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Wie halte ich mich im Alltag fit?

Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Christine Joisten

Sich im Alltag fit zu halten muss nicht zwingend bedeuten, regelmäßig Joggen zu gehen, Gewichte zu stemmen oder Tennis zu spielen. Vielmehr wirkt sich jedes auch noch so kurze Bewegungsintervall positiv auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität aus. Demnach gilt es den Alltag so bewegungsreich wie nur möglich zu gestalten.

Kleine Schritte helfen auf dem Weg zum großen Ziel

Eine Faustregel besagt, man solle 10.000 Schritte am Tag zurücklegen für ein langes und gesundes Leben. Allerdings ist die Studienlage zu dieser Empfehlung begrenzt. Ursprünglich stammt diese Angabe aus einem japanischen Werbeslogan. Fest steht aber: Jeder Schritt zählt! Unabhängig davon, ob man seine täglichen Schritte von 2.000 auf 2.500 erhöhen oder von 6.000 auf 10.000 steigern möchte.

Woher stammt die Faustregel 10.000 Schritte am Tag?

Diese „magische Zahl“, die seit langer Zeit schon kursiert, stammt nicht etwa aus der medizinischen Forschung, sondern aus der Werbebranche. Nachdem 1964 die Olympischen Sommerspiele in Tokio die Menschen in Japan in ihren Bann gezogen hatten, nutze eine japanische Firma diese Welle der Begeisterung, um ihren Schrittzähler namens „Manpoke“ zu vermarkten. Dabei steht „Man“ für 10.000, „Po“ bedeutet Schritt und „Ke“ Zähler. Auf Plakaten wurde mit 10.000 Schritten pro Tag geworben, da das Gerät maximal diese Schrittzahl aufzeichnen konnte.

Eine Auswertung mehrerer Studien ergab, dass Menschen unter 60 Jahren mindestens 8.000 bis 10.000 Schritte täglich zurücklegen sollten. Ab einem Alter von 60 Jahren haben Menschen ihr tägliches Ziel bereits nach 6.000 bis 8.000 Schritten erreicht. So viele Schritte am Tag gehen mit einem gesundheitlichen Nutzen und einem geringeren Sterberisiko einher.

Gut zu wissen:

Jeder kleine Schritt, der zusätzlich gemacht wird, wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Besonders zu Beginn jeder Bewegungssteigerung sinkt das Risiko an Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch Krebserkrankungen zu erkranken.

Dieses Schritte-Ziel muss jedoch nicht von heute auf morgen erreicht werden – und ist zudem nicht in Stein gemeißelt. Jeder Schritt ist entscheidend. Daher hilft es besonders untrainierten Menschen, zunächst eine kleinere Anzahl an Schritten als Ziel festzulegen. Das gilt auch für Personen, die sich aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen – Übergewicht oder starkes Übergewicht (Adipositas), Gelenksproblemen, Herzschwäche, Rückenschmerzen oder anderen Beschwerden – nicht so viel bewegen können. Denn kleine Ziele lassen sich leichter erreichen und führen zu einem Erfolgserlebnis, das motiviert, die nächste Stufe in Angriff zu nehmen.

Das ganz persönliche Pensum könnten beispielsweise zunächst 2.000 Schritte am Tag sein, die dann im Laufe der kommenden Wochen auf 3.000 Schritte gesteigert werden. Dies wäre ein lohnendes Ziel, denn 1.000 Schritte mehr am Tag senken bereits das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie auch die Sterblichkeit. Für Menschen mit Diabetes ist dies besonders bedeutsam, denn ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist aufgrund der Diabetes-Erkrankung bereits erhöht. Wer also seine tägliche Schrittzahl um 1.000 Schritte steigern kann, verbessert nicht nur die allgemeine Fitness, sondern senkt auch das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.


Video: Wie schaffe ich es, mich mehr zu bewegen?

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Sich Ziele setzen und loslegen

Schritt 1: Wie viele Schritte gehe ich an einem normalen Tag?

An das eigene tägliche Schritte-Ziel sollte man sich langsam herantasten. Um zu wissen, wie viele Schritte man an einem Tag überhaupt zurücklegt, ist es als erster Schritt hilfreich, die tägliche Schrittzahl zu erfassen. Dafür eignen sich sogenannte Schrittzähler: Diese gibt es in Form eines Fitnesstracker-Armbands, eines Pedometers, das an der Kleidung befestigt werden kann, oder als App auf dem Smartphone oder der Smartwatch. Auf den meisten Smartphones ist bereits eine App vorinstalliert, die die Schritte zählen kann.

Schritt 2: In welchen Situationen kann ich mehr Schritte einbauen?

Der zweite Schritt in Richtung eines täglichen Schritte-Ziels ist schon getan, wenn Sie sich überlegen, welche Strecken Sie auch leicht zu Fuß zurücklegen können. Alltagsaktivität fängt damit an, kurze Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto zurückzulegen und eine Treppe anstelle des Aufzugs zu nutzen.

Ein bewegungsreicher Alltag beginnt am Morgen mit der Entscheidung, das Auto am hinteren Ende des Parkplatzes abzustellen, um einige Meter mehr bis zum Arbeitsplatz zu gehen. Im Einkaufszentrum, im Büro oder am Bahnhof kann über die Treppe das nächste Geschoss erreicht werden – anstatt über den Aufzug oder die Rolltreppe. Bereits 1 oder 2 Treppenstockwerke erhöhen die Schrittzahl! Ebenfalls dem Schrittkonto gutgeschrieben wird ein längerer Weg, den man etwa zur Kantine nimmt. Auf dem Weg nach Hause könnte eine Station früher aus dem Bus oder der Bahn gestiegen und den Rest des Wegs zu Fuß zurückgelegt werden.

Der Weg zum Einkaufen, zur Kita, zur Freundin oder zum Freund, in die Apotheke sowie auch zur Arbeit lässt sich vielleicht – zumindest ein ums andere Mal – zu Fuß oder mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto bewältigen. Abends kann ein Spaziergang ein erholsamer Ausgleich zu einem stressigen und ereignisreichen Tag sein.

Schritt 3: Weniger sitzen

Die meisten von uns sitzen mehrere Stunden am Tag. Das wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus, selbst bei sportlicher Betätigung nach einem Arbeitstag. Nicht umsonst heißt es oft: „Sitzen ist das neue Rauchen“. Auch wenn Rauchen und Sitzen nicht miteinander vergleichbar sind: Zahlreiche Studien konnten negative gesundheitliche Auswirkungen nachweisen, wenn der Alltag durch langes Sitzen geprägt ist.

In Deutschland sitzen Menschen im Schnitt 9,2 Stunden am Tag – Tendenz seit Jahren steigend. Das Sitzen beginnt meist schon am Frühstückstisch, geht weiter im Auto oder in Bus und Bahn, dann am Schreibtisch im Büro, im Wartezimmer der Arztpraxis oder im Frisörsalon und endet später am Abend beim Abendessen und schließlich auf der Couch.

Ratsam ist es, nicht nur die Sitzzeit insgesamt zu reduzieren, sondern auch längeres Sitzen alle 20 bis 30 Minuten durch kurze Steh- oder, noch besser, Geheinheiten zu unterbrechen.

 

Für Menschen, die in einem Büro tätig sind, könnte das bedeuten:

  • Sich nach einem Meeting kurz die Beine zu vertreten
  • Zwischendurch in die Küche zu gehen, um sich einen Tee zu machen
  • Der Kollegin beziehungsweise dem Kollegen ein Dokument aus dem Drucker zu bringen
  • Kurze Meetings im Stehen oder Gehen abzuhalten
  • Telefonate grundsätzlich im Stehen zu führen
  • Die Mittagspause für einen kurzen Spaziergang oder für einen Gang zur Post oder zur Reinigung zu nutzen

 

Auch die Anschaffung eines höhenverstellbaren Schreibtischs, sowohl am Arbeitsplatz im Büro als auch im Homeoffice, kann hilfreich sein. Dadurch ist es möglich, zumindest zeitweise im Stehen zu arbeiten.

So können lange Sitzphasen vermieden werden, die häufig zu Verspannungen sowie Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen führen. Zudem erhöht sich der Aktivitätsgrad. Im Stehen bewegt man sich automatisch mehr als im Sitzen und beansprucht andere Muskeln. Der im Sitzen meist gekrümmte Rücken wird im Stehen entlastet und die Kniegelenke befinden sich für eine Weile nicht mehr im 90-Grad-Winkel.

 

Eine weitere Möglichkeit ist in regelmäßigen Abständen (möglichst alle 30 Minuten) das Sitzen am Schreibtisch durch ein Mini-Workout zu unterbrechen. So erhöht sich das Aktivitätslevel, die Muskeln werden gestärkt und die Beweglichkeit gefördert.

Mögliche Übungen sind:

  • Schultern nach vorne oder hinten kreisen
  • Arme nach vorne strecken und Finger abwechselnd spreizen und zur Faust ballen
  • Aufrecht sitzen auf dem vorderen Stuhldrittel, Beine ausstrecken und die Fußspitzen abwechselnd anziehen (Venenpumpe)

 

In einigen Firmen unterstützt das betriebliche Gesundheitsmanagement dabei, diese Vorhaben umzusetzen.

diabinfo-Podcast Im Alltag fit halten (Prof. Dr. Cora Weigert)

Prof. Dr. Cora Weigert vom Uniklinikum Tübingen, erklärt, was bei Sport im Körper passiert und wie Bewegung sowohl den Stoffwechsel gesund hält, als auch den gesamten Organismus positiv beeinflusst.

Auch abseits des Schreibtischs sind Bewegungspausen wertvoll für Körper und Geist:

  • Die Tasse Espresso nach dem Mittagessen nicht im Sitzen, sondern im Stehen zu sich nehmen
  • Beim Fernsehen in den Werbepausen aufstehen und kleine Dinge im Haushalt erledigen
  • Das Lesen eines spannenden Romans oder einer Zeitschrift an geeigneter Stelle unterbrechen und eine kurze Bewegungspause einlegen
  • Während einer Serie eine kurze Yoga- oder Stretching-Einheit absolvieren

 

Vielleicht kann auch zuhause die ein oder andere Tätigkeit, die für gewöhnlich im Sitzen verrichtet wird, im Gehen erfolgen: Zum Beispiel Telefonieren oder ein persönliches Gespräch kann während eines Spaziergangs sogar angenehmer sein als auf der heimischen Couch.

Haben sich Körper und Geist an die neuen Abläufe und Umfänge gewöhnt, kann man sich das nächste Schritte- und Bewegungs-Ziel setzen.

Tipp:

Anregungen und Motivation zur Bewegungsförderung bietet auch der Clip „Ein guter Tag? – Ein guter Tag!“. Das Video wurde im Rahmen der Aktion „#1000mehr“ von der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention zusammen mit dem Sportärztebund Nordrhein, diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, der Arbeitsgemeinschaft Sport und Bewegung der Deutschen Diabetes Gesellschaft und dem Diabetesnetz Deutschland entwickelt.

Bewegungspyramide

Die Bewegungspyramide zeigt Ihnen, wie viel und welche Art von Bewegung Sie als Erwachsener in Ihren Alltag einbauen sollten. Auch steht Ihnen auf diabinfo.de ein ergänzendes Fact Sheet zum Thema "Bewegungsempfehlungen für Erwachsene" zur Verfügung.


Ein aktiver Lebensstil bringt den ganzen Körper in Schwung

Bewegung im Alltag hat einen positiven Einfluss auf den gesamten Körper, das Wohlbefinden und auch die Lebensqualität. Insbesondere die Kombination aus Ausdaueraktivitäten, wie Spazierengehen oder Radfahren, und Kraftübungen, wie das rückengerechte Tragen einer Wasserkiste oder eines vollen Wäschekorbs, verbessert zahlreiche Körperfunktionen:

  • Lunge – „weniger schnaufen müssen“
  • Muskel – „mehr Kraft haben“
  • Herz – „weniger Herzklopfen spüren“
  • Blutgefäße – „niedrigeren Blutdruck haben“
  • Immunsystem – „seltener krank sein“
  • Skelett – „stabilere Knochen haben“
  • Kopf – „besser denken können“
  • Körpergefühl – „sich wohler fühlen“

Bewegung senkt den Blutzuckerspiegel

Durch Bewegung wird bei Menschen mit einem erhöhten Diabetes-Risiko die Insulinsensitivität verbessert und damit das Risiko für einen Typ-2-Diabetes gemindert. Das ist insbesondere für Menschen mit Prädiabetes wichtig. Denn während und nach einer körperlichen Aktivität reagieren die Körperzellen sensibler auf Insulin, sodass mehr Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird. In der Folge sinkt der Blutzuckerspiegel. So können durch einen aktiven Alltag und viel Bewegung die Blutzuckerwerte von Menschen mit Prädiabetes dauerhaft sinken und wieder in den Normbereich kommen.

Bewegung verbessert außerdem die Beweglichkeit, Koordination und Gehgeschwindigkeit, wodurch gerade ältere Menschen ihren Alltag besser bewältigen können und ihr Sturzrisiko mindern.

Daher ist es in vielerlei Hinsicht von Vorteil, sich über einen aktiven Alltag hinaus sportlich zu betätigen. Für Sport-unerfahrene Menschen, Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Wiedereinsteigende sind Sportgruppen aufgrund der fachlichen Beratung besonders empfehlenswert. Hilfestellungen und mögliche Anlaufstellen für die Suche nach Sportgruppen und -vereinen finden Sie hier.

Gut zu wissen:

Und noch eine gute Nachricht für alle, die sich bislang wenig bewegt haben: Je weniger Bewegung man gewohnt ist, desto schneller und stärker spürt man die positiven Effekte durch einen etwas aktiveren Alltag.

Quellen:

American Diabetes Association: Blood Glucose and Exercise. (Letzter Abruf: 18.09.2023)
Colberg, S. et al.: Physical Activity/Exercise and Diabetes: A Position Statement of the American Diabetes Association. In: Diabetes Care, 2016, 39: 2065-2079
Espeland, M. A. et al.: Effects of Physical Activity Intervention on Physical and Cognitive Function in Sedentary Adults With and Without Diabetes. In: J Gerontol A Biol Sci Med Sci, 2017, 72: 861-866
Froböse, I. et al.: Der DKV-Report 2023. Wie gesund lebt Deutschland? 2023
Hall, K. S. et al.: Systematic review of the prospective association of daily step counts with risk of mortality, cardiovascular disease, and dysglycemia. In: Int J Behav Nutr Phys Act, 2020, 17: 78
Joisten, C. et al. (2023): Mehr Bewegung im Arbeitsalltag. Fit und gesund im Büro und im Home-Office. Springer-Verlag, ISBN: 978-3-662-65983-0
Kyu, H. H. et al.: Physical activity and risk of breast cancer, colon cancer, diabetes, ischemic heart disease, and ischemic stroke events: systematic review and dose-response meta-analysis for the Global Burden of Disease Study 2013. In: BMJ, 2016, 354: i3857
Lee, I-M. et al.: Association of Step Volume and Intensity With All-Cause Mortality in Older Women. In: JAMA Intern Med, 2019, 179: 1105-1112
Paluch, A. E. et al.: Daily steps and all-cause mortality: a meta-analysis of 15 international cohorts. In: Lancet Public Health, 2022, 7: e219-e228
Rütten, A. et al. (Hrsg.): Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. FAU Erlangen-Nürnberg, 2016
Scholl, J. et al. (2022): Diabetes zurück auf Null. 1. Auflage. TRIAS, ISBN: 978-3-432-11018-9
World Health Organization (2010): Global recommendations on physical activity for health. ISBN: 978-92-4-159-997-9
Stand: 18.09.2023