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Erfahrungsbericht: Yoga als Unterstützung bei Diabetes

Mittwochnachmittag, 16 Uhr: Eine Gruppe von Seniorinnen und Senioren der Selbsthilfegruppe München versammelt sich im Gymnastikraum der Sporthalle des TSV München-Solln. Aus verschiedenen Stadtteilen und der Umgebung kommend, treffen die Teilnehmenden ein, um in den nächsten 1,5 Stunden gemeinsam Yoga zu praktizieren.

Doch bevor die Einheit beginnt, wird zunächst bei allen der Blutdruck und Puls gemessen. Auch der Blutzuckerspiegel wird bei einigen Teilnehmenden mit einem Mess-System zur kontinuierlichen Glukosemessung (GCM) verfolgt. Diese Routine ist fester Bestandteil des Kurses, denn die große Mehrheit der Teilnehmenden verbindet vor allem eines: Diabetes. 

Ob Typ-1- oder Typ-2-Diabetes vorliegt, ob erst wenige Jahre oder bereits Jahrzehnte seit der Diagnose vergangen sind, Yogalehrerin Anja Orttmann-Heuser versteht es, die unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen und Bedürfnisse der einzelnen Personen zu berücksichtigen. Als Apothekerin, Yogalehrerin und Heilpraktikerin ist sie auf die Arbeit mit Menschen mit chronischen Erkrankungen, insbesondere Diabetes, spezialisiert.

Atem, Bewegung und Achtsamkeit

Der Kurs beginnt mit kleineren Bewegungen im Sitzen, die durch gezielte Atemübungen ergänzt werden. Frau Orttmann-Heuser betont dabei, wie insbesondere die Verbindung von Atem und Bewegung zur Entspannung beitragen kann. Bereits einfache Bewegungsabläufe in Kombination mit bewusster Atmung, wie das Heben und Senken der Arme im Rhythmus des Atems – beim Heben einatmen, beim Senken ausatmen – können eine beruhigende Wirkung entfalten. 

Im weiteren Verlauf des Yogakurses wechseln die Übungen von sitzenden zu stehenden Positionen und schließlich – für jene, die können und möchten – zu einer Einheit im Liegen. Den Abschluss bildet eine ausgedehnte Achtsamkeitsübung: Mit geschlossenen Augen lauschen die Teilnehmenden den Anweisungen der Yogalehrerin, die sie anleitet, ihre Aufmerksamkeit nacheinander auf verschiedene Körperbereiche zu richten, um tiefergehende Entspannung zu erreichen. Zum Ende des Kurses werden erneut Blutdruck und Puls gemessen.

Unterstützung im Umgang mit Diabetes

Alle Teilnehmenden sind sich einig, dass sie den Kursraum nach dem Yoga weniger gestresst und ausgeglichener verlassen, was nicht zuletzt auch der gesenkte Blutdruck und Blutzuckerspiegel zeigen. Stress ist ein bekannter Faktor, der nicht nur den Blutdruck, sondern auch den Blutzuckerspiegel negativ beeinflussen kann. Yoga kann zudem ein idealer Einstieg in weitere sportliche Aktivitäten wie Walken oder Schwimmen sein, besonders für Menschen mit Bewegungseinschränkungen. Ein Teilnehmer hebt hervor: „Ich würde Yoga selbstredend weiterempfehlen, weil es vielen Menschen die Bewegung eröffnen kann“. Einige Teilnehmende sind sich jedoch unsicher, ob sie die gezeigten Übungen auch außerhalb des Kurses regelmäßig in den Alltag integrieren können.

diabinfo-Podcast Die Wirksamkeit von Yoga bei Diabetes (Teil 1 mit Anja Orttmann-Heuser)

In diesem Podcast sprechen wir mit Anja Orttmann-Heuser über die Wirksamkeit von Yoga bei Diabetes. Seit vielen Jahren praktiziert sie Yoga mit chronisch Erkrankten – auch mit Menschen mit Diabetes. Zudem ist sie in Arbeitsgruppen der Deutschen Diabetes Gesellschaft organisiert, um mehr über dieses wichtige Thema aufzuklären. Wir haben 2 Podcastfolgen mit Frau Ottmann-Heuser aufgenommen. In der ersten der beiden Folgen erzählt sie, welche Vorteile die therapeutische Form des Yogas für Menschen mit Diabetes haben kann.

Ob der Yogakurs der Selbsthilfegruppe München auch im nächsten Jahr fortgesetzt werden kann, ist aus finanziellen und organisatorischen Gründen noch unklar. Der Kurs verdeutlicht, dass Yoga eine wirkungsvolle Ergänzung zur Diabetes-Behandlung sein kann. Es hilft nicht nur, den Körper in Bewegung zu bringen und die Beweglichkeit, Balance und Kraft zu verbessern. Ebenfalls fördert Yoga die Entspannung und den Stressabbau – Faktoren, die für Menschen mit chronischen Erkrankungen essenziell sind. Wird Yoga regelmäßig praktiziert, so ein Teilnehmer, kann es dazu beitragen, „mit der damit verbundenen Entspannung besser mit seiner Krankheit umzugehen“. Die Schwierigkeit bleibt jedoch, die Praxis aus der Gruppensituation in den Alltag zu übertragen. Es braucht gezielte Motivation, damit die positiven Effekte des Kurses nicht nur kurzzeitig spürbar sind. 

diabinfo-Podcast Die Wirksamkeit von Yoga bei Diabetes (Teil 2 mit Anja Orttmann-Heuser)

In der 2. Podcastfolge lädt Anja Orttmann-Heuser – Apothekerin, Yogalehrerin und Heilpraktikerin – zu einer praktischen Yogaübung zum Mitmachen ein. Testen Sie es gerne aus!

Yoga als ergänzende Therapie: Ein Ansatz mit Zukunft

Während die Yogatherapie in Deutschland für Menschen mit Diabetes noch wenig verbreitet ist, wird sie in den USA von der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft bereits gezielt als ergänzende Maßnahme empfohlen, um Stress zu reduzieren, den Blutzuckerspiegel zu senken und gesundheitsförderliche Gewohnheiten zu steigern. 

Auch wissenschaftliche Studien der letzten Jahre zeigen, dass eine regelmäßige Yogapraxis dazu beitragen kann, das Risiko für diabetesbedingte Folgeerkrankungen zu senken. Fachleute wie Anja Orttmann-Heuser setzen sich deshalb dafür ein, dass Yoga auch in Deutschland künftig stärker als unterstützende Methode etabliert wird, um Menschen mit Diabetes im Umgang mit ihrer Erkrankung zu unterstützen. 

Quellen:

Danksagung:

diabinfo.de hat den Yogakurs besucht und sich mit Anja Orttmann-Heuser und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterhalten. Sie haben der Veröffentlichung zugestimmt. Hiermit bedankt sich diabinfo.de herzlich für die Zusammenarbeit.

Der Bericht schildert teilweise persönliche Erfahrungen und Eindrücke der Teilnehmenden zu Yoga bei Diabetes.