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Forschung

Unterscheiden sich die Diabetes-Subtypen bezüglich ihrer Immunzellen?

Wissenschaftliche Unterstützung : Prof. Dr. Christian Herder

Die Entdeckung von 5 Subtypen des Diabetes stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Präzisionsmedizin in der Diabetologie dar. Anhand bisheriger Studien ist bekannt, dass die Subtypen sich im Hinblick auf ihr Risiko, diabetesbedingte Folgeerkrankungen zu entwickeln, und in inflammatorischen Biomarkern unterscheiden. Um herauszufinden, ob die Diabetes-Subtypen sich auch in Bezug auf ihre Immunzellen unterscheiden, wurden nun Daten einer prospektiven Kohortenstudie ausgewertet.

 

Einen ausführlichen Basisartikel zu den Subtypen des Diabetes finden Sie hier.

 

Subtypen des Diabetes

In den letzten Jahren erweiterten Forschungsergebnisse die herkömmliche Einteilung in Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Anhand der Analyse mehrerer Parameter (Langzeit-Blutglukosewert (HbA1c), Alter bei Diagnosestellung, Körpergewicht, Vorliegen von Autoantikörpern (GAD) sowie Insulinsekretion und Insulinwirkung) können Menschen mit Diabetes heutzutage 5 Diabetes-Subtypen zugeordnet werden:

  • Schwerer Autoimmun-Diabetes (SAID = severe autoimmune diabetes)
  • Schwerer Insulinmangel-betonter Diabetes (SIDD = severe insulin-deficient diabetes)
  • Schwerer Insulinresistenz-betonter Diabetes (SIRD = severe insulin-resistant diabetes)
  • Moderater Übergewichtsdiabetes (MOD = mild obesity-related diabetes)
  • Moderater Altersdiabetes (MARD = mild age-related diabetes)

 

Rolle der Immunzellen bei Diabetes

Immunzellen spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Diabetes und diabetesbedingten Begleit- und Folgeerkrankungen. Beim Typ-1-Diabetes sind beispielsweise T-Zellen (eine Untergruppe der Immunzellen) mitverantwortlich für die Erkrankung, da sie die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse zerstören können. Bei Typ-2-Diabetes trägt hingegen eine Entzündung durch eine höhere Anzahl von Leukozyten (weiße Blutkörperchen) im Blut zur Entwicklung einer Insulinresistenz bei. Die veränderte Anzahl und Zusammensetzung der Immunzellen spielt neben dem Auftreten des Diabetes an sich auch bei der Entstehung von Komplikationen wie kardiovaskulären Erkrankungen eine wichtige Rolle.

Im Rahmen der Deutschen Diabetes-Studie (GDS) wurde nun untersucht, ob sich die neuen Diabetes-Subtypen auch bezüglich des Blutbildes und spezieller Blutzellen unterscheiden. Mit diesen Daten könnte das unterschiedliche Risiko der Diabetes-Subtypen für diabetesbedingte Folgeerkrankungen besser erklärbar sein. Dafür wurde die Zusammensetzung des Blutes von mehr als 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit neu diagnostiziertem Diabetes (Diagnose vor weniger als einem Jahr) bestimmt.

 

Unterschiede in der Anzahl und Zusammensetzung der Immunzellen

Die Untersuchungen zeigten, dass die Anzahl der Leukozyten beim Subtyp schwerer Insulinresistenz-betonter Diabetes (SIRD) und beim Subtyp moderater Übergewichtsdiabetes (MOD) am höchsten war. Die geringste Anzahl an Leukozyten fanden die Forschenden bei den Teilnehmenden, die dem schweren Autoimmun-Diabetes (SAID) zugeordnet wurden. Dieser Diabetes-Subtyp entspricht im Wesentlichen dem klassischen Typ-1-Diabetes.

Zudem wiesen Personen mit einem schweren Insulinresistenz-betonten Diabetes (SIRD) eine andere Zusammensetzung der T-Zellen auf. Die T-Zellen sind ebenfalls an der Entstehung von diabetesbedingten Komplikationen beteiligt. Daraus schlussfolgern die Forschenden, dass unterschiedliche Zellzusammensetzungen in den einzelnen Subtypen zu Unterschieden in den zugrundeliegenden Entzündungsprozessen führen könnten.

 

Schritt Richtung Präzisionsdiabetologie

Die Ergebnisse tragen dazu bei, die 5 Diabetes-Subtypen anhand ihrer spezifischen Eigenschaften und Verläufe besser charakterisieren zu können. Zudem stellen sie einen weiteren Schritt in Richtung Präzisionsdiabetologie dar. In zukünftigen Studien soll nun untersucht werden, bei welchen Diabetes-Subtypen Entzündungsprozesse eine besonders wichtige Rolle spielen. Dieses Wissen könnte dabei helfen, mögliche neue Therapieansätze zur Diabetes-Prävention zu entwickeln.

 

Quelle:

Ratter-Rieck, J. M. et al.: Leukocyte Counts and T Cell Frequencies Differ Between Novel Subgroups of Diabetes and Associate with Metabolic Parameters and Biomarkers of Inflammation. In: Diabetes, 2021, 70: 2652-2662