Diabetes: 7 Tipps zur Vorbeugung von Notfällen
Wissenschaftliche Unterstützung: Andreas Vosseler M.A.
Menschen mit Diabetes vergleichen ihre Erkrankung öfter mit einem „24/7-Job“. Denn der Blutzucker muss ständig – nachts- wie auch tagsüber – im Blick behalten werden. Besonders ärgerlich ist es, wenn die Diabetes-Medikamente nicht wirken oder die technischen Hilfsmittel nicht richtig funktionieren. Wirkt zum Beispiel das Insulin nicht, kann der Blutzucker schnell entgleisen. Wenn man dann kein Ersatz-Insulin dabeihat, kann sich bald eine Notfallsituation entwickeln. Hier erfahren Sie, wie Diabetes-Notfällen im Alltag vorgebeugt werden kann.

Die Tipps im Überblick
Tipp 1: Das Umfeld informieren
Eine Diabetes-Erkrankung verlangt viel Aufmerksamkeit – auch dann, wenn man mal keine Lust hat, sich um den Diabetes zu kümmern. Auf einer Geburtstagsfeier auf das Stück Kuchen verzichten, weil der Blutzuckerwert zu hoch ist, einen Schluck Saft trinken, weil der Blutzucker während des Sports abfällt oder noch einmal umkehren, wenn der Insulinpen zuhause vergessen wurde. Das sind Situationen, die Personen mit Diabetes ständig begleiten.
- Informieren Sie Ihr Umfeld über die Diabetes-Erkrankung. So sorgen Sie für Verständnis für Ihre Situation.
- Erwähnen Sie die Möglichkeit einer Unter- oder Überzuckerung, bei der Sie im schlimmsten Fall auf Hilfe angewiesen sind.
- Sofern Sie bei der Arbeit oder in der Schule eine Glukagon-Spritze oder ein Glukagon-Nasenspray aufbewahren, informieren Sie Ihr Umfeld!
- Zeigen Sie Ihrem Umfeld dieses Video, indem erklärt wird, wie eine Unter- und Überzuckerung erkannt und wie im Notfall geholfen werden kann.
- Drucken Sie diese Notfall-Schemas aus und legen Sie sie in der Schule oder am Arbeitsplatz an einer zugänglichen Stelle ab.
Tipp 2: Diabetes-Notfallausweis dabeihaben
Ein Notfallausweis informiert zu Hilfe kommende Personen über die Diabetes-Erkrankung und eingenommene Medikamente.
Das Diabetesnetz Deutschland bietet den Diabetes-Notfallausweis in 7 verschiedenen Designs an. Von schlicht bis bunt gemustert ist für alle etwas dabei: für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Die Diabetes-Notfallausweise können auf diabetesnetz.info kostenlos bestellt oder direkt als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
Tipp 3: Immer ein „Notfall-Päckchen“ mitnehmen
Während andere daran denken müssen, den Haustürschlüssel mitzunehmen, steht für Menschen mit Diabetes noch einiges mehr auf der „Packliste“ für den Alltag. An einem gewöhnlichen Schul- oder Arbeitstag kann bezüglich der Diabetes-Erkrankung doch so einiges schiefgehen: Die Insulinampulle ist leer, das Blutzuckermessgerät wurde vergessen, der Katheter ist beschädigt. Um für solche Situationen gewappnet zu sein, bietet sich ein „Notfall-Päckchen“ an. Immer fertig gepackt, kann es in die Schule, zum Sport oder auf den Tagesausflug mitgenommen werden.
Folgendes bietet sich für das „Notfall-Päckchen“ an:
- Traubenzucker oder andere Hypo-Helfer
- Insulinpen und Pen-Kanülen
- Blutzuckermessgerät mit Zubehör
- Glukagon-Notfallset (Nasenspray oder Spritze)
- Je nach Therapie: Insulinampulle, Batterie, Katheter, Schlauch, Medikamente
- Telefonnummern von Angehörigen, der Diabetes-Praxis und des Insulinpumpen-Herstellers (diese verfügen über Notfall-Hotlines, sodass die Insulinpumpe bei einem Defekt schnell ausgetauscht werden kann)
- Aktueller Basalraten-Plan / Insulindosisplan, Medikamenten-Plan, Diabetes-Notfallausweis
Tipp 4: Rechtzeitig Hilfe suchen, wenn es eng wird
Wenn das Insulin nicht wirkt, der Katheter beschädigt ist oder der Insulinpen vergessen wurde und sich eine starke Überzuckerung anbahnt, ist schnelles Handeln gefragt. Wenn möglich sollten Sie sich direkt auf den Heimweg machen, sobald Sie das Problem bemerken. Sollte auch dafür nicht genug Zeit sein, zögern Sie nicht, sich Hilfe zu suchen. Rufen Sie bei Unsicherheit die Notruf-Hotline 112 oder 116 117 an. Zögern Sie auch bei einer drohenden Unterzuckerung nicht, Fremde nach etwas Zuckerhaltigem zu Essen oder zu Trinken zu fragen, wenn Sie keine Notfall-Kohlenhydrate zur Hand haben.
Tipp 5: Ursachen für Unter- und Überzuckerungen erkennen
Steigt oder sinkt der Blutzucker häufig in ähnlichen Situationen? Beispielsweise nach bestimmten Mahlzeiten oder immer nach dem Laufen? Es hilft, für sich zu erkennen, in welchen Momenten das der Fall ist. So lässt sich rechtzeitig gegensteuern.
Bei manchen Therapieformen ist es notwendig, den Kohlenhydratgehalt der Nahrungsmittel möglichst genau abzuschätzen und Nahrungsmittel abzuwiegen. Mit der Zeit der Diabetes-Erkrankung werden Lebensmittel häufig nicht mehr abgewogen. Vielmehr schätzen insulinspritzende Personen den Kohlenhydratgehalt einer Mahlzeit. Bei häufigen Über- oder Unterzuckerungen kann es sinnvoll sein, die Lebensmittel wieder für eine gewisse Zeit abzuwiegen. So wird das Gefühl für Kohlenhydratmengen gestärkt.
Tipp 6: Therapie anpassen und Technik einsetzen
Sprechen Sie Ihr Diabetes-Team auf andere Therapieoptionen an. Nicht bei jeder Person wirken Medikamente gleich. Andere blutzuckersenkende Tabletten oder ein anderes Insulin könnten die Blutzuckerwerte stabiler halten.
Hybrid-Closed-Loop-Systeme sowie Geräte zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) und Insulinpumpen können helfen, hohe und niedrige Blutzuckerwerte rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Sprechen Sie Ihr Diabetes-Team auf Ihre Möglichkeiten an.
Tipp 7: Bei Bedarf Hypo-Wahrnehmungstraining besuchen
Vor allem bei langjähriger Diabetes-Dauer und häufigen Unterzuckerungen nimmt die Wahrnehmung für Unterzuckerungsanzeichen ab und die typischen Symptome treten zunehmend verspätet auf. Dann kann ein Hypo-Wahrnehmungstraining helfen, die Signale des Körpers bei Unterzuckerungen wieder besser wahrzunehmen. Die Kurse finden in Kliniken oder Diabetes-Zentren statt. Sprechen Sie Ihre Diabetes-Praxis auf Kurse in Ihrer Nähe an.
Weitere Informationen zur Unter- und Überzuckerung bei Diabetes
Quellen:
Asmat, K. et al.: The effectiveness of patient-centered care vs. usual care in type 2 diabetes self-management: A systematic review and meta-analysis. In: Front Public Health, 2022, 10: 994766
Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes. Langfassung. 1. Auflage. Version 4. 2014 (Gültigkeit abgelaufen, in Überarbeitung)
Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes. Teilpublikation der Langfassung. 2. Auflage. Version 1. 2021
Hollenrieder, V.: Notfälle - was müssen Angehörige von Diabetespatienten wissen? In: Info Diabetol, 2020, 14: 26-28
Valdersdorf Jensen, M. et al.: The impact of hypoglycaemia on the quality of life of family members of adults with type 1 or type 2 diabetes: A qualitative systematic review. In: Diabet Met, 2021, 38: e14666
Stand: 31.03.2023