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Ramadan

Fasten mit insulinpflichtigem Diabetes

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Theresia Sarabhai

Während des Fastenmonats Ramadan verzichten gläubige Musliminnen und Muslime zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang auf sämtliche Lebensmittel und Getränke sowie Medikamente. Welchen Einfluss hat der verschobene Essrhythmus auf den Blutglukosespiegel und wie hoch ist das Risiko für Hypoglykämien bei Menschen mit einem insulinpflichtigen Diabetes?

 

Fastenmonat Ramadan

Der Ramadan 2023 beginnt am 22. März und endet am 21. April. Das Fasten im Ramadan ist eine der 5 Säulen des Islams. Jede Muslimin und jeder Muslim kann ab Beginn der Pubertät für sich entscheiden, ob sie oder er in dieser Zeit fasten möchte. Musliminnen und Muslime mit Diabetes gehören zu den Personengruppen, die vom Fasten während des Ramadans ausgenommen sind. Viele Gläubige möchten aber trotz chronischer Erkrankung am Ramadan teilnehmen.

Um das gesundheitliche Risiko zu minimieren und schwere Hypo- und Hyperglykämien zu vermeiden, ist ein Austausch mit dem Diabetes-Team vor dem Fasten unerlässlich. In mehreren Studien zeigte sich, dass ausführliche Schulungen vor Beginn des Ramadans sowie eine kontinuierliche Glukosemessung sich positiv auf die Blutglukosekontrolle bei Menschen mit insulinpflichtigem Diabetes auswirken.

 

Studienergebnisse zu Diabetes Typ 1

An einer Beobachtungsstudie in Kuwait nahmen insgesamt 43 Personen mit Typ-1-Diabetes und einer intensiven Insulintherapie oder einer Insulinpumpentherapie teil. Alle Teilnehmenden verwendeten ein kontinuierliches Glukosemesssystem (CGM). Einschlusskriterien waren zudem ein Blutglukose-Langzeitwert (HbA1c) unter 9 Prozent (74,9 mmol/mol) und keine schwere Stoffwechselentgleisung in den letzten 12 Monaten. Die Ramadan-orientierte Schulung fand 2 Wochen vor Beginn des Fastenmonats statt. Zudem wurden das Basalinsulin kontrolliert reduziert.

Während des Ramadan traten keine schweren Stoffwechselentgleisungen auf. Auch war die Anzahl der Episoden im niedrigen Glukosebereich signifikant geringer als vor Beginn des Ramadans. Insgesamt stieg die Zeit im Glukosebereich über 180 mg/dl (10 mmol/l) um 4 Prozent während des Fastens. In Bezug auf die Glukosevariabilität konnten keine Unterschiede während des Fastenmonats im Vergleich zu der Zeit davor oder danach beobachtet werden.

 

Studienergebnisse zu Diabetes Typ 2

In einer Studie aus Dubai wurden 67 Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer Insulintherapie untersucht. Die Studienteilnehmenden erhielten vor und während des Ramadan ausführliche Schulungen, ein kontinuierliches Glukosemesssystem und ärztliche Empfehlungen zur Anpassung der Behandlung.

Das Forschungsteam verglich die Glukosewerte vor dem Fastenmonat mit den Glukoseverläufen während des Fastens. Zusätzlich werteten sie die Ergebnisse getrennt danach aus, ob die Patientinnen und Patienten mit Basalinsulin (plus gegebenenfalls Tabletten) behandelt wurden oder eine intensivierte Insulintherapie erhielten.

Die Auswertungen ergaben:

  • Während des Fastens verringerte sich der Blutglukose-Langzeitwert (HbA1c) von durchschnittlich 7,9 Prozent (62,8 mmol/mol) vor Ramadan auf 7,7 Prozent (60,7 mmol/mol) nach Abschluss des Fastenmonats.
  • Der mittlere Blutglukosewert lag vor dem Fasten bei 330,1 mg/dl (18,3 mmol/l) und verbesserte sich während des Ramadans auf 289,3 mg/dl (16,1 mmol/l).
  • Insgesamt nahmen die Häufigkeit und Schwere von Hypoglykämien während des Ramadans nicht zu.
  • Bei intensivierter Insulintherapie waren Hypoglykämien zwischen 12:00 und 18:00 Uhr häufiger als bei der Behandlung mit Basalinsulin (plus gegebenenfalls Tabletten).

 

Voraussetzungen: Ausführliche Schulungen und Diabetes-Technik

Wenn Menschen mit einem insulinpflichtigen Diabetes umfangreich geschult werden und die Möglichkeit zur kontinuierlichen Glukosemessung erhalten, besteht nicht zwangsläufig ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämien während des Fastens. Durch das Fasten und der damit verbundenen höheren Aufmerksamkeit, kann sich die Blutglukosekontrolle bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sogar verbessern.

Wichtig bleibt vor dem Beginn des Fastens eine Rücksprache und individuelle Blutglukose- und Therapieeinstellung mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt.

 

Weitere Informationen

Auf diabinfo.de finden Sie neben unserem Hintergrundartikel „Diabetes und Ramadan“ im Bereich "Leben mit Diabetes" auch ein Fact Sheet zum Thema „Diabetes-Beratung für Menschen aus anderen Kulturkreisen“ und viele weitere hilfreiche Links.

Zudem steht eine Vielzahl an qualitätsgeprüften und wissenschaftlich fundierten Informationen rund um Diabetes auch in Türkisch, Polnisch und Russisch zur Verfügung.

 

Quellen:

Al-Ozairi, E. et al.: Intermittent Fasting Could Be Safely Achieved in People With Type 1 Diabetes Undergoing Structured Education and Advanced Glucose Monitoring. In: Front Endocrinol (Lausanne), 2019, 10: 849

Bashier, A. M. K. et al.: Impact of optimum diabetes care on the safety of fasting in Ramadan in adult patients with type 2 diabetes mellitus on insulin therapy. In: Diabetes Res Clin Pract, 2019, 150: 301-307

International Diabetes Federation et al.: Diabetes and Ramadan: Practical Guidelines. 2021, Brüssel