Besonders bei Kleinkindern mit Typ-1-Diabetes ist die Glukoseeinstellung häufig schwierig: Sie benötigen meist nur eine geringe Insulinmenge und ihr Ess- und Aktivitätsverhalten ist schwer vorhersehbar. Deshalb könnten hybride Closed-Loop-Systeme speziell für diese Zielgruppe von großem Nutzen sein.
Im Rahmen der amerikanischen PEDAP (engl.: Pediatric Artificial Pancreas)-Studie unter Beteiligung der Universität von Virginia, wurde nun der Einsatz eines Closed-Loop-Systems bei Kindern im Alter von 2 bis unter 6 Jahren untersucht. Insgesamt nahmen 102 Kinder mit Typ-1-Diabetes an der Studie teil: 68 Kinder erhielten ein Closed-Loop-System und 34 Kinder setzten ihre bisherige Insulintherapie fort (Kontrollgruppe). Der Algorithmus des hybriden Closed-Loop-Systems wurde im Vorfeld entsprechend an die geringere Körpergröße und den geringeren Insulinbedarf der Kinder angepasst.
Mehr Zeit im Zielbereich und verbesserter HbA1c-Wert
Während der 13-wöchigen Studie verbesserte sich bei den Kindern mit Closed-Loop-System die Zeit im Glukose-Zielbereich von 70 bis 180 mg/dl (3,9 bis 10,0 mmol/l): Verbrachten sie zu Beginn der Studie durchschnittlich 56,7 Prozent der Zeit im Zielbereich, waren es am Ende der Studie 69,3 Prozent. Das entspricht etwa 3 zusätzlichen Stunden pro Tag. Bei den Kindern der Kontrollgruppe blieb die Durchschnittszeit im Glukose-Zielbereich während der Studiendauer annähernd gleich bei circa 55 Prozent.
Die Kinder mit Closed-Loop-System verbrachten im Vergleich zu den Kindern ohne Closed-Loop-System sowohl während des Tages als auch in der Nacht mehr Zeit im Glukose-Zielbereich. Zudem hatten sie seltener Glukosewerten von über 250 mg/dl (13,9 mmol/l). In Bezug auf die prozentuale Zeit von niedrigen Glukosewerten unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) unterschieden sich die beiden Gruppen nicht.
Ebenfalls sank der HbA1c-Wert bei den Kindern mit Closed-Loop-System durchschnittlich von 7,5 Prozent (59 mmol/mol) auf 7,0 Prozent (53 mmol/mol) während der 13 Wochen.
Insgesamt trat bei 3 Kindern eine schwere Hypoglykämie auf: Bei 2 Kindern mit Closed-Loop-System und bei einem Kind aus der Kontrollgruppe. Zudem kam es aufgrund eines Fehlers beim Infusionsset zu einer diabetischen Ketoazidose bei einem Kind mit Closed-Loop-System.
Mögliche Therapieoption für Vorschulkinder
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Closed-Loop-Systeme auch bereits bei Kleinkindern unter 6 Jahren die Glukoseeinstellung verbessern und eine sichere Therapieoption darstellen können.
Die positiven Effekte von Insulinpumpen und kontinuierlichen Glukosemesssystemen (CGM-Geräten) auf die Stoffwechseleinstellung in allen Altersgruppen sollen auch in die voraussichtlich Ende 2023 erscheinende überarbeitete S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) aufgenommen werden. Zudem soll der Einsatz von Closed-Loop-Systemen berücksichtigt werden.
Hintergrund: Hybride Closed-Loop-Systeme
Bei hybriden Closed-Loop-Systemen ist eine Insulinpumpe mit einem kontinuierlichen Glukosemesssystem (CGM-System) und einem Algorithmus gekoppelt. Basierend auf dem aktuellen Glukosewert, dem derzeit wirkenden Insulin und weiteren Faktoren berechnet der Algorithmus die benötigte Insulinmenge. Damit sind hybride Closed-Loop-Systeme unter anderem in der Lage, die Insulin-Basalrate exakt und automatisch abzugeben. Sie werden häufig auch als „künstliche Bauchspeicheldrüse“ oder „artificial pancreas“ bezeichnet.
Quellen:
Aerzteblatt.de: Künstliches Pankreas verbessert Blutzuckerkontrolle auch im Vorschulalter. (Letzter Abruf: 21.08.2023)
Aerzteblatt.de: Leitlinie: Erweiterte Empfehlung zu Insulinpumpentherapien bei Kindern und Jugendlichen. (Letzter Abruf: 21.08.2023)
Wadwa, R. P. et al.: Trial of Hybrid Closed-Loop Control in Young Children with Type 1 Diabetes. In: N Engl J Med, 2023, 388: 991-1001