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Glukosemessung: Indikation, Optionen und Zielwerte

Wissenschaftliche Unterstützung: Dr. Johanna Pfeil, Dr. Eric Martin

Die Erkrankung Diabetes mellitus geht mit einem dauerhaft erhöhten Blutglukosespiegel einher. Je nach Diabetes-Typ und Behandlung ist es erforderlich, die Glukosewerte regelmäßig zu kontrollieren. Dies können Patientinnen und Patienten sowohl selbst durch eine Blutglukosemessung als auch durch eine kontinuierliche Glukosemessung in der interstitiellen Gewebsflüssigkeit mittels Sensor durchführen. Zusätzlich wird zur Beurteilung der langfristigen Glukoseeinstellung in regelmäßigen Abständen der Blutglukose-Langzeitwert (HbA1c) durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt im Labor bestimmt.

Zur groben Orientierung stehen den Patientinnen und Patienten je nach Diabetes-Typ und Gesundheitszustand unterschiedliche Zielbereiche für die Glukosewerte zur Verfügung.

Indikation für eine Glukosemessung

Es gibt verschiedene Indikationen, wann eine Glukosemessung, also eine Bestimmung des aktuellen Glukosewertes, sinnvoll sein kann: 

  • Zur Insulindosisfindung bei der intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) oder funktionellen Insulintherapie (FIT): Regelmäßig (mehrmals täglich) zur Ermittlung der Insulindosis auf Basis der geschätzten Kohlenhydratmenge der Mahlzeit und des gemessenen Ausgangs-Blutglukosewerts.
    Im Gegensatz dazu wird bei der supplementären Insulintherapie (SIT) die Insulindosis meist nur auf Basis des Ausgangs-Blutglukosewerts festgelegt.
  • Zu Schulungszwecken: Wenige Wochen (bis Monate) nach Diagnosestellung sollten Menschen mit Typ-2-Diabetes erlernen, wie der Körper, beziehungsweise der Blutglukosespiegel, auf körperliche Aktivität und Nahrungszufuhr reagiert.
  • Bei Verdacht auf Akutkomplikationen wie Hypoglykämie oder Hyperglykämie: Dauerhaft indiziert.
  • Zur Absicherung / Objektivierung der Effekte einer Therapieanpassung (Dosisreduktion / -steigerung, Absetzen / Ansetzen von Antidiabetika): Indiziert für bis zu 1 Woche nach Umstellung.

Generell gelten als Faustregeln:

  • Eine Messung ist nur dann sinnvoll, wenn aus den erhobenen Werten therapeutische Konsequenzen abgeleitet werden (keine sture Routine).
  • Besser gelegentlich ein 4-Punkte-Tagesprofil anlegen als täglich zur selben Zeit messen.

Verschiedene Optionen zur Glukosemessung

Derzeit sind verschiedene Optionen zur Glukosemessung auf dem Markt verfügbar. Für wen welches System am besten geeignet ist, entscheidet die Ärztin oder der Arzt zusammen mit der Patientin beziehungsweise dem Patienten. Die Auswahl hängt dabei von der vorliegenden Grunderkrankung, dem Alter, den Komorbiditäten, der Therapieart und den Therapiezielen ab. Eine Übersicht über die Unterteilung der verschiedenen Optionen zur Glukosemessung ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

 

Selbstmessung der kapillären Blutglukosekonzentration

Seit vielen Jahren besteht für die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, ihren Glukosewert mit Blutglukosemessgeräten selbst zu bestimmen. Dabei wird der Glukosegehalt im Kapillarblut (Vollblut) durch eine enzymatische Reaktion (entweder Glukoseoxidase oder Glukosedehydrogenase) gemessen. Erwachsene Personen mit Typ-1-Diabetes messen im Durchschnitt etwa 4- bis 7-mal täglich ihre Blutglukosekonzentration. Allerdings lassen die Messwerte dieser Messmethode nur Aussagen über die Blutglukosekonzentration zum jeweiligen Zeitpunkt der Messung zu. Zudem liefern sie keine Information über die aktuelle Entwicklung des Glukosewerts ((rasch oder langsam) steigend beziehungsweise fallend). Es ist unklar, ob der gemessene Wert bereits dem tatsächlichen Maximum beziehungsweise Minimum entspricht. Im schlimmsten Fall ist der Blutglukosewert zwar aktuell erhöht, jedoch bereits rasch sinkend. Eine Abgabe von Korrekturinsulin (aufgrund des erhöhten Glukosewerts) kann in der Folge zu einer Hypoglykämie führen. Zudem können Hypoglykämien sowie auch Hyperglykämien bei dieser Messmethode zum Teil unbemerkt bleiben.

Achtung: Unter Einnahme von Hypnotika können Symptome einer (leichten) Hypoglykämie verschlafen werden. Unter Einnahme von Betablockern äußert sich eine Hypoglykämie nicht durch Tachykardie und Tremor, sondern durch Hyperhidrosis.

Blutglukosemessgeräte sind heute werksseitig plasmakalibriert. Somit entsprechen die gemessenen Werte im Kapillarblut den von der Ärztin oder dem Arzt gemessenen Serum- / Plasmawerten. 

Gut zu wis­sen:

Der korrekte, ärztlich genutzte Referenzwert, auf den sich auch die Zielwerte / -korridore der Leitlinien beziehen, ist die Plasmaglukose. In der Umgangssprache wird zumeist von Blutzuckerwerten gesprochen.

Kontinuierliches Glukosemonitoring in der interstitiellen Gewebeflüssigkeit

Seit mittlerweile etwa 15 Jahren steht eine neue Option zum Glukosemonitoring zur Verfügung, bei der kontinuierlich, also in einem Abstand von wenigen Minuten, der Glukosewert in der interstitiellen Gewebsflüssigkeit bestimmt wird. Dabei ist zu beachten, dass die Glukosemessung im subkutanen Fettgewebe – ebenso wie die Insulininjektion – in einem unphysiologischen Kompartiment erfolgt. Dies führt zu zeitlichen Abweichungen zwischen der Blutglukose und dem Wert der kontinuierlichen Glukosemessung. Diese Unterschiede zwischen dem Glukosewert im subkutanen Fettgewebe und im Kapillarblut sind meist werksseitig bereits kalibriert. 

Durch die Messungen in regelmäßigen Zeitabständen ist es möglich, den Verlauf der Glukoseentwicklung zu visualisieren und die Glukosedynamik bei der Insulininjektion oder der Kohlenhydratzufuhr zu berücksichtigen. Häufig wird von diesen Systemen ein Alarm abgegeben, wenn es zu Hypo- oder Hyperglykämien kommt, beziehungsweise wenn die Glukoseentwicklung in Richtung einer Hypo- oder Hyperglykämie geht.

Besonders bei Kindern, die häufig Probleme haben, Symptome einer Hypoglykämie zu erkennen und deshalb zum Teil mehr als 20-mal täglich (auch während der Nacht) mit einer Selbstmessung oder durch die Eltern die Blutglukosekonzentration bestimmen müssen, kann ein kontinuierliches Glukosemonitoring eine Entlastung darstellen.

Eine weitere Entwicklung, die mit dem kontinuierlichen Glukosemonitoring einhergeht, sind Insulinpumpen, die automatisiert Insulin – angepasst an die aktuellen Glukosewerte – abgeben, beziehungsweise die Abgabe von Insulin reduzieren.

Bei Insulinpumpen wird unterschieden zwischen Open-Loop- und Closed-Loop-Systemen.

Aktuell werden vorherrschend noch die Open-Loop-Systeme eingesetzt, bei denen die Insulinabgabe manuell an die mittels Kapillarblutmessung oder kontinuierliche subkutane Glukosemessung ermittelten Glukosewerte angepasst wird.

Bei den Closed-Loop-Systemen steuert die kontinuierliche Glukosemessung direkt die Insulinpumpe. Eine Anpassung der Infusionsrate an die aktuellen Glukosewerte erfolgt automatisch.

Beim kontinuierlichen Glukosemonitoring unterscheidet man 2 verschiedene Systeme: Die sogenannten Echtzeit („real-time“, kurz rt) Systeme und die intermittent-scanning (kurz isc) Systeme. Bei den real-time Systemen wird der aktuelle Messwert zusammen mit der Glukoseentwicklung kontinuierlich auf einem Messgerät oder über eine App auf dem Smartphone angezeigt.

Im Gegensatz dazu muss bei den intermittent-scanning Systemen ein Lesegerät an den Sensor gehalten werden, der die aktuellen Glukosewerte und die Werte der letzten 8 Stunden ausliest. Erfolgt dies nicht, können die Messwerte später nicht mehr ausgelesen werden und sind somit verloren. Dies kann zum Beispiel in der Nacht ein Problem darstellen, wodurch zum Teil kein kontinuierliches Glukoseprofil erhalten wird.

Praxistipps für Ihre Patientinnen und Patienten:

Die Sensoren zum kontinuierlichen Glukosemonitoring verbleiben mehrere Tage (aktuell bis zu 14 Tage) auf der Haut. Je nach Gerät und Alter der Patientin / des Patienten sind verschiedene Stellen am Körper für die Anbringung des Sensors zugelassen: Abdomen, oberes Gesäß und/oder Rückseite des Oberarms. Detaillierte Informationen finden Sie im Handbuch des jeweiligen Gerätes.
Da die Haut durch die lange Tragedauer gereizt sein kann, sollte der Hinweis auf das Wechseln der Stelle, an der der Sensor getragen wird, sowie eine Empfehlung von geeigneten Hautpflegeprodukten bei diesen Patientinnen und Patienten zum Standard werden.

Ein weiteres Thema, das angesprochen werden sollte, ist die Möglichkeit der Entwicklung einer Allergie gegenüber dem enthaltenen Kleber. Eine Hautvorbehandlung mit einer Schutzcreme kann die Verträglichkeit verbessern, es kommt zu weniger Reizungen. Allerdings geht diese Vorbehandlung damit einher, dass die Klebefähigkeit nachlassen kann. Je nach Produkt kann mithilfe von zusätzlichen Klebestreifen gegen Ende der Tragedauer die Klebefähigkeit erhöht werden. Bei anderen Produkten gibt es spezielle Tragegurte, die den Sensor zusätzlich auf der Haut fixieren.

Laut dem Gesundheitsbericht 2021 der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) verwendet in Deutschland etwa jede 10. Person mit Typ-2-Diabetes ein isc-Gerät. Der Anteil unter den Personen mit Typ-1-Diabetes mit kontinuierlicher Glukosemessung liegt bei etwa 2 Drittel. Bei GKV-Patientinnen und -Patienten sind die verschiedenen Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung generell genehmigungspflichtig.

Langzeit-Blutglukosemessung

Für die Beurteilung der langfristigen Glukoseeinstellung wird der Blutglukose-Langzeitwert (HbA1c) herangezogen. Dieser beschreibt die durchschnittliche Blutglukosekonzentration während der vorangegangenen 2 bis 3 Monate. Basierend auf der meist vierteljährlichen Messung des HbA1c-Wertes durch die betreuende Ärztin oder den betreuenden Arzt wird die Qualität der Blutglukoseeinstellung überprüft und gegebenenfalls die Therapie entsprechend angepasst.

Definition: Der HbA1c gibt den prozentualen Anteil des dauerhaft (durch kovalente, irreversible Bindung) glykosylierten Hämoglobins (Hb) wieder. Der HbA1c-Wert wird weiterhin häufig in Prozentwerten (%) angegeben. Der international geltende Standard ist die Angabe in mmol/mol Hb.

Umrechnungsformel: HbA1c (mmol/mol) = (% HbA1c – 2,15) x 10,929

Da diese Bindung irreversibel ist und die Lebensdauer von Erythrozyten etwa 120 Tage beträgt, bietet dieser Wert einen guten Parameter, um die Blutglukoseeinstellung während der letzten Monate zu beurteilen. Bei stoffwechselgesunden Personen sind etwa 5 Prozent des Hämoglobins glykosyliert. Man spricht von einem HbA1c-Wert von 5 Prozent, umgerechnet entspricht dies etwa 30 mmol/mol Hämoglobin.
Bei der Beurteilung des HbA1c-Werts muss beachtet werden, dass verschiedene Erkrankungen und andere Parameter Einfluss auf den HbA1c-Wert haben können, weshalb im Falle von zusätzlichen regelmäßigen Selbstmessungen des Blutglukosewerts, oder bei Einsatz eines kontinuierlichen Glukosemonitorings, diese Werte ebenfalls in die Beurteilung der Blutglukoseeinstellung mit einbezogen werden sollten.

Falsch niedrige HbA1c-Werte: Bei hämolytischer Anämie, Blutungen, Sichelzellanämie, chronischer Niereninsuffizienz und/oder bei hoch dosierten Gaben von Vitamin C und E

Falsch hohe HbA1c-Werte: Bei beschleunigtem Erythrozytenabbau / verminderter Erythrozytenzahl (Eisenmangel-Anämie, Splenektomie, Polyzythämie)

Veränderte Werte: Bei Lebererkrankungen und/oder Transfusionen

Die Bestimmung des HbA1c-Werts kann entweder in einer kapillären Blutprobe (Vollblut) erfolgen, oder es wird dafür venöses Blut abgenommen und die Messung erfolgt im EDTA-Plasma. Je nach Gerät kann es jedoch zu erheblichen Abweichungen bei den Messwerten kommen, weshalb zur Beurteilung der Werte immer der gerätespezifische Normbereich herangezogen werden muss.

Glukosezielwerte

Generell gilt für die Glukosezielwerte sowohl bei Menschen mit Typ-1- sowie auch Typ-2-Diabetes, dass die Zielwerte individuell für die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten zwischen Ärztin / Arzt und Patientin / Patient festgelegt werden sollen. Ziel ist es, auf diese Weise auf der einen Seite Akutkomplikationen (Hypo- oder Hyperglykämien) und auf der anderen Seite das Risiko für Langzeitschäden (unter anderem Retinopathie, Nephropathie, Neuropathie) zu reduzieren sowie gleichzeitig eine möglichst geringe Einschränkung auf den Lebensstil (zum Beispiel Ernährungsumstellung, Spritz-Ess-Abstand) zu erreichen.

Bei der Festlegung der individuellen Zielwerte werden verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel Alter und Komorbiditäten, Abwägung von Nutzen und Risiken (Hypoglykämien versus Langzeitfolgeerkrankungen) sowie die Art der Therapie einbezogen.

Diabetes Typ 1

Nüchternblutglukose / Glukosewerte 1 bis 2 Stunden nach dem Essen:

Für Menschen mit Typ-1-Diabetes sind in der aktuellen S3-Leitlinie zur Therapie des Typ-1-Diabetes (2018) keine Zielwerte für die Nüchternblutglukose beziehungsweise die Glukosewerte 1 bis 2 Stunden nach dem Essen vorgegeben.

HbA1c-Werte:

  • Ein Wert von 7,5 Prozent oder niedriger (58 mmol/mol) gilt bei Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes als Zielwert, solange die Erreichung dieses Wertes nicht mit schweren Hypoglykämien einhergeht
  • Ein Wert von 6,5 Prozent oder niedriger (48 mmol/mol) wird angestrebt, wenn ein geringes Risiko für Hypoglykämien besteht
  • Wenn gehäuft schwere Hypoglykämien aufgetreten sind, extensive Komorbiditäten oder fortgeschrittene makrovaskuläre Komplikationen vorliegen, sollte ein weniger strenger HbA1c-Wert unter 8,5 Prozent (69 mmol/mol) angestrebt werden

Diabetes Typ 2

Für Menschen mit Typ-2-Diabetes werden die Zielwerte für den HbA1c-Wert in der Nationalen Versorgungsleitlinie „Typ-2-Diabetes“ (2021) vorgegeben. Da es sich bei der aktuellen Version um eine Teilpublikation der Nationalen Versorgungsleitlinie handelt, stammen die nachfolgend aufgeführten Werte für den Nüchternblutglukosewert sowie die postprandialen Werte aus der Vorgängerversion aus dem Jahr 2014.

Nüchternblutglukosewert:

100 bis 125 mg/dl (5,6 bis 6,9 mmol/l)

Blutglukosewert 1 bis 2 Stunden nach dem Essen:

140 bis 199 mg/dl (7,8 bis 11 mmol/l)

HbA1c-Werte:

  • Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes wird meist ein HbA1c-Wert von 6,5 bis 8,5 Prozent (48 bis 69 mmol/mol) angestrebt. Der genaue Zielwert hängt von vielen Parametern ab und wird individuell für jede Patientin beziehungsweise jeden Patienten gemeinsam mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt definiert. Eine grobe Orientierung liefert die nachfolgende Abbildung.
     
  • Für multimorbide Patientinnen und Patienten kann auch ein Zielwert von 8,5 Prozent oder niedriger (69 mmol/mol) angestrebt werden
  • Ein HbA1c von unter 6,5 Prozent (48 mmol/mol) soll nur dann angestrebt werden, wenn
    • der Wert allein mit Lebensstilmaßnahmen (Basistherapie) erreicht wird
    • schwere Hypoglykämien vermieden werden
    • ausschließlich Antidiabetika mit einem niedrigen Hypoglykämie-Risiko eingesetzt werden
    • wenig untersuchte Kombinationen von mehr als 2 oralen Antidiabetika (OAD) und/oder GLP-1-Rezeptoragonisten vermieden werden
    • keine substantielle Gewichtszunahme mit der Therapie einhergeht

Gestationsdiabetes

Nüchternblutglukosewert:

65 bis 95 mg/dl (3,6 bis 5,3 mmol/l)

Blutglukosewert 1 Stunde nach dem Essen:

140 mg/dl oder niedriger (7,8 mmol/l)

Blutglukosewert 2 Stunden nach dem Essen:

120 mg/dl oder niedriger (6,7 mmol/l)

HbA1c-Werte:

Für die Verlaufskontrolle eines Gestationsdiabetes ist der HbA1c-Wert im Hinblick auf das Messintervall von 3 Monaten nicht geeignet. Gleichwohl wird der HbA1c routinemäßig mitbestimmt, um bei Diagnose eines Gestationsdiabetes auszuschließen, dass kein vor der Schwangerschaft bestehender, noch nicht diagnostizierter Diabetes vorliegt.

Messgeräte zur Selbstmessung der kapillären Blutglukosekonzentration

Auf dem deutschen Markt befindet sich eine große Anzahl an verschiedenen Blutglukosemessgeräten zur Selbstmessung der kapillären Blutglukosekonzentration, die alle unterschiedliche Vor- und Nachteile aufweisen. Eine Bewertung der Systeme soll in diesem Zusammenhang nicht erfolgen. Für jede Patientin / jeden Patienten und jede Grundvoraussetzung (zum Beispiel Sehprobleme, Tremor) muss gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten das ideale Gerät gefunden werden. Die patientenindividuelle Eignung muss jeweils vor Ort im Rahmen eines Monitorings überprüft werden. Zum Teil ergeben sich auf diese Weise abweichende, nicht unmittelbar erwartbare Priorisierungen oder Vorlieben.

Auswahl des geeigneten Blutglukosemessgeräts

  • Patientinnen und Patienten mit zum Teil massiven Visusbeeinträchtigungen bis hin zur Erblindung (zum Beispiel diabetische Retinopathie, diabetische Makulopathie, oder auch altersbedingte Erkrankungen wie die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) und das Glaukom) benötigen zum Teil eine extra große Anzeige der Werte auf dem Display des Blutglukosemessgeräts, um diese ablesen zu können. Zusätzlich kann ein beleuchtetes Display helfen. Es gibt auch Blutglukosemessgeräte mit Sprachausgabe, die hier zum Einsatz kommen können.
  • Patientinnen und Patienten mit manuellen Einschränkungen (zum Beispiel starker Tremor infolge einer Parkinson-Erkrankung) haben häufig Probleme, die kleinen Teststreifen aus der Teststreifenkassette zu entnehmen und in das Testgerät einzuführen. Hier kann es helfen, die Ellbogen auf einem Tisch abzulegen und die Handballen aneinander zu legen. In der einen Hand das Testgerät halten, in der anderen Hand den Teststreifen lässt sich dieser so oft recht gut trotz Tremor in das Gerät einführen. Um Probleme zu identifizieren, hilft es, die Patientinnen und Patienten gezielt anzusprechen und gemeinsam eine Testmessung durchzuführen. Außerdem kann auf Geräte zurückgegriffen werden, bei denen die Teststreifen nicht lose in der Dose liegen.
  • Bei den mehrheitlich älteren Personen mit Typ-2-Diabetes sind grundsätzlich einfach zu bedienende Geräte empfehlenswert. Ein Großteil der Zusatzfunktionen wird meist nicht genutzt. Die Patientinnen und Patienten sind eher oft schon überfordert, wenn sie Datum und Uhrzeit einstellen sollen und die Speicherfunktion nutzen wollen.

Monitoring-Aufgaben durch die Apotheke:

Jedes Blutglukosemessgerät hat gewisse Eigenheiten. Eine Erklärung des Geräts sowie eine gemeinsame Blutglukosemessung mit dem jeweiligen Gerät ist deshalb zentraler Bestandteil der Erstinstruktion (Schulung). Bei der Erklärung der Eigenheiten des Geräts sollte darauf geachtet werden, die Patientin oder den Patienten nicht zu überfordern. Ein Großteil der Eigenschaften wird besonders von älteren Patientinnen und Patienten häufig nicht genutzt.

Bei einem Gerätemonitoring sollte eine technische Prüfung des Messsystems erfolgen (Gerät sowie Stechhilfe funktionstüchtig?). Es soll geprüft werden, ob die geeigneten Blutglukoseteststreifen verwendet werden und wie der Zustand der Teststreifen (-verpackung) ist. Beim Überprüfen des Geräts können auch die Einstellungen gecheckt werden und ein Blick in den Messwertspeicher kann zeigen, wie häufig das Gerät verwendet wird und wie die Messwerte sind.

Quellen:

Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2 Diabetes. Teilpublikation der Langfassung. 2. Auflage. Version 1. 2021
Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes. Langfassung; 1. Auflage. Version 4. 2014 (Gültigkeit abgelaufen)
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2021. Kirchheim Verlag, Mainz, 2021
Deutsche Diabetes Gesellschaft et al.: S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Patientinnenempfehlung. 2. Auflage. 2018
Deutsche Diabetes Gesellschaft: S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. 2018
Heinemann, L. et al.: Glucose Measurement and Control in Patients with Type 1 or Type 2 Diabetes. In: Exp Clin Endocrinol Diabetes, 2019, 127: S8-S26
Stand: 14.02.2022