Diabetes in Deutschland - Zahlen und Fakten
Wissenschaftliche Unterstützung: Prof. Dr. Wolfgang Rathmann, Prof. Dr. Dr. Andrea Icks
Diabetes geht viele an. So erhalten in Deutschland jedes Jahr rund 560.000 Menschen neu die Diagnose Diabetes. Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer mittelgroßen Stadt wie Dortmund oder Hannover. Diese Zahl basiert auf den Versorgungsdaten der gesetzlich Krankenversicherten im Jahr 2012.
Wird die Diagnose Diabetes gestellt, geht es bei rund 95 Prozent der Erkrankten um Typ-2-Diabetes. Die Diagnose Typ-1-Diabetes ist wesentlich seltener und spielt nur bei rund 5 Prozent aller Menschen mit Diabetes eine Rolle.

Etwa 7 Millionen Menschen in Deutschland sind demnach insgesamt an Diabetes erkrankt. Dies ergab eine Auswertung von Daten der bundesweiten Befragungs- und Untersuchungssurveys des Robert Koch-Instituts. Laut Schätzungen leben davon etwa 1,3 Millionen Menschen mit unerkanntem Diabetes.
Seit Ende der 1990er-Jahre ist die Zahl der Menschen mit einer bekannten Diabetes-Erkrankung in Deutschland angestiegen (1998: 5,0 Prozent; 2010: 7,2 Prozent). Hingegen ist die Zahl der Menschen mit einem unbekannten Diabetes im selben Zeitraum gesunken (1998: 3,4 Prozent; 2010: 2,0 Prozent). Daraus ergibt sich eine Gesamtprävalenz von 9,2 Prozent, die keine signifikante Veränderung seit 1998 aufweist.
Anhand der Grafik wird ersichtbar, dass sowohl bei Frauen als auch bei Männern die dokumentierte Diabetesprävalenz bis zum Alter von 80 bis 84 Jahren stetig anstiegt und danach wieder absinkt.
Je nach Studientyp und Datenquelle werden unterschiedliche Schätzungen zur aktuellen Häufigkeit von Typ-2-Diabetes in Deutschland genannt, die zwischen 7 bis 8 Prozent liegen.
Rund 373.000 Menschen in Deutschland leben mit Typ-1-Diabetes, 32.000 davon sind Kinder und Jugendliche. Die Rate der Typ-1-Diabetes-Neuerkrankungen steigt derzeit jährlich um 3,5 Prozent an. Die Gründe dafür sind noch unbekannt.
Typ-2-Diabetes im Kindes- und Jugendalter ist selten.
175 Menschen unter 18 Jahren erkranken derzeit bundesweit jedes Jahr neu an Typ-2-Diabetes.
Auch weltweit erkranken immer mehr Menschen an Diabetes. Laut dem Diabetes-Atlas der Internationalen Diabetes-Föderation aus dem Jahr 2019 leben weltweit 463 Millionen Menschen mit Diabetes (ohne Unterscheidung zwischen den Diabetes-Typen). Bis 2045 wird diese Zahl Schätzungen zufolge auf 700 Millionen anwachsen.
Die meisten Menschen mit Diabetes leben in China, Indien und den USA. Deutschland liegt im internationalen Vergleich auf Platz 8.
Aktuelle Analysen weisen auf 2 positive Trends hin: So sinkt die Zahl der Menschen mit unentdecktem Diabetes und es deutet sich zudem ein leichter Rückgang der Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungen (Inzidenz) an. Grund zur Entwarnung ist das nicht. Expertinnen und Experten rechnen damit, dass die Zahl der Menschen mit Diabetes (Prävalenz) langfristig zunehmen wird. Das liegt unter anderem daran, dass wir immer länger leben. Bei Menschen zwischen 80 und 84 Jahren ist das Diabetes-Risiko am höchsten.
Die Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken, ist in Deutschland ungleich verteilt. Während etwa in Sachsen-Anhalt jede und jeder 6. erkrankt ist, lebt in Schleswig-Holstein nur jede und jeder 11. mit der Erkrankung. Generell sind in den neuen Bundesländern und im Saarland mehr Menschen erkrankt als in anderen Bundesländern. Das gilt auch, wenn man die unterschiedlichen Altersstrukturen der Bundesländer berücksichtigt. Grund dafür sind u.a. Unterschiede in der sozialen Struktur der Regionen.
Immer mehr Menschen mit Diabetes erreichen das empfohlene Behandlungsziel, ihren optimalen Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c-Wert). Der HbA1c-Zielwert variiert abhängig vom Alter und vorhandenen Begleiterkrankungen. Inzwischen weisen 8 von 10 Patientinnen und Patienten ihren individuellen Zielwert auf. 1998 gelang das nur knapp der Hälfte (48,8 Prozent). Das liegt möglicherweise an einer verbesserten medizinischen Versorgung, etwa der Einführung des Disease Management Programms (DMP) für Typ-2-Diabetes im Jahr 2003.
Rund drei Viertel der Menschen mit Diabetes (Altersgruppe 45 bis 79 Jahre) nehmen regelmäßig Medikamente gegen Typ-2-Diabetes. Dabei bekommen 33% eine Metformin-Monotherapie, 15% eine Therapie mit anderen oralen Antidiabetika, 12% eine ausschließliche Insulintherapie und 14% eine Kombinationstherapie von Insulin mit oralen Antidiabetika. Die Kombinationstherapie hat in den letzten Jahren zugenommen. 9 Prozent versuchen die Erkrankung ausschließlich per Lebensstiländerung in den Griff zu bekommen.
Rund 17 Prozent der an Typ-2-Diabetes Erkrankten sind nicht in ärztlicher Behandlung.
Trotz der besseren Behandlungserfolge bleibt die Beeinträchtigung durch Diabetes hoch. So verlieren Menschen im mittleren Alter durch die Erkrankung 10 in Gesundheit verbrachte Lebensjahre. Das Sterberisiko verdoppelt sich durch einen Diabetes im Vergleich zu Menschen ohne Diabeteserkrankung. Auch das subjektive Befinden der Menschen mit Diabetes ist im Vergleich zu Stoffwechselgesunden beeinträchtigt. Menschen mit Diabetes fühlen sich vor allem körperlich, aber auch psychisch kränker.
Diabetes und seine Begleit- und Folgeerkrankungen belasten nicht nur die Einzelnen, sondern auch die Gemeinschaft. Die Kosten der Krankheit und ihrer Folgen betrugen laut Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) bereits im Jahr 2009 in Deutschland 21 Milliarden Euro pro Jahr. Die indirekten Kosten wie etwa durch Arbeitsausfälle sind darin nicht eingerechnet.
Vorsorge und eine optimale Behandlung reduzieren nicht nur persönliches Leid, sondern mindern auch die Last für die Gemeinschaft. Verschiedene Faktoren führen zu einem Typ-2-Diabetes. Dazu zählen etwa die genetische Ausstattung, Übergewicht, körperliche Inaktivität, Umweltfaktoren und soziale Benachteiligung. Manche dieser Faktoren lassen sich beeinflussen.
Um das Erkrankungsrisiko zu senken, kann jede und jeder Einzelne Maßnahmen ergreifen, sich beispielsweise gesünder ernähren und mehr bewegen.
Jedoch können auch allgemeine Maßnahmen sinnvoll sein, die auf Änderungen der Lebensverhältnisse einer Gemeinschaft abzielen. So könnten zum Beispiel der Ausbau von Grünflächen oder Radwegen mehr Möglichkeiten für körperliche Aktivität der Bürgerinnen und Bürger bieten.
Ein ungesunder Lebensstil befördert Typ-2-Diabetes. Zu den Risikofaktoren zählen Übergewicht, wenig Bewegung, Rauchen und das Trinken zuckerhaltiger Getränke. Aktuelle Zahlen weisen darauf hin, dass sich der Lebensstil der Menschen in Deutschland leicht zum Positiven verändert. Doch die Beeinträchtigung durch einen ungesunden Lebensstil ist nach wie vor groß. Zudem unterschätzen Menschen mit einem hohen Diabetesrisiko erheblich die Wahrscheinlichkeit, in Zukunft an Diabetes zu erkranken.
Übergewicht abbauen
Zwischen 1998 und 2010 ist die Häufigkeit der Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipositas (Body-Mass-Index (BMI) ab 25 kg/m2) nicht weiter gestiegen. Die Zahl hat sich auf hohem Niveau eingependelt: 6 von 10 Erwachsenen in Deutschland sind übergewichtig.
Nach wie vor steigt jedoch die Zahl der Männer, die von starkem Übergewicht (Adipositas; BMI ab 30 kg/m2) betroffen sind. Insgesamt leidet jeder 4. Erwachsene unter Adipositas.
Tabakkonsum einschränken
Rund ein Viertel aller Erwachsenen in Deutschland gibt an, täglich oder gelegentlich zu rauchen. Im Jahr 2003 lag dieser Anteil noch bei über 30 Prozent. Es rauchen also immer weniger Menschen in Deutschland. Dies ist unter anderem die Folge von höheren Tabaksteuern und von Rauchverboten etwa in Restaurants und am Arbeitsplatz.
Trotzdem liegt die Prävalenz an Raucherinnen und Rauchern in Deutschland deutlich über der von Ländern wie etwa Schweden (7 Prozent) und den USA (14 Prozent).
Körperliche Aktivität fördern
Obwohl immer weniger Menschen in Deutschland inaktiv sind, ist die Bewegungsarmut nach wie vor groß. Über die Hälfte der Erwachsenen kommt nicht auf die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen 2,5 Stunden Bewegung pro Woche.
Durch Lebensstiländerungen – etwa durch Gewichtsverlust und mehr Bewegung – lässt sich Typ-2-Diabetes mitunter rückgängig machen. Wie erfolgsversprechend Programme zur Lebensstiländerung langfristig sind, ist bislang unklar.
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Sozial Benachteiligte leiden häufiger unter Typ-2-Diabetes. Forscherinnen und Forscher nutzen den Bildungsstand als Zeichen für soziale Benachteiligung. So trifft schweres Übergewicht (Adipositas) etwa Menschen mit einer kürzeren Bildungslaufbahn 2-mal häufiger als Menschen mit einer längeren Bildungslaufbahn. Dementsprechend ist in der unteren Bildungsgruppe jede und jeder 7. an Diabetes erkrankt (14 Prozent), aber nur jede und jeder 17. in der mittleren und oberen Bildungsgruppe (6 Prozent). Das Risiko, in den nächsten 5 Jahren an Diabetes zu erkranken, ist zwar insgesamt gesunken, das gilt allerdings nur für Menschen, die einen langen Bildungsweg genossen haben.
Aktuell finden Gesundheitsforschende keine sozialen Unterschiede hinsichtlich der Versorgungsqualität von Menschen mit Diabetes in Deutschland. Menschen mit Diabetes ohne Schulabschluss erreichen demnach ebenso häufig die Therapieziele – etwa in Bezug auf Blutglukosewert, Blutdruck sowie Blutfette – wie Menschen mit Diabetes und Hochschulabschluss.
Diabetes führt besonders durch seine Folgeerkrankungen zu individuellen Belastungen. Dazu zählen laut Bericht des RKI vor allem Erkrankungen der Nieren, der Augen, der Nerven und des Herz-Kreislauf-Systems. Über 15 Prozent aller Personen mit Diabetes leiden unter einer chronischen Nierenschwäche (Niereninsuffizienz). Jede und jeder 7. (13,5 Prozent) muss mit einer Nervenschädigung (diabetische Polyneuropathie) rechnen. Dies kann der Ausgangspunkt für eine schwerwiegende Diabetes-Komplikation, das Diabetische Fußsyndrom und Amputationen, sein. Nervenschädigungen können zu Durchblutungsstörungen der Füße führen und bakterielle Infektionen begünstigen. Schlecht heilende Wunden können langfristig Fuß- oder Beinamputationen nötig werden lassen. Eine Amputation müssen jedoch immer weniger Menschen mit Diabetes fürchten.
Unter einer Begleiterkrankung des Herz-Kreislauf-Systems, wie etwa Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall, leidet über ein Drittel der Menschen mit Diabetes. Damit sind sie mehr als doppelt so gefährdet für Herz-Kreislauf-bedingte (kardiovaskuläre) Erkrankungen wie Menschen ohne Diabetes.
Jede 5. Frau mit Diabetes (19,1 Prozent) und jeder 8. Mann mit Diabetes (12,3 Prozent) berichtet über Depressionen. Im Vergleich zu Erwachsenen ohne Diabetes liegen Depressionen bei Erwachsenen mit Diabetes doppelt so häufig vor, Frauen sind sogar 2,5-mal häufiger betroffen. Besonders gefährdet sind über 80-Jährige mit Diabetes. Ein Viertel von ihnen kämpft mit den Symptomen einer Depression.
Wissen über gesundheitliche Risiken und Prävention gehen Hand in Hand. Daher ist es wichtig, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken. Dass dadurch die Zahl der Diabetes-Neuerkrankungen gesenkt werden könnte, deuten aktuelle positive Entwicklungen etwa in den USA, Kanada und Großbritannien an.
Gut zu wissen:
Frauen und Männer erhalten ungefähr gleich häufig die Diagnose Diabetes. Allerdings ist bei Männern der Anteil des unerkannten Diabetes mehr als doppelt so häufig (2,9 Prozent bei Männern versus 1,2 Prozent bei Frauen).

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Quellen:
Die Daten stammen zum großen Teil aus dem Bericht zur Diabetes-Surveillance in Deutschland 2019, herausgegeben vom Robert Koch-Institut, RKI. Das Robert Koch-Institut greift in seinem Bericht auf die großen Befragungs- und Untersuchungssurveys des RKI zurück sowie auf umfangreiche Sekundärdaten, die unter anderem aus den Abrechnungs- und Versorgungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung resultieren. Die Diabetes-Surveillance wurde vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragt.
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Stand: 09.01.2020