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Coronavirus-Pandemie

Lehren aus der Coronavirus-Pandemie zur Vermeidung diabetischer Ketoazidosen

Im letzten Jahr berichteten Forschende über einen starken Anstieg diabetischer Ketoazidosen bei der Manifestation von Typ-1-Diabetes während des ersten Coronavirus-Lockdowns. In einer weiteren Publikation wurden die Studienergebnisse nun interpretiert. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass neben Aufklärungskampagnen und Screeningprogrammen insbesondere schwer kranke Kinder im Vorschulalter mit unspezifischen Symptomen eine auf Typ-1-Diabetes erweiterte Anamnese erhalten sollten, um Fehldiagnosen zu vermeiden.

 

Bei Ketoazidosen muss schnell gehandelt werden

Die diabetische Ketoazidose ist eine gefährliche akute Entgleisung des Stoffwechsels, die mit einer starken Hyperglykämie einhergeht. Sie tritt auf, wenn im Körper kein oder fast kein Insulin mehr vorhanden ist. Eine Ketoazidose kann in einem diabetischen Koma münden und lebensgefährliche Folgen haben. Häufig tritt eine Ketoazidose bei der Manifestation des Typ-1-Diabetes auf, insbesondere bei verspäteter Vorstellung bei einer Ärztin beziehungsweise einem Arzt oder vorheriger Fehldiagnose. Lesen Sie hier mehr über die Ursachen, Warnzeichen und Behandlung einer diabetischen Ketoazidose.

 

Starker Anstieg diabetischer Ketoazidosen während des ersten Coronavirus-Lockdowns

Während des ersten Coronavirus-Lockdowns im Frühjahr 2020 stellten sich weniger Menschen in Notfallambulanzen und Arztpraxen vor. Daher überprüften Forschende, ob in diesem Zeitraum mehr diabetische Ketoazidosen auftraten. Dazu wurde die Häufigkeit von Ketoazidosen in der Zeit vom 13. März bis zum 13. Mai 2020 bei Personen unter 18 Jahren mit neu gestellter Typ-1-Diabetes-Diagnose untersucht. Die Daten von 532 Patientinnen und Patienten aus 216 Diabetes-Zentren wurden mit den Daten aus den Jahren 2018 und 2019 verglichen.

Die Forschenden fanden heraus: Während des Coronavirus-Lockdowns stieg die Ketoazidoserate von 24 Prozent in den Jahren 2018 und 2019 auf fast 45 Prozent an. Ein Anstieg an Neuerkrankungen wurde in dem Zeitraum nicht verzeichnet. Am stärksten betroffen waren Kinder unter 6 Jahren.

In unserer Nachricht „Häufigeres Auftreten von Ketoazidose bei Kindern und Jugendlichen“ finden Sie eine detaillierte Darstellung der Studie und der Ergebnisse.

 

Wie kann die Häufigkeit der Ketoazidosen zukünftig gesenkt werden?

Die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Publikation erweiterten und interpretierten die Ergebnisse der Studie, um Ursachen für den Anstieg der lebensbedrohlichen Komplikation zu ergründen und nach Ansätzen zu suchen, diese künftig zu reduzieren.

Die Erfolge von öffentlichen Aufklärungskampagnen zu Typ-1-Diabetes und diabetischen Ketoazidosen sind sehr unterschiedlich. Als erfolgreich erweisen sich vor allem Kampagnen mit mehreren integrierten Komponenten. So konnte beispielsweise eine mehrjährige Kampagne in Stuttgart Erfolge zeigen. Das Modell wird daher seit Januar 2021 als „Kampagne zur Früherkennung des Diabetes und zur Vermeidung einer diabetischen Ketoazidose bei Kleinkindern“ durchgeführt. Hierbei werden Eltern durch Kinder- und Jugendärzte bei den Vorsorgeuntersuchungen U6 und U7a über die Symptome der Diabetes-Erkrankung aufgeklärt und erhalten einen Flyer mit verständlichen Informationen. Die Kampagne wird evaluiert und soll in Zukunft weitere Informationen zum Erfolg solcher Aktionen liefern.

In Studien konnte zudem gezeigt werden, dass Kinder aus Familien mit Diabetes-Erfahrung seltener eine Ketoazidose bei Manifestation eines Typ-1-Diabetes aufweisen. Screeningprogramme, die ein erhöhtes genetisches Risiko für die Erkrankung in den ersten Lebenswochen feststellen, könnten ebenso zu einer Reduktion der Ketoazidosen beitragen.

 

Fazit für die Praxis

  • Wichtige Risikofaktoren für diabetische Ketoazidosen sind ein Alter unter 6 Jahren, ein Migrationshintergrund sowie eine verspätete Diabetes-Diagnosestellung.
  • Um Fehldiagnosen zu verhindern, sollte die ärztliche Anamnese bei unspezifischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und gesteigerter Atmung bei Kindern um gezielte Fragen zur Manifestation von Typ-1-Diabetes erweitert werden.
  • Die Häufigkeit von Ketoazidosen könnte durch Aufklärungskampagnen und Screeningprogramme reduziert werden.

 

Eine Übersicht klinischer Studien zur Früherkennung von Typ-1-Diabetes finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Thema Coronavirus und Diabetes finden Sie auf unserer Seite „Coronavirus SARS-CoV-2“.

 

Quelle:
Mönkemöller, K. et al.: Kann die Ketoacidose bei pädiatrischen Patienten mit Manifestation eines Diabetes mellitus Typ 1 vermieden werden? Lehren aus der COVID-19-Pandemie. In: Monatsschr Kinderheilkd, 2021, 8: 1-8