Daten aus 2 großen deutschen, prospektiven Kohortenstudien
Vorherige Analysen haben gezeigt, dass die Erkrankung Diabetes mellitus deutlich komplexer ist, als die herkömmliche Einteilung in Typ-1- und Typ-2-Diabetes vermuten lässt. Forschende des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) konnten nun die Vielfalt des Typ-2-Diabetes in Bezug auf die Variabilität der wichtigsten Stoffwechselmerkmale nachweisen. Dazu zählen zum Beispiel:
- Insulinwirkung
- Insulinproduktion
- Verteilung des Fettgewebes
- Vorhandensein von entzündungsfördernden Markern
Dafür analysierten sie die Daten von 927 Personen mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes (Diagnose in den letzten 12 Monaten) aus der Deutschen Diabetes-Studie (engl.: German Diabetes Studie, GDS). Im Rahmen dieser Studie finden alle 5 Jahre Untersuchungen sowie jährliche Telefoninterviews statt. Die Nachbeobachtungszeit dieser noch laufenden Studie betrug bis zu 16 Jahre.
Zusätzlich werteten die Forschenden die Daten von 794 Teilnehmenden der LURIC-Studie (engl.: Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health Study) aus, die innerhalb der letzten 5 Jahre an einem Typ-2-Diabetes erkrankten.
Algorithmus ermöglicht Vorhersage über Krankheitsverlauf
Der Algorithmus wurde von Forschenden in Großbritannien entwickelt. Er basiert neben dem Alter und Geschlecht auf 9 Routineparametern:
- HbA1c-Wert
- Body-Mass-Index (BMI)
- Gesamtcholesterin
- HDL-Cholesterin
- Triglyzeride
- Alanin-Aminotransferase (ALT)
- Serumkreatinin
- Systolischer Blutdruck
- Diastolischer Blutdruck
Anhand der Parameter können mithilfe des Algorithmus Vorhersagen zum Verlauf der Typ-2-Diabetes-Erkrankung innerhalb der ersten 5 Jahre nach der Diagnose getroffen werden. Dies ermöglicht es, frühzeitig Personen zu identifizieren, die zum Beispiel
- zu einer verminderten Insulinproduktion,
- einem ungenügend eingestellten Bluthochdruck (Hypertonie) oder
- Fettstoffwechselstörungen neigen.
Auch kann das Risiko für diabetesbedingte Folgeerkrankungen wie kardiovaskuläre Erkrankungen, diabetische Neuropathie, Diabetisches Fußsyndrom, Depression sowie die Sterblichkeit (Mortalität) statistisch geschätzt werden.
Ein weiterer Schritt hin zur Präzisionsdiabetologie
Die Unterscheidung des Stoffwechselprofils des Typ-2-Diabetes anhand von klinischen Routineparametern und die einfache Darstellung des Algorithmus bilden einen weiteren Baustein in Richtung Präzisionsdiabetologie, so die Forschenden.
Die Studienergebnisse können dazu beitragen neue Ansätze zur Diabetes-Prävention und -Behandlung zu entwickeln. Ziel sei es, Personen mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und diabetesbedingte Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln.
Der Algorithmus ist frei zugänglich und kann über ein Online-Tool in englischer Sprache abgerufen und angewendet werden: https://atn-uod2018.shinyapps.io/Prediction_diabetes_outcome_18082021/.
Quellen:
Deutsches Diabetes-Zentrum: DDZ-Studie mit innovativen Einblicken in die Heterogenität des Typ-2-Diabetes. (Letzter Abruf: 19.02.2024)
Schön, M. et al.: Analysis of type 2 diabetes heterogeneity with a tree-like representation: insights from the prospective German Diabetes Study and the LURIC cohort. In: Lancet Diabetes Endocrinol, 2024, 12: 119-131