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Diabetes-Behandlung

Kohlenhydratarme Diät-Intervention aus der Apotheke als neuer Ansatzpunkt für die Behandlung von Diabetes Typ 2?

Seit einiger Zeit gewinnen gezielte Ernährungs-Interventionen mit dem Ziel der Remission von Typ-2-Diabetes aufgrund wachsender Evidenz an Aufmerksamkeit. Dies haben Forschende aus Kanada und England zum Anlass genommen, die Auswirkungen einer von Apothekern und Apothekerinnen angeleiteten kohlenhydratarmen Diät zu untersuchen. Endpunkte waren dabei die Einnahme von blutglukosesenkenden Medikamenten, die Herz-Kreislauf-Funktion sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Menschen mit Typ-2-Diabetes.

 

Bei der Untersuchung handelte es sich um eine randomisierte kontrollierte Studie mit 188 Patienten und Patientinnen mit Typ-2-Diabetes, von denen 98 auf die Intervention und 90 auf eine Kontrollgruppe randomisiert wurden. Es nahmen außerdem 12 Apotheken an der Studie teil. Apotheken bieten sich insbesondere deshalb an, weil diese von Menschen mit Typ-2-Diabetes aufgrund ihrer Medikamenteneinnahme jährlich öfter aufgesucht werden, als die Hausarztpraxis. Apothekerinnen und Apotheker weisen zudem Expertise im Medikationsmanagement auf. Dies wurde genutzt, um die medikamentöse Diabetes-Therapie während der Studie sicher reduzieren zu können.

 

Apotheken im Mittelpunkt der Studie

Während der 12-wöchigen Studie nahm die Interventionsgruppe eine Diätnahrung zu sich, die in den teilnehmenden Apotheken ausgehändigt wurde. Die Diät bestand dabei aus einer Mischung von Mahlzeiten und Snacks, die als energiereduziert, low-carb und mit adäquatem Proteinanteil angegeben wird und mit Fleisch und Gemüse kombiniert werden konnte. Das Konzept der Forschenden beinhaltete ebenso einen Coach, der die Studienteilnehmenden während der Intervention bei ihrem wöchentlichen Besuch in der Apotheke begleitete und Gewicht, Bauchumfang und Blutdruck kontrollierte. Die Apotheker und Apothekerinnen waren für die Umsetzung des Therapieplans, die Kontrolle der Blutglukosewerte sowie eventuelle Anpassungen in der Medikation zuständig.

Die Kontrollgruppe bekam standardmäßige Informationen zu Medikation, Ernährungs- und Lebensstiländerungen. Die wöchentlichen Kontrolluntersuchungen in der Apotheke erfolgten in der Kontrollgruppe nicht.

Beide Gruppen wurden zu Beginn und am Ende der Studie umfassend auf die unten genannten Ergebnisse untersucht, um die Behandlungseffekte zu vergleichen.

 

Blutglukosesenkende Medikamente konnten in einigen Fällen abgesetzt werden

Die Diät-Intervention konnte einige signifikante Behandlungseffekte erzielen. Nach 12 Wochen

  • konnten 35,7 Prozent der Teilnehmenden der Interventionsgruppe alle blutglukosesenkenden Medikamente absetzen (0 Prozent in der Kontrollgruppe).
  • konnten 17,3 Prozent der Teilnehmenden einen HbA1c-Wert unter 6,5 % erreichen (0 Prozent in der Kontrollgruppe).

 

Gesunken waren zudem in der Interventionsgruppe im Durchschnitt (Ergebnisse der Kontrollgruppe jeweils in Klammern):

  • der HbA1c-Wert von 7,9 Prozent auf 6,4 Prozent (keine Veränderung).
  • die durchschnittliche Nüchternblutglukose von 9,3 mmol/l auf 7,2 mmol/l (von 9,3 auf 9,1 mmol/l).
  • der Blutdruck von 138/80 mmHg auf 124/75 mmHg (Anstieg von 136/82 auf 137/83 mmHg).
  • die Gamma-Glutamyltransferase von 40,8 mmol/ auf 19,5 mmol/l (von 47,8 auf 26,9 mmol/l).
  • die Triglyzeride von 1,97 mmol/l auf 1,00 mmol/l (von 2,0 auf 1,49 mmol/l)
  • das Körpergewicht von 102,3 kg auf 91,9 kg (Anstieg von 103,4 auf 103,9 kg)
  • der Body-Mass-Index (BMI) von 36 kg/m² auf 31,2 kg/m² (Anstieg von 35,1 auf 35,6 kg/m²)
  • der Bauchumfang von 115,6 cm auf 102,4 cm (von 115,8 auf 113,8 cm)
  • der Körperfettanteil von 39,0 Prozent auf 35,0 Prozent (von 40,2 auf 38,6 %)

 

Auch konnte die gesundheitsbezogene Lebensqualität, die mithilfe eines Fragebogens gemessen wurde, verbessert werden.

Keine signifikanten Behandlungseffekte konnten für einige Leber- und Blutfettwerte (Aspartat-Aminotransferase, Alanin-Aminotransferase, High Density Lipoprotein, Low Density Lipoprotein sowie hochsensitives C-reaktives Protein) und den Gesamtcholesterinspiegel festgestellt werden. Trotz der erfolgreichen Ergebnisse der Intervention verzichteten die Forschenden aufgrund unterschiedlicher Definitionen auf den Begriff der Remission.

 

Stärkere Integration von Apotheken in die Versorgung von Diabetes Typ 2

Die Forschenden konnten zeigen, dass Modelle für die Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes, die Apotheken mehr integrieren als bisher, erfolgsversprechend sein könnten. Diese könnten sich insbesondere vor dem Hintergrund des Mangels an Hausärztinnen und -ärzten oder einem unzureichenden Zugang zu einer Ernährungsberatung in vielen Regionen bewähren.

 

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Quelle:

Durrer, C. et al.: A randomized controlled trial of pharmacist-led therapeutic carbohydrate and energy restriction in type 2 diabetes. In: Nat Communications, 2021, 1: 5367