzahl der Nährwertbestandteile sowie des Kaloriengehalts ausfällt, umso besser ist die Nährwertqualität des Produkts und dementsprechend auch der Nutri-Score.
Die Gesamtpunktzahl bestimmt, in welche der 5 Nährwert-Kategorien des Nutri-Scores das Lebensmittel fällt:
- A (dunkelgrün): Beste Bewertung
- B (hellgrün)
- C (gelb)
- D (orange)
- E (rot): Schlechteste Bewertung
Die erreichte Kategorie wird auf der Vorderseite der Verpackung eines Produkts optisch hervorgehoben.
Die höchste Qualitätsstufe erhält somit ein dunkelgrünes A. Enthält das Produkt hingegen sehr viele ungünstige Bestandteile wie Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und/oder Salz, wird es mit einem roten E gekennzeichnet. Konsumentinnen und Konsumenten sollten also aus ernährungsphysiologischer Sicht eher auf A- und B-Produkte als auf D- und E-Produkte innerhalb einer Produktgruppe zurückgreifen.
Das Tool zur wissenschaftlich fundierten Berechnung des Nutri-Scores ist auf der Website des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) auf Englisch öffentlich zugänglich.
Im Internet sind außerdem Apps verfügbar, um den Nutri-Score für verschiedene Produkte anhand der aufgedruckten Nährwertangaben zu ermitteln. Eine entsprechende App bietet beispielsweise die Organisation Open Food Facts an.
3. Was leistet der Nutri-Score?
Der Nutri-Score ermöglicht einen Vergleich
- gleicher Produkte von verschiedenen Herstellern oder Marken, etwa Früchtemüsli von Hersteller A versus Früchtemüsli von Hersteller B.
- unterschiedlicher Sorten eines Produkts, zum Beispiel Erdbeerjoghurt versus Vanillejoghurt.
- von Produkten, die man zum selben Anlass verzehren würde, beispielsweise einen Snack wie Nüsse versus Müsliriegel.
Der Nutri-Score soll so eine schnelle Orientierung darüber bieten, wo Fett- und Zuckerfallen lauern und welche vorverpackten Lebensmittel eher ungünstige oder günstige Nährwertbestandteile enthalten. Nach Befragungen des BMLEH und des Max Rubner-Instituts halten Verbraucherinnen und Verbraucher unter verschiedenen getesteten Modellen der erweiterten Nährwertkennzeichnung den Nutri-Score für am intuitivsten und am leichtesten verständlich.
Gut zu wissen:
Der Nutri-Score kann ein Anreiz für Hersteller sein, ihre Rezepturen so anzupassen, dass sich die Nährstoffzusammensetzung ihrer Produkte verbessert. Die Verwendung des Labels ist für Unternehmen kostenlos. Es zeigt Kundinnen und Kunden, dass die Hersteller Verantwortung für ihre Ernährung übernehmen.
4. Die Weiterentwicklung des Nutri-Scores seit Januar 2024
Ein unabhängiges internationales wissenschaftliches Gremium hat sich in einem mehrstufigen Verfahren mit der Weiterentwicklung des Nutri-Score-Algorithmus beschäftigt. Seit Anfang 2024 gilt die neue Berechnungsgrundlage. Ziel ist es, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und die Ernährungsrichtlinien der beteiligten Länder stärker zu berücksichtigen. Auch die Nährstoffzusammensetzung soll noch differenzierter berechnet werden können, um die Aussagekraft des Nutri-Scores zu verbessern.
Vor allem folgende Änderungen gehen mit dem neuen Algorithmus einher:
- Der Zucker- und Salzgehalt von Produkten wird strenger bewertet.
- Ballaststoffe und günstige Fettsäuren fließen stärker in die Bewertung ein: So können etwa ballaststoffreiche Vollkornbrote besser von Varianten mit einem geringeren Anteil an Ballaststoffen unterschieden werden. Auch pflanzliche Speiseöle, (fettreiche) Fische und weißes Fleisch werden besser bewertet.
- Getränke werden unter einer Kategorie zusammengefasst: Nach dem bisherigen Algorithmus wurden Milch, Milchgetränke und Pflanzendrinks nach der Kategorie der festen Lebensmittel berechnet. Mit dem neuen Algorithmus fallen diese Lebensmittel nun unter den Getränke-Algorithmus. Nur noch Wasser kann die beste Bewertung („A“) erhalten. Zuckerzusätze werden ungünstiger bewertet und auch Süßstoffe in Getränken werden bei der Bewertung berücksichtigt. Getränke mit geringem Zuckergehalt erhalten hingegen bessere Bewertungen.
Unternehmen können ihre Produkte mit dem Nutri-Score auf Basis des weiterentwickelten Algorithmus seit 1. Januar 2024 kennzeichnen. Es gilt für Hersteller eine Übergangsfrist von 2 Jahren, bis zu der sie für bestehende Produkte den Nutri-Score nach dem neuen Algorithmus berechnen müssen. Kritikerinnen und Kritiker mahnen allerdings an, dass mit Blick auf die Verpackung in der Übergangsphase nicht ersichtlich wird, ob ein Produkt nach der neuen oder alten Berechnungsgrundlage bewertet wird.
5. Grenzen des Nutri-Scores
Der Nutri-Score vergleicht vor allem Produkte innerhalb einer bestimmten Lebensmittelgruppe. So haben unterschiedliche Lebensmittel zwar oftmals die gleiche Berechnungsgrundlage, doch ergeben Vergleiche über die jeweilige Produktkategorie hinaus häufig keinen Sinn und haben wenig Aussagekraft. Beispielsweise ist ein Vergleich zwischen 100 Gramm Dosenmais und 100 Millilitern Olivenöl nicht sinnvoll.
Eine Reihe von Studien zeigt, dass der häufige Verzehr von Nahrungsmitteln mit einem ungünstigen Nutri-Score mit einer Gewichtszunahme und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse verbunden ist. Kauft man hingegen ausschließlich „grün“ bewertete Produkte (Nutri-Score A oder B) ein, garantiert das jedoch nicht, dass man sich ausgewogen ernährt. Während sich der Nutri-Score vor allem für stark verarbeitete Lebensmittel eignet, ist er in der Regel nicht auf unverarbeiteten oder nur aus einer Zutat bestehenden Lebensmitteln wie frischem Obst und Gemüse zu finden. Diese sind besonders wichtig für eine ausgewogene Ernährung. Auch für alkoholische Getränke ist der Nutri-Score nicht vorgesehen. Für eine ausgewogene und gesunde Ernährungsweise kommt es darauf an, was über einen längeren Zeitraum insgesamt verzehrt wird.
Gut zu wissen:
Die Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bieten einen guten Überblick für eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung. Lesen Sie hier mehr über die Empfehlungen und wie sie im Alltag umgesetzt werden können.
Der Nutri-Score wurde in seiner Entwicklung auf den Bedarf der Gesamtbevölkerung hin ausgerichtet und ist für Personengruppen, die gezielt auf einzelne Nährstoffe achten müssen oder möchten, nicht geeignet. Hier ist weiterhin ein Blick auf die ausführliche Nährwerttabelle notwendig, die sich meist auf der Rückseite der Lebensmittelverpackung befindet.
Zudem wird auf der Verpackung des Lebensmittels mit Nutri-Score-Label nicht erklärt, wie die Gesamtbewertung zustande kommt. Detaillierte Nährstoffangaben zum Gehalt von Zucker, Salz, Fett oder an Ballaststoffen macht der Nutri-Score nicht. Ein Produkt mit gutem Nutri-Score muss aufgrund der Gesamtbewertung nicht bei jedem Inhaltsstoff gut abschneiden. Auch bleiben manche positiven Inhaltsstoffe wie Vitamine oder Mineralstoffe unberücksichtigt. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln außerdem, dass zahlreiche Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker oder Aromen in der Bewertung nicht enthalten sind.
Die Verwendung des Nutri-Scores ist für Hersteller nach aktueller Rechtsgrundlage innerhalb der EU nicht verpflichtend. Viele Hersteller nutzen daher die freiwillige erweiterte Nährwertkennzeichnung nicht. Eine von Verbraucherorganisationen geforderte verpflichtende Einführung wird derzeit auf EU-Ebene diskutiert.
Quellen:
Aerzteblatt.de: Ungünstiger Nutri-Score erhöht Herz-Kreislauf-Risiko. (Letzter Abruf: 05.08.2025)
Bonaccio, M. et al.: Joint association of food nutritional profile by Nutri-Score front-of-pack label and ultra-processed food intake with mortality: Moli-sani prospective cohort study. In: BMJ, 2022, 378: e070688
Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat: Erweiterte Nährwertkennzeichnung: Verbraucherinnen und Verbraucher wollen Nutri-Score. (Letzter Abruf: 05.08.2025)
Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat: Hilfestellung für Unternehmen – Verwendung des Nutri-Score. (Letzter Abruf: 05.08.2025)
Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat: Internationale Zusammenarbeit beim Nutri-Score. (Letzter Abruf: 05.08.2025)
Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat: Nutri-Score. (Letzter Abruf: 05.08.2025)
Bundeszentrum für Ernährung: Der Nutri-Score – was steckt dahinter? (Letzter Abruf: 05.08.2025)
Deschasaux-Tanguy, M. et al.: Nutritional quality of diet characterized by the Nutri-Score profiling system and cardiovascular disease risk: a prospective study in 7 European countries. In: Lancet Reg Health Eur, 2024, 46: 101006
Donat-Vargas, C. et al.: Five-color Nutri-Score labeling and mortality risk in a nationwide, population-based cohort in Spain: the Study on Nutrition and Cardiovascular Risk in Spain (ENRICA). In: AJCN, 2021, 113: 1301-1311
Stand: 05.08.2025









