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Was ist eine Insulinresistenz?

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Theresia Sarabhai

Insulin ist ein wichtiges Hormon für den Stoffwechsel. Es wird in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse hergestellt und über den Blutkreislauf im Körper verteilt. Das Hormon bindet an Körperzellen und sendet dort Signale beziehungsweise „Anweisungen“. Im Mittelpunkt stehen die Zellen von Muskulatur, Fettgewebe und Leber. Bei Menschen mit einer Insulinresistenz reagieren die Körperzellen weniger empfindlich auf die Insulinsignale als bei stoffwechselgesunden Menschen. Insulin kann seine natürlichen Wirkungen dann nur noch eingeschränkt entfalten.

Insulin vermittelt unter anderem die Aufnahme von Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen. Damit trägt das Hormon entscheidend zur Regulation des Blutzuckerspiegels bei, indem es den Blutzucker senkt. Wenn die Zellen nicht mehr ausreichend empfindlich auf Insulin reagieren, das heißt, wenn sie insulinresistent sind, gelangt weniger Zucker aus dem Blut in die Körperzellen. Der Zucker verbleibt stattdessen in der Blutzirkulation und der Blutzuckerspiegel steigt an. Langfristig kann sich daraus ein Typ-2-Diabetes entwickeln.

Insulinresistenz wird häufig vererbt. Ein Typ-2-Diabetes entsteht aber meist erst dann, wenn ein inaktiver Lebensstil mit Bewegungsmangel, Fehlernährung und/oder bauchbetontem Übergewicht hinzukommt.

Gut zu wissen:

Um eine Insulinresistenz zu kompensieren und die gleiche Insulinwirkung wie bei stoffwechselgesunden Personen zu erreichen, erhöht die Bauchspeicheldrüse ihre Insulinproduktion. Auf Dauer erschöpfen die insulinproduzierenden Betazellen jedoch und es entwickelt sich ein Typ-2-Diabetes.



1. Wie entsteht eine Insulinresistenz?

Die Mechanismen, die zu einer Insulinresistenz führen, sind bislang nicht vollständig geklärt.

Das Hormon Insulin bindet an Zellen im Körper, zum Beispiel in der Muskulatur, im Fettgewebe und in der Leber, und sendet dort Signale mit Anweisungen. Ein Beispiel ist das Signal zur Aufnahme von Zucker (Glukose) aus dem Blutkreislauf in die Zelle. Der Zucker wird in der Zelle benötigt, um daraus Energie zu gewinnen. Muskelzellen beispielsweise nutzen den Zucker als Energielieferant, um die Muskelbewegungen durchführen zu können.

Gut zu wissen:

Bei einer Insulinresistenz reagieren die Zellen teilweise oder gar nicht mehr auf die Insulinsignale. Welche Mechanismen im Körper die Insulinresistenz ganz konkret auslösen, wird derzeit noch erforscht.


2. Was erhöht das Risiko für eine Insulinresistenz?

Insulinresistenz kann vererbt werden. Die Wahrscheinlichkeit, insulinresistent zu werden ist besonders hoch, wenn Verwandte 1. Grades (Eltern oder Geschwister) an einem Typ-2-Diabetes erkrankt sind. Allerdings müssen weitere Lebensstilfaktoren hinzukommen, damit die Insulinresistenz voranschreitet und sich ein Typ-2-Diabetes entwickelt.

Häufige Risikofaktoren, die zu einer Insulinresistenz bedeutend beitragen, sind:

  • Übergewicht: Fettzellen, vor allem im Bauchbereich, setzen Botenstoffe frei, die Insulinresistenz fördern. Als Faustregel gilt: Je mehr Bauchfett vorhanden ist, desto schlechter kann das Hormon Insulin wirken.
  • Bewegungsmangel: Zu wenig körperliche Aktivität begünstigt Übergewicht. Außerdem trägt die mangelnde Muskelarbeit direkt zur Abschwächung der Insulinwirkung bei.
  • Fehlernährung: Zu viele ungünstige Fette, zu viele Kalorien und zu wenig Ballaststoffe fördern Übergewicht, Insulinresistenz und erhöhte Blutzuckerspiegel.

Auch Stress, Infektionen, bestimmte Medikamente wie Glukokortikoide und Rauchen können sich ungünstig auf die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen auswirken. Allerdings ist der Einfluss geringer und zum Teil nur vorübergehend.

Gut zu wissen:

Erblich belastete Menschen sind etwa doppelt so häufig insulinresistent wie Personen, die keine Verwandten mit Typ-2-Diabetes im engeren Familienkreis haben. Insulinresistenz kann jedoch auch ohne erbliche Vorbelastung erworben werden.


3. Wie äußert sich eine Insulinresistenz und wie wird sie diagnostiziert?

Insulinresistenz selbst verursacht keine Symptome und bleibt daher oft lange Zeit unentdeckt. Auffällig wird die abgeschwächte Insulinempfindlichkeit meistens erst, wenn bereits Folgeschäden aufgetreten sind oder wiederholt erhöhte Blutzuckerspiegel festgestellt werden. Bis sich aus einer Insulinresistenz zu hohe Blutzuckerspiegel entwickeln, können Jahre bis Jahrzehnte vergehen. Betroffene Personen merken in dieser Zeit häufig nicht, dass sich ihr Zuckerstoffwechsel verändert.

Es gibt einige Merkmale, die auf eine Insulinresistenz hindeuten können. Das bedeutet aber nicht, dass immer eine Insulinresistenz vorliegt. Zu diesen Merkmalen gehören:

Je mehr der genannten Merkmale vorliegen, umso wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer Insulinresistenz.

Ein einfaches Verfahren, um die Insulinresistenz zu bestimmen, ist die Berechnung des HOMA-Index (HOMA = homeostasis model assessment). Dabei werden die nüchtern, im Blut gemessenen Werte von Insulin und Glukose (in der Einheit mmol/l) über eine mathematische Gleichung miteinander verrechnet. Wenn der HOMA-Index einen bestimmten Wert überschreitet, ist eine Insulinresistenz wahrscheinlich. Der HOMA-Index eignet sich besonders zur Erfassung früher und mittlerer Stadien einer Insulinresistenz. Wenn die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse bereits erschöpfen, hat der HOMA-Index keinen Aussagewert mehr für die Insulinresistenz.

Für eine Insulinresistenz sprechen auch erhöhte Spiegel von intaktem Proinsulin im Blut. Proinsulin ist eine Vorstufe von Insulin. Normalerweise erfolgt eine vollständige Umwandlung von Proinsulin in Insulin, sodass nur geringste Mengen Proinsulin im Blut nachweisbar sind. Wenn die Bauchspeicheldrüse ihre Insulinproduktion bei Insulinresistenz erhöht, kann es sein, dass Proinsulin nur noch unvollständig in Insulin umgewandelt wird und vermehrt im Blut vorkommt.

Eine exakte Bestimmung der Insulinwirkung ist sehr aufwändig und wird nur in spezialisierten Diabetes-Zentren – und meistens ausschließlich im Rahmen von Studien – durchgeführt. Zur Anwendung kommt die sogenannte Clamp-Technik. Dabei werden eine bestimmte Insulinmenge und variable Glukosemengen über einen Zugang direkt in ein venöses Blutgefäß verabreicht, solange bis normale Blutzuckerwerte erreicht werden. Je mehr Glukose bei einer festgesetzten Insulindosis gegeben werden kann, desto besser ist die Insulinwirkung und umso geringer die Insulinresistenz.


4. Wie kann einer Insulinresistenz vorgebeugt werden?

Insulinresistenz wird durch bestimmte Lebensgewohnheiten gefördert. Die gute Nachricht: Umgekehrt können Veränderungen der eigenen Lebensgewohnheiten dazu beitragen, die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen zu verbessern. So lässt sich einer Insulinresistenz vorbeugen oder eine bereits vorhandene Insulinresistenz reduzieren. Wirksame Maßnahmen sind regelmäßige körperliche Bewegung, Gewichtsabnahme bei Übergewicht (vor allem bei zu viel Bauchfett) und eine entsprechende Anpassung der Ernährungsgewohnheiten.


5. Welche Gesundheitsrisiken entstehen durch eine Insulinresistenz?

Insulinresistenz geht häufig mit Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und erhöhten Blutzuckerwerten einher – Expertinnen und Experten sprechen dann von einem Metabolischen Syndrom.

Insulinresistenz ist nicht nur eine bedeutende Ursache von Typ-2-Diabetes. Das verringerte Ansprechen der Körperzellen auf das Hormon Insulin kann ebenfalls Bluthochdruck begünstigen und fördert die vorzeitige Schädigung der Blutgefäße. Mögliche Langzeitfolgen sind Gefäßerkrankungen, Nervenschäden, Nierenschädigungen, Herzinfarkt und Schlaganfall. Umso wichtiger ist es, eine Insulinresistenz frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.


6. Warum kann eine Insulinresistenz zu Diabetes Typ 2 führen?

Insulinresistenz ist eine der wesentlichen Krankheitsursachen von Typ-2-Diabetes. Meistens liegt sie schon Jahre bis Jahrzehnte vor, bevor ein Typ-2-Diabetes festgestellt wird.

Bei Insulinresistenz ist das Ansprechen der Körperzellen auf die Signale des Hormons Insulin herabgesetzt. Die Bauchspeicheldrüse reagiert darauf mit einer Erhöhung ihrer Insulinproduktion. So lässt sich die verminderte Insulinwirkung eine gewisse Zeit kompensieren. Allerdings benötigt der Körper immer mehr Insulin, um eine vergleichbare Wirkung wie bei stoffwechselgesunden Personen zu erreichen. Irgendwann kommt die Bauchspeicheldrüse an ihre Leistungsgrenze und kann nicht mehr genügend Insulin herstellen.

Ist die Wirkung des Insulins herabgesetzt oder wird weniger Insulin durch die Bauchspeicheldrüse hergestellt, spricht man von einem relativen Insulinmangel. Eine Folge ist, dass immer weniger Zucker (zum Beispiel aus der Nahrung) in die Zellen geschleust wird, um dort als Energielieferant zur Verfügung zu stehen. Stattdessen verbleibt der Zucker (Glukose) im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt. Zunächst sind die Blutzuckerspiegel nur nach Nahrungsaufnahme erhöht, später dann auch dauerhaft: Es liegt ein Typ-2-Diabetes vor.


7. Wie kann eine Insulinresistenz behandelt werden und ist sie heilbar?

Insulinresistenz lässt sich durch eine entsprechende Anpassung der Lebensgewohnheiten gut beeinflussen. Regelmäßige körperliche Aktivität, Gewichtsabnahme bei Übergewicht (vor allem im Bauchbereich) und eine gezielte Ernährungsberatung können helfen, die Insulinresistenz deutlich abzuschwächen und einem Typ-2-Diabetes vorzubeugen.

Gut zu wissen:

Die Skelettmuskulatur ist für mehr als 80 Prozent der Zuckeraufnahme aus dem Blut in die Zellen verantwortlich. Regelmäßiges körperliches Training verbessert die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen. Damit kann wieder mehr Zucker (Glukose) aus der Blutzirkulation in die Muskelzellen aufgenommen werden und der Blutzuckerspiegel sinkt.

Quellen:

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Stand: 02.03.2022