Psychische und neurologische Erkrankungen
Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Clara Möser
Krankheitsbilder
- Angststörungen und diabetes-bezogene Ängste
- Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Binge Eating Störung (BES), Night Eating Syndrom (NES), Diabulimia)
- Diabetes-Distress
- Depressive Verstimmung und Depressionen
- Demenz
- Morbus Alzheimer
- Abhängigkeitserkrankungen (Alkohol, Nikotin)
Risikofaktoren
- Angststörungen bei Diabetes:
- Schwere Hypoglykämien
- Weibliches Geschlecht
- Biopsychosoziale Faktoren (zum Beispiel: Depressionssymptome, Alleinstehend, bestehende Arbeitslosigkeit)
- Höheres Alter
- Niedriges Körpergewicht
- Essstörungen:
- Übergewicht, Adipositas
- Weibliches Geschlecht
- Junges Alter
- Suchtähnliche Befriedigung durch Gewichtsreduktion und Fasten
- Traumatisierung, Störung der Konfliktverarbeitung
- Depressive Verstimmung oder Depression
- Schönheitsideale in der Gesellschaft
- Depression:
- Biologische Faktoren: Weibliches Geschlecht, genetische Disposition, hormonelle Einflüsse, chronische Entzündungsprozesse
- Psychische Faktoren: Traumatische und belastende Erlebnisse, Persönlichkeitsfaktoren, erlernte Hilflosigkeit, chronischer Stress und Ängste, unzureichende Coping (Bewältigungs)-Strategien
- Organisch-bedingte Depression:
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Calcium-, Vitamin B12- und Folsäuremangel
- Blutarmut (Anämie)
- Demenz, Morbus Parkinson, bösartige Tumore (Malignome)
- Vorliegen einer oder mehrere diabetischer Folgeerkrankungen
- Kognitive Beeinträchtigung bis hin zur Demenz:
- Langfristig unzureichende Stoffwechselleinstellung (chronische Hyperglykämie)
- Diabetes-Dauer
- Alter
- Arterielle Hypertonie
- Dsylipidämie (Hyper- und Hypolipidämie)
- Rauchen
- Bewegungsmangel
- Übergewicht, Adipositas
- Schlaganfall
- Depression
- Hypoglykämien: Insbesondere Hypoglykämie mit notwendiger Fremdhilfe
- Inflammatorische Prozesse
- Bei vaskulärer Demenz: Durchblutungsstörungen
- Morbus Alzheimer:
- Insulinresistenz der Nervenzellen
- Chronische Entzündungsprozesse
- Proteinablagerungen im Gehirn
Regelmäßige Kontrollen
- Screening auf das Vorliegen einer Angststörung:
- Bei Auftreten von intensiven und/oder wiederkehrenden übertriebenen Sorgen über die eigene Gesundheit oder körperliche Anzeichen
- Bei positivem Screening: Vollständige Diagnostik im ärztlichen Gespräch und Ausschluss körperlicher Ursachen (unter anderem Hyperthyreose, Migräne, Koronare Herzkrankheit (KHK), Asthma)
- Bei Diagnose einer Angststörung:
- Screening auf Depression, somatoforme Störungen und Substanzabusus
- Erläuterung der Diagnose und Angebot der Behandlung, Intervention unter kontinuierlichem Monitoring
- Bei Auftreten von intensiven und/oder wiederkehrenden übertriebenen Sorgen über die eigene Gesundheit oder körperliche Anzeichen
- Screening auf das Vorliegen einer depressiven Verstimmung oder Depression:
- Mindestens 1-mal jährlich und in kritischen Krankheitsphasen (unter anderem Diagnose, schwere Stoffwechselentgleisungen, Krankenhausaufenthalte)
- Bei schweren Ketoazidosen oder Hypoglykämien, Suizidversuchen oder selbstschädigendem Verhalten
- Screening auf das Essverhalten und Gewichtsverlust:
- Im Rahmen der J1-Vorsorgeuntersuchung (zwischen dem 12. und 24. Lebensjahr)
- Bei Zyklusstörungen oder Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhoe)
- Bei jungen Frauen mit niedrigem Körpergewicht und schlechter Stoffwechseleinstellung
- Bei Patientinnen und Patienten mit Anzeichen für das Vorliegen einer Mangelernährung
- Bei Patientinnen und Patienten mit gastrointestinalen Symptomen
- Bei Patientinnen und Patienten mit wiederholtem Erbrechen und/oder nicht erklärbaren Elektrolytverschiebungen
- Screening auf Demenz:
- Bei älteren Menschen (über 65 Jahre und mit längerer Diabetes-Dauer)
- Bei Menschen mit kardiovaskulärer Komorbidität sowie klinischen Hinweisen auf eine kognitive Leistungsminderung oder leichte kognitive Störungen: Jährliche Kontrolle
- Screening auf Abhängigkeitserkrankungen:
- Erhebung des Alkoholkonsums und Befragung nach dem Tabakkonsum bei Menschen mit Diabetes: Mindestens 1-mal jährlich
- Rauchen: Regelmäßiges Hinweisen auf das durch den Nikotinkonsum gesteigerte Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen und erhöhter Mortalität
Allgemeine Komponenten, die in regelmäßigen Abständen durch die behandelnden Fachkräfte überprüft werden sollten:
- Umgang mit der Krankheit
- Akzeptanz der Diabetes-Erkrankung
- Bestehende diabetesbezogene Ängste
- Therapieadhärenz der Patientinnen und Patienten
- Kognitive Fähigkeiten
Bei Verdacht auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung sollte eine Überweisung an entsprechende ärztliche Fachleute erfolgen.
Screening-Fragebögen:
- Angststörungen: Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D), Fragebogen zu Barrieren der Insulintherapie (BIT), Identifikation pathologischer Hypoglykämieängste (HAT)
- Depression: WHO-Five Well-being Index (WHO-5), Allgemeine Depressionsscala (ADS)
- Demenz: Mini-Mental-Status-Test, Uhr-Zeichen-Test, Demenz-Detektions-Test (DemTect)
- Nikotinabhängigkeit: Fagerström-Test (FTND-G)
- Alkoholabhängigkeit: CAGE-G-Fragebogen
- Essstörungen: Fragebogen zum Essverhalten (FEV), Eating Disorder Inventory (EDI)
Info-Ecke
Quellen:
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie et al.: S3-Leitlinie Diagnostik und Behandlung der Essstörungen. 2011
Kulzer, B. et al.: Psychosoziales und Diabetes. In: Diabetologie, 2018, 13: S268-S284
Kulzer, B. et al.: S2-Leitlinie Psychosoziales und Diabetes – Langfassung (Teil 1). In: Diabetologie, 2013, 8: 198-242
Kulzer, B. et al.: S2-Leitlinie Psychosoziales und Diabetes – Langfassung (Teil 2). In: Diabetologie, 2013, 8: 292-324
Stand: 07.10.2020